Bundesliga

"Grenzen verschieben": Markus Merk wird 60 Jahre alt

Tausendsassa Markus Merk wird 60 Jahre alt

"Ich möchte 'You’ll never walk alone' auf dem Kontrabass spielen können"

Markus Merk war dreimal Weltschiedsrichter des Jahres.

Markus Merk war dreimal Weltschiedsrichter des Jahres. imago images/Jan Huebner

Dieser Mann ist ein Tausendsassa. In vielen Lebensbereichen hat sich Dr. Markus Merk sehr intensiv und erfolgreich bewegt. Als Unparteiischer stand er über ein Jahrzehnt lang in der absoluten Weltspitze, kam bei je zwei Welt- und Europameisterschaften zum Einsatz und leitete 2004 das Finale der EM zwischen Ausrichter Portugal und Griechenland mit Otto Rehhagel als Trainer.

Endspiele wurden ihm auch in der Champions League (2003, Juventus Turin - AC Mailand), dem Europapokal der Pokalsieger (1997, FC Barcelona - Paris St. Germain) sowie dem DFB-Pokal anvertraut (1993, Hertha BSC Amateure - Bayer Leverkusen). Die zuständigen Gremien zeichneten ihn dreimal als Weltschiedsrichter des Jahres und siebenmal als DFB-Schiedsrichter des Jahres aus.

Aber keine Rose ohne Dornen - eine Entscheidung fiel Merk auf die Füße: Sein umstrittener Pfiff in der Nachspielzeit beim Spiel Hamburger SV gegen Bayern München am letzten Spieltag der Saison 2000/01 führte in der letzten Sekunde zum 1:1-Ausgleich durch einen von Patrik Andersson verwandelten Freistoß, der die Bayern wieder einmal auf den Thron hob. Den Schalkern, deren Funktionäre, Spieler und Fans wegen des um vier Minuten früheren Abpfiffs ihrer finalen Heimpartie vor laufenden TV-Kameras bereits überschwänglich den ersten nationalen Titelgewinn seit 1958 feierten, blieb danach nur die charmante Auszeichnung "Meister der Herzen". Es gab massive Anfeindungen gegen Merk, der bis zum Ende seiner Karriere kein einziges Spiel der Gelsenkirchener mehr leitete.

TV-Experte, Redner, Extremsportler und Bierbrauer

Beruflich baute sich der Doktor der Zahnmedizin eine gut gehende Praxis in Kaiserslautern auf, die er 2005 freiwillig schloss, weil er sich durch immer stärker werdende organisatorische und finanzielle Zwänge in seiner medizinischen Freiheit entscheidend eingeschränkt fühlte. Merk verdiente seine Brötchen - und mehr - fortan mit Vorträgen zum Thema "Sicheres Entscheiden", die bei international tätigen Unternehmen stark begehrt wurden, der Terminkalender des Redners war und ist in der Regel proppenvoll. Einen guten Namen machte er sich auch als Fußball- sowie Regelexperte im türkischen und deutschen TV. Sogar eine eigene Biermarke braute und vermarktete Merk.

In Bildern: Die Karriere von Weltschiedsrichter Markus Merk

In seiner Freizeit galt sein Hobby dem Extremsport in verschiedenen Bereichen. Mehrere Siebentausender hat Merk erklommen, viele Marathons gelaufen und erfolgreich an exponierten Ski-Langläufen teilgenommen. 2019 begann seine Tätigkeit als Vereinsfunktionär, natürlich bei seinem Herzens- und Heimatverein 1. FC Kaiserslautern. Merk wurde stellvertretender Vorsitzender und Sprecher des Aufsichtsrats. Dem Klub drohten zu diesem Zeitpunkt der finanzielle Kollaps und der sportliche Abstieg in die Regionalliga.

Markus Merk

Markus Merk beim EM-Finale 2004. imago images/Horstmüller

Zwei Jahre später zog sich Merk aus der vordersten Verantwortung zurück, der FCK steht wirtschaftlich wieder auf soliden Füßen und kämpft um den Aufstieg in die 2. Liga. Merk ist noch im Aufsichtsrat der KGaA und schaut sich die Heimspiele der Pfälzer, wenn es seine Zeit zulässt, in der Westkurve an: "Hier schlägt das Herz des Fußballs."

