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Klinsmann über Kanes Top-Quote: "Einfacher in der Bundesliga oder England als in Italien"

Interview über den Bayern-Stürmer und Son

Klinsmann über Kanes Top-Quote: "Einfacher in der Bundesliga oder England als in Italien"

Jürgen Klinsmann spricht als Südkoreas Nationaltrainer und früherer Tottenham-Stürmer über Harry Kane.

Jürgen Klinsmann spricht als Südkoreas Nationaltrainer und früherer Tottenham-Stürmer über Harry Kane. Getty Images (3)

1995 ging Jürgen Klinsmann bereits den Weg, auf dem ihm Harry Kane 28 Jahre später folgte, nämlich von Tottenham zum FC Bayern. Im kicker-Interview spricht der 59-jährige Weltmeister von 1990 über die Quote des Bayern-Stürmers und was für Torjäger wirklich wichtig ist.

kicker: Hat es Sie überrascht, wie erfolgreich Harry Kane beim FC Bayern losgelegt hat, Herr Klinsmann??

Mich hat nicht überrascht, dass er sich so schnell beim FC Bayern und in der Bundesliga zurechtfindet. Er ist ein Weltklasse-Stürmer und hat eine sehr stabile Persönlichkeit. Aber diese Top-Quote war nicht unbedingt zu erwarten.

Finden Sie es ungewöhnlich, dass ein Engländer aus seiner Premier League, der stärksten Liga der Welt, ins Ausland geht?

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Nein, er ist ja auch nicht der erste. Ich glaube, dass ihm noch mehr folgen werden - und es kann dem englischen Fußball nur guttun, wenn Spieler außerhalb der Insel spielen.

Was ändert sich für einen Stürmer, wenn er aus der Premier League in die Bundesliga wechselt? Wo sind die Unterschiede?

Als Stürmer kommt es meistens nicht auf die Liga, sondern auf die Mitspieler an. Ein Stürmer muss - unabhängig von der Liga - in Szene gesetzt werden, sonst wird es schwer. Die größte Umstellung findet sicherlich außerhalb des Spielfeldes statt. Fühlt man sich wohl in der neuen Umgebung, geht alles einfacher.

Erling Haaland trifft in der Premier League häufiger als bei Borussia Dortmund. Ist das Toreschießen in der Bundesliga schwieriger oder doch in der Premier League?

Es ist in diesen beiden Ländern auf jeden Fall einfacher als zum Beispiel in Italien. Zwischen England und Deutschland würde ich keine großen Unterschiede machen.

Wie war das sportlich bei Ihnen, als Sie 1995 von Tottenham zu den Bayern gingen?

Das ist fast 30 Jahre her und kann man mit heute nicht mehr vergleichen. Heute weiß man ja alles über die Premier League, wenn man nach England wechselt und Harry Kane wusste bestimmt auch alles über die Bundesliga, bevor er nach München kam. Damals allerdings war noch vieles Neuland. Aber auch ich hatte mich sofort wohl gefühlt und gespürt, dass ich der Mannschaft helfen konnte und es entwickelte sich vom ersten Tag an eine tolle Atmosphäre.

Sie kennen Tottenham und die Kultur des Klubs. Wie schwer muss es Kane gefallen sein zu wechseln? Können Sie ihn verstehen, weil die Spurs kaum Chancen auf Titel haben?

Ja, ich hatte zu meiner Zeit genau die gleiche Situation. Letztendlich will man in seiner Karriere Titel gewinnen. Tottenham ist ein wunderbarer Verein, so dass es ihm ganz sicher schwergefallen ist. Aber am Ende hat ein Spieler seines Kalibers das klare Ziel, die Champions League und nationale Titel einzufahren. Und wer weiß, vielleicht wird er mit England nächstes Jahr Europameister im Land seines Arbeitgebers?

Wer ist kompletter: Kane oder Lewandowski?

Da würde ich keinen Unterschied machen. Beide sind ziemlich komplett und jede Mannschaft dieser Welt kann froh sein, wenn sie vorne einen solchen Torjäger hat.

Jeder Mittelstürmer wünscht sich solche Mitspieler. Individuell richtig stark - aber trotzdem auch sehr mannschaftsdienlich.

Jürgen Klinsmann über Sané und Son

Lässt sich das Spielverständnis Harry Kanes mit Leroy Sané vergleichen zu dem, das er mit Heung-Min Son hatte?

Ja. Jeder Mittelstürmer wünscht sich solche Mitspieler. Individuell richtig stark - aber trotzdem auch sehr mannschaftsdienlich.

Sie sind der Nationaltrainer von Son: Wie sehen Sie ihn ohne Kane in veränderter Rolle in Tottenham?

"Sonny" kann auf verschiedenen Positionen zum Erfolg kommen, in der Neuner-Rolle, von den Flügel oder wie bei uns meist auf der 10 hinter dem Mittelstürmer. Auch er ist ein absoluter Ausnahmespieler, ist in den Top 5 der Angriffsspieler im Weltfußball. Und jetzt ist er Kapitän der Spurs und natürlich bei uns in der südkoreanischen Nationalmannschaft. Es ist eine absolute Freude mit ihm zusammenzuarbeiten.

Kann Kane den Lewandowski-Rekord von 41 Saisontoren brechen?

Ja. Denn spätestens seit der Rekord von Gerd Müller gebrochen wurde, wissen wir, dass im Fußball kein Rekord für die Ewigkeit ist.

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