Bundesliga

Klare Kante von Letsch: "Vorführung, katastrophales Spiel"

Desolate erste Stunde, Bochums nächste Bauchlandung

Klare Kante von Letsch: "Vorführung, katastrophales Spiel"

Will ab sofort einen raueren Ton anschlagen: VfL-Coach Thomas Letsch.

Will ab sofort einen raueren Ton anschlagen: VfL-Coach Thomas Letsch. IMAGO/Team 2

Er erwarte von seiner Mannschaft, so Letsch vor der Partie, das "Ruhrstadion-Gesicht", also die oft gezeigten Tugenden, gerade an der Castroper Straße ein ekliger Gegner zu sein und den Kontrahenten wirkungsvoll zu bearbeiten. Insofern war es ein Armutszeugnis, was der VfL Bochum im dritten Heimspiel der Saison gegen Borussia Mönchengladbach ablieferte.

Fast grotesk, wie die Gastgeber beinahe eine Stunde lang ständig hinterher liefen, kaum einmal in die Zweikämpfe kamen, ganz schlecht sortiert waren, auf den Flügeln und auch im Zentrum. Beispiel Erhan Masovic: Der oft zuverlässige Verteidiger stand diesmal komplett neben sich, ermöglichte mit einem schlampigen Fehlpass einen Gladbacher Gegenzug, schaffte es dann noch nicht einmal, seinen Körper reinzustellen oder seinen Gegenspieler mit einem kleinen Foul zu stoppen.

Das allerdings war kein Einzelfall bei einer Bochumer Mannschaft, die lange Zeit vollständig neben der Spur war. Dass es bei Halbzeit erst 0:3 stand, war äußerst verwunderlich, leicht wäre auch mindestens ein halbes Dutzend Gegentreffer möglich gewesen.

Bochum "auf dem Weg zum Rekord"

Auch so sind es nun bereits 19 Gegentore nach erst sechs Spielen, "da", merkte Letsch an, "sind wir auf dem Weg zu einem neuen Rekord." Äußerlich gefasst, aber im Ausdruck ganz klar fand Letsch dann auch deutliche Worte für die Nicht-Leistung seiner Mannschaft.

"Da gibt es nichts schönzureden", so der Trainer, "wir haben ein katastrophales Spiel gemacht. Wir haben in keinster Weise auf den Platz gebracht, was uns eigentlich ausmacht. Wir wollen den Teufel nicht an die Wand malen, aber alles muss jetzt auf den Prüfstand", versicherte Letsch, der sich selbst und das Trainerteam auch eindeutig mit in die Kritik einbezog.

Am Samstag nach dem Spiel stellte er sich auf eine kurze Nacht ein, weil er in der Regel die Partie in Gedanken noch einmal durchspielt und sich natürlich überlegt, wie die ganzen Missstände behoben werden könnten. Wahrscheinlich schon vor 8 Uhr morgens, kündigte Letsch am Samstag an, werde er sich mit seinem Trainerteam zusammensetzen, und anschließend mit den Spielern Fraktur reden.

So etwas habe ich noch nicht erlebt, wie wir in der ersten Halbzeit vorgeführt worden sind.

Thomas Letsch

Dazu gehört natürlich auch die Klärung der zentralen Frage, ob die erneut ungenügende Leistung etwa am System liegt oder einfach an den Befindlichkeiten einzelner Spieler. Natürlich, persönliche Aussetzer wie der von Masovic und vielen anderen Kollegen sind gewiss nicht damit begründet, ob man 3-5-2 oder 4-3-3 spielt. Aber: Fühlt sich die Mannschaft in der gewohnten Viererkette wohler? Fremdelt sie mit dem neuen System?

"Es geht um die Grund-Tugenden", sag Letsch. "So etwas habe ich noch nicht erlebt, wie wir in der ersten Halbzeit vorgeführt worden sind. Wir waren oft meilenweit davon entfernt, Zugriff auf die Gegner zu haben. Das war keine Reaktion auf das Spiel gegen die Bayern, sondern genau das Gegenteil."

Geklärt werden müsse aber natürlich auch, ob der Ansatz der richtige ist, räumte Letsch ein. "Passt dieser Plan, den wir haben? Ich werde der Mannschaft kein System überstülpen, sondern natürlich auch das Gespräch mit den Führungsspielern suchen. Es ist ja klar, dass wir da auch im Austausch sind", so Letsch.

Wird in der Branche oft um Probleme herum geredet, so zeigt der Trainer hier wohltuend klare Kante. Stark auch, dass er sich selbst und das Trainerteam in die Kritik mit einbezieht und seine Spieler nicht im Regen stehen lässt.

Letsch kündigt raueren Ton an

Im Detail wollte Letsch natürlich noch nicht erzählen, wie die Aufarbeitung des erneuten Nackenschlages aussieht, auch mit Blick auf das äußerst komplizierte Auswärtsspiel am kommenden Samstag bei RB Leipzig.

Eins aber ist klar, es wird harte und offene Worte geben. "Der Ton", sagt der frühere Sport- und Mathematiklehrer Letsch, "muss rauer werden." Mit drei Punkten nach sechs Spieltagen ist Bochums Bilanz noch nicht niederschmetternd, aber die erneut äußerst schwache Leistung gibt natürlich allen Beteiligten zu denken.

In der vorigen Saison klappte der Turnaround übrigens nach deutlich schlechterem Start. Da hatte der VfL sogar die ersten sechs Spiele in den Sand gesetzt und keinen einzigen Punkt ergattert.

Oliver Bitter

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