Bleibt noch Merks soziales Engagement zu beleuchten. Er förderte und unterstütze mit persönlicher Arbeit, häufig direkt vor Ort, Kinderdörfer in Indien und war Initiator der Stiftung "Verein Indienhilfe Kaiserslautern e. V.". Diese Tätigkeiten waren die wesentliche Ursache dafür, dass Merk im Jahr 2005 vom damaligen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck das Bundesverdienstkreuz am Band der Bundesrepublik verliehen wurde. Kardinal Karl Lehman zeichnete den ehemaligen Ministranten Merk zwei Jahre später mit dem Ethikpreis des katholischen Sportverbandes aus.

Seinen Geburtstag feiert Merk auf den Malediven

Eine schöne Liste. Doch es gibt auch den Fluch des Erfolgs. Was soll sich ein Markus Merk zu seinem 60. Geburtstag an diesem Dienstag wünschen, womit könnte man ihm eine Freude bereiten? Hier sprang, freilich in dieser Beziehung unbewusst, Bassam Adeel Jaleel ein. Der Präsident des Fußballverbandes der Malediven lud den ehemaligen Spitzenschiedsrichter ein, die mit einem Award ausgezeichneten Spieler der Inselgruppe im Indischen Ozean zu ehren. Die Veranstaltung findet am kommenden Donnerstag statt.

Merk ist mit seiner Frau Sabine am Sonntag auf die Malediven geflogen, die beiden haben dafür eine lang geplante und organisierte Gebirgstour nach Nepal verschoben. "Die Einladung ist eine große Ehre für mich. Auch wenn man sieht, dass die Ehrung der ausgezeichneten Spieler zuletzt hervorragende und international anerkannte Persönlichkeiten wie Dänemarks Torhüterlegende Peter Schmeichel oder der langjährige spanische Nationalspieler Michel Salgado vorgenommen haben", freute sich Merk darauf, seinen runden Geburtstag rund zwölf Flugstunden von seiner pfälzischen Heimat zu feiern.

Markus Merk

Markus Merk im heimischen Fritz-Walter-Stadion. imago images/Werner Schmitt

Und nach dem 60.? 330 Kilometer langer Ultra-Marathon

Und wird er dann in seinem siebten Lebensjahrzehnt ruhiger und weniger extrem werden? "Nein", sagt Merk, "die drei großen F - Frieden, Freiheit, Fitness - werden weiterhin im Vordergrund stehen, und ich werde weiter Herausforderungen suchen und persönliche Grenzen verschieben." Was das bedeutet, verdeutlichen zwei Projekte, an denen der Jubilar derzeit arbeitet. Noch in diesem Jahr will er an einem 330 Kilometer langen Ultra-Marathon teilnehmen, der im September im italienischen Aosta-Tal stattfindet, über insgesamt 24.000 Höhenmeter führt und für dessen Bewältigung man 150 Stunden Zeit hat.

Ich möchte 'You’ll never walk alone' auf dem Kontrabass spielen können.

Markus Merk

Merks nächstes aktuelles Projekt kommt aus einer ganz anderen Ecke, ist aber nicht minder spannend und außergewöhnlich wie der Ultra-Marathon. Das Studium des Buches "Der Kontrabass" von Patrik Süskind hat ihn dazu inspiriert, das Spielen dieses Instrumentes zu erlernen. Die ersten Töne kann er ihm bereits entlocken, ohne dass sich die Familie die Ohren zuhalten muss, aber das soll noch lange nicht das Ende sein. "Ich möchte 'You’ll never walk alone' auf dem Kontrabass spielen können", erzählt der Mann, der bisher nur mit seiner Schiedsrichter-Pfeife rudimentär Musik gemacht hat.

Was er nicht sagt, was aber in Anbetracht seiner Beharrlichkeit, seiner Erfolgsgewohnheit sowie seiner Liebe zum Fußball im Allgemeinen und dem FCK im Speziellen durchaus wahrscheinlich ist: Irgendwann wird Markus Merk auf dem Betzenberg kurz vor einem Heimspiel den Fans über die Stadionmikrofone die Kult-Hymne der aus dem englischen Liverpool stammenden Band Gerry & The Pacemakers mit dem Kontrabass zum Mitsingen vorspielen. Getreu der Textzeile, die sich mit dem eigenen Lebensmotto deckt, auch jenseits seiner 60 Jahre: "Walk on, walk on, with hope in your heart, and you’ll never walk alone."

Thomas Roth