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Handball-WM: Katars "Mogelpackung" rechnet sich nicht mehr

Chancen und Gefahren bei eingebürgerten Stars

Katars "Mogelpackung" rechnet sich nicht mehr

Leistungsträger bei Katar: Torhüter Danijel Saric (li.) und Bertrand Roine.

Leistungsträger bei Katar: Torhüter Danijel Saric (li.) und Bertrand Roine. imago

Es war die WM 2015 in Katar, die für reichlich Zündstoff gesorgt hatte: Scheichs investierten Millionen, um den Handball im Wüstenstaat voranzubringen. Speziell die Mannschaft des späteren Vizeweltmeisters hatte mit Katar herzlich wenig zu tun. Die Leistungsträger stammten ursprünglich aus Kuba (Rafael Capote), Montenegro (Zarko Markovic), Bosnien (Danijel Saric) oder Frankreich (Bertrand Roine). Gerade einmal vier Spieler des Kaders waren Einheimische. Für jedes gewonnene WM-Spiel kassierten die ausländischen Stars damals dem Vernehmen nach 100.000 Euro. Trainiert wird das Team noch heute von Valero Rivera, der den FC Barcelona einst zur besten Vereinsmannschaft der Welt geformt und Spanien 2013 zum WM-Titel im eigenen Land geführt hatte. "Nach Katar zu gehen, war die beste Entscheidung meines Lebens. Der größte Fehler wäre es gewesen, es nicht zu tun", erklärte der 65-Jährige einst.

Doch wie konnte es das Emirat überhaupt so weit bringen? Das Problem ist die Regel des Nationenwechsels im Handball, der Folgendes vorschreibt: Ein Spieler darf die Nationalmannschaft wechseln, wenn der letzte Einsatz für sein aktuelles Land bereits drei Jahre zurückliegt und er im neuen Land bereits mindestens zwei Jahre gelebt hat. Anders als im Fußball, wo man nur für ein einziges Land A-Länderspiele absolvieren darf, reicht es im Handball, etwas Zeit ins Land gehen zu lassen.

Rutenka spielte für drei Nationalmannschaften

Man darf nun aber nicht den Fehler begehen und denken, dass nur Katar sich dieser Regelung "bedient" hat. Das beste Beispiel ist Siarhei Rutenka, im weißrussischen Minsk geboren. Der ehemalige Weltstar spielte in seiner Karriere für drei Nationalmannschaften - die weißrussische, die slowenische und die spanische. In Spanien begannen in der Vergangenheit Arpard Sterbik (Serbien), Talant Dujshebaev (Kirgisistan) oder Rolando Urios (Kuba) eine neue Nationalmannschaftskarriere. Für Deutschland spielten Oleg Velyky (Ukraine), Bogdan Wenta (Polen) oder Andrej Klimovets (Weißrussland) unter einer zweiten Flagge.

Auftaktpleite: Katar (hier mit dem gebürtigen Tunesier Youssef Ali) verlor überraschend gegen Angola. imago

Die Frage bleibt nur, wie zukunftsträchtig ein solches Projekt sein kann. Spanien und Deutschland benötigen angesichts der aktuellen WM-Kader keine "zusätzliche Hilfe" mehr von außen. Bei Katar rechnet sich die "Mogelpackung" auch gar nicht mehr: Die so langsam in die Jahre gekommenen Herren Capote, Saric, Roine oder Youssef Ali (Tunesien) finden sich wieder im Kader, doch selbst eine Platzierung wie bei der WM 2017 (Rang acht) scheint aktuell ein gutes Stück entfernt zu sein.

Jetzt wartet Schweden - und dann?

Zum Start in die WM in Deutschland und Dänemark blamierte sich der Wüstenstaat gegen den krassen Außenseiter Angola (23:24) , gegen Ägypten konnte das Team von Coach Rivera den zweiten Rückschlag abwenden (28:23) . Der erste schwerere Brocken wurde Katar aber nun wieder zum Verhängnis: Ungarn ließ den WM-Zweiten von 2015 abblitzen (32:26), wodurch das Emirat jetzt schon mit dem Rücken zur Wand steht.

Man nehme den durchaus vorstellbaren Fall, dass Katar gegen Schweden am Mittwoch (20.30 Uhr) verliert. Dann ist zwar mit einem Sieg gegen Argentinien zum Abschluss der Gruppenphase Rang drei erreichbar, doch die Hauptrunde würde Katar mit null Punkten beginnen. Und dort warten mit hoher Wahrscheinlichkeit unter anderem euphorisierte Norweger und Dänen.

msc

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