Bundesliga

80. Geburtstag: Gladbach-Legende Herbert Laumen im Interview

Borussia-Legende wird 80

"Ich hatte das Pech, dass Gerd Müller und Uwe Seeler vor mir standen": Herbert Laumen im Interview

1971 in Gladbach mit der Meisterschale: Herbert Laumen.

1971 in Gladbach mit der Meisterschale: Herbert Laumen. imago images/WEREK

Borussia Mönchengladbach spielt immer noch eine wichtige Rolle im Leben von Herbert Laumen. Bei den Fohlen, deren goldene Ära er als Torjäger einst mitprägte, ist Laumen Mitglied des Ehrenrats, auch um die Traditionspflege kümmert er sich. Sein Vorschlag für das Treffen kommt daher wenig überraschend: "Wir sehen uns im Borussia-Park!"

Herr Laumen, hätten Sie in einem Stadion wie dem Borussia-Park auch gerne Ihre Tore geschossen?

Wenn ich mir das Stadion so anschaue und an die Atmosphäre bei den Heimspielen denke, juckt es schon in den Füßen. In unserer Meistersaison 1969/70 kamen im Schnitt etwas über 24.000 Zuschauer zum Bökelberg. Vergangene Saison im Borussia-Park waren es über 52.000. So eine Kulisse in unserer Glanzzeit - das wäre was gewesen.

Dass ich einmal die Meisterschale in den Händen halten würde, hätte ich niemals für möglich gehalten.

Herbert Laumen

Wie weit reichten Ihre Träume, als Sie in der D-Jugend zur Borussia kamen?

Dass ich einmal die Meisterschale in den Händen halten würde, hätte ich niemals für möglich gehalten. Oder dass wir in Gladbach sogar eine Ära prägen könnten. Unvorstellbar. Aber mit Hennes Weisweiler als Trainer und den vielen jungen Spielern aus der Region entstand in Gladbach etwas Einmaliges. Sie schrieben in vielerlei Hinsicht Geschichte.

Sollen wir mal nicht mit dem Pfostenbruch anfangen?

Sehr gerne. Rund um den Pfostenbruch ist doch schon alles x-mal erzählt worden in den vergangenen 50 Jahren. (lacht)

Sie haben in der Bundesliga-Historie den frühesten Hattrick erzielt: Gegen Hannover 96 im September 1967 jubelten Sie bis zur 9. Minute dreimal. 3., 6. und 9. Minute.

Rechts, links, mit dem Kopf - "perfekter Hattrick" würden die Engländer sagen.

Ich dachte: "Jetzt mach aber mal keinen Blödsinn …" (lacht)

Herbert Laumen über seinen Hattrick-Rekord

Die größten Bundesliga-Torjäger bissen sich an diesem Rekord die Zähne aus. Gerd Müller schrammte einmal knapp vorbei und hatte den Hattrick in der 10. Spielminute vollendet.

Und ich weiß auch noch, wie ich vor vielen Jahren vor dem Fernseher saß und Vedad Ibisevic nach vier Minuten schon zweimal getroffen hatte. Ich dachte: "Jetzt mach aber mal keinen Blödsinn …" (lacht)

Zweitbester Borussia-Torschütze hinter Jupp Heynckes

Mit 97 Toren stehen Sie außerdem als Borussias zweitbester Bundesliga-Torschütze in den Geschichtsbüchern, hinter Jupp Heynckes. Stimmt es, dass Sie Weisweiler erst von einem Positionswechsel überzeugen mussten, bevor der Knoten richtig aufging?

Im ersten Jahr schoss ich nur sechs Tore. Als Rechtsaußen fühlte ich mich nicht wohl. Ich wollte lieber zentraler, als Art hängende Spitze spielen. Kurz vor Ende der Saison 1965/66, beim 3:3 bei 1860, durfte ich in der Mitte ran und schoss alle drei Treffer. Dieses Spiel war der Knackpunkt in meiner Karriere. Dann kam die kuriose Geschichte, wie ich mit Weisweiler "in den Urlaub" gefahren bin.

Erzählen Sie bitte.

Weisweiler fragte Berti Vogts, ob er mit ihm zur Weltmeisterschaft nach England fahren wolle, eine Art Anschauungsunterricht, die beiden hatten ja ein besonderes Verhältnis. Berti meinte daraufhin: Ich würde ja gerne mitkommen, aber ich habe mit Herbert Laumen Urlaub gebucht. Den Herbert kann ich nicht hängen lassen. Weisweiler dachte darüber nach und meinte irgendwann: Gut, dann nehmen wir ihn auch noch mit.

Die Reise wurde zum Wendepunkt?

Auf dem Flughafen in Birmingham kam es zur großen Aussprache. Ich sagte: "Trainer, auf der Außenposition fühle ich mich furchtbar unwohl. Ich würde gerne hängende Spitze oder etwas Ähnliches spielen. Wie im Spiel bei 1860." In der nächsten Saison spielte ich dann zentral als hängende Spitze - und schoss fünf Jahre hintereinander die meisten Tore in unserer Mannschaft.

In der Nationalmannschaft blieben Sie trotzdem weitestgehend außen vor und machten lediglich zwei Länderspiele. Enttäuscht?

Ich hatte das Pech, dass Gerd Müller und Uwe Seeler vor mir standen. Hätte es damals so viele Länderspiele wie heute gegeben, wären sicherlich noch ein paar Einsätze mehr dazugekommen. Aber okay! Die größte Enttäuschung war 1970: Ich war einer derjenigen, die kurz vor der Weltmeisterschaft in Mexiko noch aus dem DFB-Aufgebot gestrichen wurden. Schade.

Manager Helmut Grashoff meinte, ich sei für einen Vierjahresvertrag zu alt. Mit 27! Das hat mich getroffen.

Herbert Laumen über seinen Abgang bei der Borussia 

Die Borussia verließen Sie 1971, nach der Titelverteidigung, im Groll.

Manager Helmut Grashoff meinte, ich sei für einen Vierjahresvertrag zu alt. Mit 27! Das hat mich getroffen. Zumal ich wusste, dass andere, die nicht viel jünger waren, einen Vierjahresvertrag angeboten bekamen. Dass ich zu Werder Bremen gegangen bin, war aus sportlicher Sicht ein Fehler. Wir hatten in einer Saison fünf Trainer. Das sagt eigentlich alles.

Pfostenbruch mit "Happy End"

Apropos Bremen, da können wir ja doch noch mal zum legendären Pfostenbruch kommen: 3. April 1971, das Heimspiel gegen Werder. Gibt es eine Geschichte, die wir noch nicht kennen?

Das glaube ich nicht. Aber klar, das war ein außergewöhnliches Ereignis, ein historischer Moment in der Bundesliga-Geschichte. Ich rausche also nach einer Flanke mit Wucht ins Tornetz, der Pfosten bricht, das Tor kracht über mir zusammen - und ich liege am Boden und zappele im Tornetz. Irre. Danach wurden die Aluminiumpfosten eingeführt. Und wir wurden Meister, obwohl das Bremen-Spiel mit 0:2 gegen uns gewertet wurde. Ein Happy End.

Mit Blick auf Freitag: Was wünschen Sie sich zu Ihrem 80. Geburtstag?

Gesundheit. Und dass die Borussia mal wieder etwas weiter oben in der Tabelle mitmischt.

Jan Lustig

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