Bundesliga

Koch: "Ich will wie in Leeds eine absolute Führungsrolle einnehmen"

Verteidiger trifft "Bauchentscheidung" für die Eintracht

Koch: "Ich will wie in Leeds eine absolute Führungsrolle einnehmen"

Hat sich für seine Zeit in Frankfurt einiges vorgenommen: Robin Koch.

Hat sich für seine Zeit in Frankfurt einiges vorgenommen: Robin Koch. picture alliance / Eibner-Pressefoto

Die Entscheidung für die Eintracht

Nach dem Abstieg mit Leeds United ermöglichte eine Klausel Koch den Abschied. Frankfurt zahlt eine Leihgebühr in Höhe von lediglich 500.000 Euro, Koch bleibt aber über die Saison hinaus bei der SGE und kostet in einem Jahr keine Ablöse, da sein Vertrag in Leeds lediglich bis 2024 datiert war. "Am Ende war es eine Bauchentscheidung. Ich habe einfach ein super Gefühl, das in den ersten beiden Tagen auch bestätigt wurde", sagt Koch und erläutert: "Die Situation in Leeds war schwierig, auch für mich persönlich. Ich brauchte erst mal etwas Abstand. Dann beschäftigte ich mich mit der Eintracht und anderen Themen."

Neben Leverkusen sollen sogar Newcastle und Manchester United Interesse bekundet haben, wobei unklar ist, wie konkret das war. Bei den englischen Großkalibern wäre Koch allerdings wohl kein Stamm- und Führungsspieler gewesen. "Da hast du ein ganz anderes Standing und am Anfang vielleicht weniger Spielzeit. Du musst dich erst mal herankämpfen", ahnt Koch. Seitens der Eintracht-Verantwortlichen spürte er das große Vertrauen in seine Fähigkeiten. "Wir standen öfter im Austausch und sie haben mir meinen persönlichen Weg aufgezeigt. Ich bekam schon sehr viele Nachrichten von Markus Krösche. Das war für mich ein Zeichen, dass die Eintracht mich unbedingt will", erzählt der Defensivakteur.

Auch bei Torhüter Kevin Trapp erkundigte er sich vorab, zudem zog er seinen Vater, FCK-Meisterspieler Harry Koch, zu Rate. Normalerweise halte sich sein Papa heraus, sagt Koch Junior, diesmal habe er sich aber mit ihm zur Lagebesprechung zusammengesetzt: "Er hatte das gleiche Gefühl: Dass hier alles sehr gut zu mir passt, das ganze Umfeld und die Fans."

Seine Zeit in der Premier League

Vor drei Jahren wechselte Koch für 13 Millionen Euro Ablöse vom SC Freiburg zu Aufsteiger Leeds United. Trotz des nun erfolgten Abstiegs zieht er ein positives Fazit. "Neue Sprache, neue Kultur, heraus aus der Komfortzone - das half mir als Person sehr weiter", resümiert Koch. Der Fußball in der Premier League sei intensiver, es gehe mehr hin und her, "da musste ich mich anpassen". Die drei Jahre hätten ihm sportlich und als Persönlichkeit weitergebracht.

Marcelo Bielsa, Robin Koch

Robin Koch (r.) schwärmt in hohen Tönen von seinem ehemaligen Trainer Marcelo Bielsa (l.). IMAGO/Pro Sports Images

In besonders positiver Erinnerung ist ihm die Zusammenarbeit mit Marcelo Bielsa geblieben; der Argentinier gilt im Weltfußball als außergewöhnlicher Trainer und Taktikfuchs. Pep Guardiola bezeichnete Bielsa einst sogar als "besten Trainer der Welt" und staunte: "Er versteht vom Fußball viel mehr als ich. Meine Mannschaften haben zwar mehr Titel gewonnen als seine, aber in Sachen Fachwissen bin ich ihm klar unterlegen." 

Koch spricht von einem „besonderen Trainer", der viele Dinge anders mache als ein Großteil der anderen Fußballlehrer. "Die eineinhalb Jahre, die ich mit ihm zusammenarbeiten durfte, brachten mich schon sehr weiter", bilanziert der Verteidiger. Bielsa betreibe eine "Gegnervorbereitung bis ins letzte Detail", erzählt Koch, "wie er das Spiel versteht und uns oder auch mir persönlich in Einzelvideobesprechungen den Fußball erklärt hat, war schon sehr besonders".

