Bundesliga

50 Jahre Büchsenwurf am Bökelberg: So kam Gladbach nach Europa

Launiger Abend im Vorfeld des 50. Jahrestages zum "Büchsenwurf vom Bökelberg"

Im Namen der Dose: Wie sich Gladbach auf Europas Fußball-Karte katapultierte

Günter Netzer und die ominöse Dose aus dem Vereinsmuseum "Fohlenwelt".

Günter Netzer und die ominöse Dose aus dem Vereinsmuseum "Fohlenwelt". imago images (2)

Der Ort für die Veranstaltung war passend gewählt. Im "Raum Büchsenwurf" im Erdgeschoss des Borussia-Parks kamen Gladbacher Zeitzeugen und gut 100 Borussen-Fans zusammen, um die Erinnerungen an dieses historische - und bis heute heiß diskutierte - Ereignis aufleben zu lassen. Kleff und Bonhof standen an jenem 20. Oktober 1971 für die Borussia auf dem Rasen, als die junge Fohlenelf um Spielmacher Günter Netzer im Achtelfinal-Hinspiel des Europapokals der Landesmeister die Star-Auswahl von Inter Mailand in einem rauschhaften Offensivspektakel 7:1 vom Platz fegte.

Dem Fußball-Rausch folgte der Kater: Aus im Wiederholungsspiel

Die Freude über diesen historischen Triumph währte nur kurz: Weil Inter-Stürmer Roberto Boninsegna angeblich von einer aus dem Zuschauerblock geworfenen Cola-Dose am Kopf getroffen wurde und zu Boden ging, annullierte die UEFA später die Begegnung und setzte ein Wiederholungsspiel an. Das für die Gladbacher bittere Ende: Die Borussia schied nach einem 2:4 in Mailand und einem 0:0 im Wiederholungsspiel in Berlin aus dem Wettbewerb aus.

Das ist das Großartige: Jetzt sitzen wir alle hier und reden nach 50 Jahren immer noch über dieses Spiel.

Rainer Bonhof

Mythos Büchsenwurf. "Das ist das Großartige: Jetzt sitzen wir alle hier und reden nach 50 Jahren immer noch über dieses Spiel", sagte Bonhof beim Bühnen-Talk, "und wir sprechen über eine Gladbacher Elf, die die Weltklassemannschaft von Inter Mailand 7:1 - heute würde man sagen - 'weggefackelt' hat." Eine Leistung, die die Borussen selbst überraschte. "Vor dem Spiel war es für uns absolut ausgeschlossen, dass wir diesen Weltklub mit 7:1 oder einem ähnlich hohen Ergebnis schlagen können", sagte Kleff und verriet das einfach klingende Erfolgsrezept, das zum Gladbacher Torrausch führte. "Der Hennes Weisweiler hat vor dem Anpfiff nur gesagt: Spielt nach vorne und macht Tore."

Die Inter-Stars dachten, Mönchengladbach liegt irgendwo bei München.

Wolfgang Kleff

Einig ist man sich am linken Niederrhein seit fünf Jahrzehnten: Die Inter-Stars hatten die Aufgabe bei der damals aufstrebenden Fohlenelf mächtig unterschätzt. "Die Inter-Stars dachten, Mönchengladbach liegt irgendwo bei München. Die hatten Mönchengladbach auf keiner Landkarte", erzählte Kleff. Damit sei es nach der Abfuhr aber vorbei gewesen, so Bonhof, der mit einem Grinsen anfügte: "Das war das Spiel der Spiele. Nach diesem Abend wurde europaweit Mönchengladbach unfallfrei ausgesprochen."

Tore, Klagen, Polizei: Der Büchsenwurf in Bildern

Von wegen Kabinenparty - "Wir wussten, da kommt was auf uns zu"

Aber: Eine Kabinenparty, wie man sie nach einem solchen Triumph erwarten könnte, die gab es nicht. Die Borussen ahnten in dem Moment, als Boninsegna nach dem vermeintlichen Kopftreffer (Bonhof: "Plötzlich lag da einer.") auf der Trage den Platz verließ, dass diese 28. Spielminute ein böses Nachspiel haben könnte. So kam es, die UEFA annullierte das Spiel. "Wir hatten schon während des Spiels und erst recht danach kein gutes Gefühl", berichtete Kleff und verwies auf die damals vorhandene Nähe der Italiener zur UEFA. "Wir wussten, da kommt was auf uns zu. Die Mailänder werden nach diesem 7:1 mit Sicherheit was daraus machen, das war ja eine Demontage vom großen Inter Mailand. Und so passierte es dann ja auch." Obwohl Bonhof auch am Montag noch einmal versicherte: "In der Dose war nix drin."

Wolfgang Kleff (re.) und Rainer Bonhof (Mi.)

Wolfgang Kleff (re.) und Rainer Bonhof (Mi.) am Montagabend bei der "Aufarbeitung" des Büchsenwurfes kurz vor dem 50. Jahrestag. kicker

Für Kleff ist jedenfalls klar: "Dieses Spiel, dieses Ergebnis, die ganzen Umstände dieses Abends am Bökelberg führen dazu, dass man noch sehr lange über dieses Spiel sprechen wird." Dann beendete der frühere Torhüter die Veranstaltung in Kleff-typischer Manier mit einem lockeren Spruch und sorgte ein weiteres Mal für lautes Gelächter unter den Gästen: "Zum 100-Jährigen treffen wir uns hoffentlich auch wieder hier."

Jan Lustig