Bundesliga

Körbels Appell: "Wir brauchen Vorbilder"

Prägungen und Werte des Bensemann-Preisträgers

Körbels Appell: "Wir brauchen Vorbilder"

Mit dem Pokal, den er viermal gewann: Walther-Bensemann-Preisträger Karl-Heinz Körbel.

Mit dem Pokal, den er viermal gewann: Walther-Bensemann-Preisträger Karl-Heinz Körbel. IMAGO/Sportfoto Rudel

Als Karl-Heinz Körbel erfuhr, dass er von Jury der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur als Walther-Bensemann-Preisträger 2023 auserkoren worden ist, "bin ich ein bisschen erschrocken", sagt der Bundesliga-Rekordspieler (602 Einsätze). "Wieso ich?", war Körbels erster Gedanke angesichts der Reihe seiner legendären Vorgänger von Bobby Charlton, Bert Trautmann, Alfredo Di Stefano und Günter Netzer bis hin zu Franz Beckenbauer.

Er dagegen sei "kein Weltmeister, kein Europameister, kein Deutscher Meister", betont der 68-jährige, der seine gesamte Profikarriere ausschließlich für Eintracht Frankfurt bestritt. Und: "Ich war nie ein Superstar." Gerade diese Bodenständigkeit und sonstigen Werte, die Körbel abseits von Titeln und Triumphen auf dem Rasen wie daneben zeit Lebens verkörpert, waren für die Jury indes ausschlaggebend.

Charakterlich geprägt von Fritz Walter, Uwe Seeler und Gerd Müller

Im Exklusiv-Interview mit dem kicker (Montagausgabe) lässt der Preisträger noch einmal eindrucksvoll Revue passieren, wie er wurde, was und wer er ist. Und wie er bis heute immer wieder einsteht für das, was ihm von Jugend auf als richtig und wichtig vermittelt worden ist. Charakterlich geprägt haben Körbel neben seinen Eltern auch mehrere ganz Große des deutschen Fußballs: "Uwe Seeler, Fritz Walter oder auch Gerd Müller haben mir in ganz jungen Jahren in persönlichen Gesprächen Werte vermittelt", erinnert er sich. "Das hat mich mein ganzes Leben lang beeinflusst."

Fußball als Form der Völkerverständigung ganz im Sinne des kicker-Gründers Walther Bensemann - auch diese Erfahrung machte Körbel schon als Teenager. "Bei uns in Dossenheim spielte ein Italiener, der Sohn vom Besitzer des Eiscafés. Die Italiener waren damals Außenseiter im Ort, aber wir haben ihn gut aufgenommen. Er war ein super Mittelfeldspieler." Körbel nannte den Mitspieler kurzerhand "Mazzola", in Anlehnung an Sandro Mazzola von Inter Mailand. So erlebte er von Kindesbeinen an "Integration durch Fußball als etwas Selbstverständliches".

"Wir müssen mutiger werden, um unsere Werte zu verteidigen"

Zum unvergessenen Erlebnis wurde für Körbel später auch eine UEFA-Cup-Reise als Eintracht-Profi nach Donezk. "Mein Schwiegervater wollte mit seiner Frau unbedingt mitkommen, um noch einmal den Ort zu sehen, an dem im Krieg seine Kameraden und Freunde umgekommen waren. Er hatte als einziger überlebt, weil er nach einem Kopfschuss nach Hause geflogen wurde."

Karl-Heinz Körbel

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Vater, Schwiegervater und Großvater machten Körbel zu einem ebenfalls politischen Menschen, jenseits von Parteipolitik. Vertrauensverlust in die Politik sieht Körbel als große Gefahr: "Davor hat mein Opa gewarnt, denn so fing es damals (in den 20er und 30er Jahren, Anmerkung der Redaktion) auch an. Stück für Stück veränderte sich die Politik - bis zur Machtübernahme." Körbels klarer Appell: "Wir müssen mutiger werden, um unsere Werte zu verteidigen."

Rudi Völler ist ein Garant für Glaubwürdigkeit. Er handelt nach seiner Überzeugung.

Karl-Heinz Körbel

Vorbilder seien daher immens wichtig, so Körbel, im Sport wie in der Gesellschaft. Das werde ihm als Leiter der Eintracht-Frankfurt-Fußballschule immer wieder hautnah vor Augen geführt: "Man unterschätzt das leicht, aber Kinder gucken genau hin, was du machst. Es wird kritisch hinterfragt, so wie bei Randal Kolo Muani. Die Kinder kamen mit ihren Kolo-Trikots in die Fußballschule und fragten uns: Warum geht der weg? Nur wegen des Geldes? Die Kinder sind dann sehr enttäuscht, dass ihr Idol plötzlich nicht mehr da ist. Daran erkenne ich, wie wichtig unsere Vorbilder sind."

Im Fußball-Business gebe es davon zwar generell weniger als früher, erklärt Körbel, bestimmte Namen fallen ihm aber dennoch ein. Eintracht-Kapitän Sebastian Rode beispielsweise, Freiburgs Trainer Christian Streich - und nicht zuletzt DFB-Sportdirektor Rudi Völler. "Rudi ist ein Garant für Glaubwürdigkeit", lobt Körbel. "Ich finde es cool, dass er Verantwortung übernimmt für den deutschen Fußball in dieser Situation vor der EURO im eigenen Land. Es ist kein Zufall, dass Rudi mit einem einzigen Länderspiel gegen Frankreich einen echten Stimmungswandel eingeleitet hat. Die Leute glauben ihm einfach, auch wenn er wie wir alle mal Fehler macht und übers Ziel hinausschießt. Der Rudi ist der Rudi, das ist entscheidend. Er handelt nach seiner Überzeugung und nicht danach, wie etwas bei bestimmten Interessensgruppen ankommt. Genau solche Leute brauchen wir."

Lesen Sie im kicker-Interview am Montag (ab Sonntagabend auch im eMagazine), was Körbel mit Felix Magath und Uli Hoeneß verbindet, warum er auch ein bisschen für den FC Bayern schwärmt, wie er sich nach einer großen Enttäuschung wieder mit Eintracht Frankfurt versöhnt hat und den Klub später sogar vorm Zwangsabstieg rettete, in welchen vermeintlichen Luxus er sein erstes Profigehalt investierte - und warum er als Spieler der Eintracht-Traditionsmannschaft heute noch mit Schiedsrichtern aneinandergerät.

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