Pressekonferenz mit Neuzugang Robin Koch, 

GER, Fussball, Eintracht Frankfurt, Pressekonferenz, Spielzeit 2023/2024, 11.07.2023 
Foto: Eibner-Pressefoto/Ulrich Scherbaum

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Doch im Frühjahr 2022, da befand sich Leeds bereits auf Talfahrt, wurde Bielsa entlassen. Das "brutale Risiko" (Koch) im Spiel nach vorne zahlte sich nicht mehr aus. Leeds kassierte viel zu viele Gegentore, auch unter Bielsas Nachfolgern wie Jesse Marsch. Zu oft lief die Mannschaft ins offene Messer. Auf 79 Gegentore in der Saison 2021/22 folgten in der vergangenen Saison 78 Gegentreffer - und der Abstieg. Erfolgreich war nur das erste Jahr nach dem Aufstieg, als Leeds am Ende den neunten Rang belegte. "Da spielten wir für die Zuschauer sehr attraktiven Fußball, es gab auch mal Ergebnisse wie ein 4:3", erinnert sich Koch. Attraktiven Offensivfußball will auch die Eintracht bieten, ohne allerdings dabei die Absicherung zu vernachlässigen.

Seine Rolle bei der Eintracht

Nach dem Karriereende von Martin Hinteregger vor einem Jahr fehlte ein robuster, zweikampfstarker Anführer in der Abwehr. Dieses Vakuum soll nun der Vergangenheit angehören. "Ich will wie in Leeds eine absolute Führungsrolle einnehmen. Das erwarten der Coach und alle hier von mir. Ich freue mich darauf. Als ich vor drei Jahren von der Bundesliga in die Premier League ging, hatte ich das Ziel, mich dort weiterzuentwickeln und auch als Person zu reifen. Das hat gut geklappt", rekapituliert Koch. Ein weiterer Pluspunkt: Dino Toppmöller kann ihn hinten flexibel einsetzen.

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"Ich fühle mich auf der Innenverteidigerposition zu Hause. Ob das halblinks, in der Mitte oder halbrechts ist, ist mir eigentlich relativ egal. Ich spiele da, wo es für die Mannschaft am besten passt. Natürlich auch auf der Sechs, wenn ich dort gebraucht werde", erklärt der 1,92 Meter große Defensivspezialist. Wo Toppmöller den neuen Mann einplant, bleibt abzuwarten. Der Coach setzt bei der Grundordnung auf Variabilität. Dreier-/Fünferkette oder Viererkette? "Ich habe den Anspruch an uns, dass wir in beiden Systemen erfolgreich Fußball spielen können", betont Toppmöller. Unabhängig von der Systemfrage dürfte Koch gesetzt sein.

Der Faktor Fans

Beim Trainingsauftakt am Mittwoch wird Koch einen ersten Eindruck aus nächster Nähe von den Emotionen rund um die Eintracht gewinnen. 1000 Anhänger sind zugelassen, die kostenlosen Tickets waren im Handumdrehen vergriffen. "Jeder weiß, wie emotional die Fans hier sind. Ich kann mich noch sehr gut an die Spiele mit Freiburg hier erinnern. Was die letzten Jahre international und im DFB-Pokal abgegangen ist … Da lernte man überall auf der Welt Frankfurt mit seinen Fans kennen", schwärmt Koch und betont: "Meine Spielweise ist sehr emotional, das passt perfekt zum Verein." Worauf er sich am meisten freut? "Zum ersten Mal ins Stadion einzulaufen und die Atmosphäre als Spieler der Heimmannschaft mitzubekommen. Die größte Freude wird das erste Spiel." Da werden im Hessenderby gegen Darmstadt die Emotionen auf dem Platz wie auf den Rängen hochkochen.

Die mögliche Rückkehr in die deutsche Nationalmannschaft

Am 9. Oktober 2019 debütierte Koch im Länderspiel gegen Argentinien (2:2) für die Nationalelf, sieben weitere Einsätze folgten. Bei der Europameisterschaft vor zwei Jahren war er zwar dabei, stand aber nicht auf dem Feld. Sein letztes Länderspiel datiert vom 2. Juni 2021 (1:1 gegen Dänemark). "Die Rückkehr in die Nationalmannschaft ist ein Thema", sagt Koch, ergänzt aber: "Der Fokus liegt erst mal auf Frankfurt. Ich will hier eine gute Saison mit der Mannschaft spielen, dann wird man sehen, ob die Tür zur Nationalmannschaft wieder aufgeht." Auch Toppmöller kennt die ehrgeizigen Ziele seines Schützlings. "Robin war bei der Europameisterschaft dabei und hat den Anspruch, noch mal Nationalspieler zu werden. Dabei wollen wir ihn unterstützen", kündigt der Coach an.

Julian Franzke