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Domenico Tedesco: "Kein Unterschied, wie die Spieler heißen."

Belgiens Nationaltrainer Tedesco im kicker-Interview

"Ich bin, wie ich bin. Es macht keinen Unterschied, wie die Spieler heißen"

Betreut künftig Stars wie Kevin De Bruyne oder Romelu Lukaku: Domenico Tedesco.

Betreut künftig Stars wie Kevin De Bruyne oder Romelu Lukaku: Domenico Tedesco. IMAGO/Panoramic International

Anfang September wurde er bei RB Leipzig freigestellt, nach Belgiens Gruppen-Aus bei der WM gegen Marokko und Kroatien musste Roberto Martinez seinen Posten als Cheftrainer räumen. Nun übernimmt Domenico Tedesco also gemeinsam mit seinen Vertrauten Andreas Hinkel, Thomas Schneider und Torwarttrainer Max Urwantschky das belgische Nationalteam.

Im Interview der Montagsausgabe des kicker schildert Tedesco, was ihn an diesem Job reizt: "Zunächst mal die Tatsache, ein Land zu repräsentieren, in dem die Leute fußballverrückt sind und sich mit ihrem Land identifizieren. Dann finde ich eine Mannschaft vor mit guten Einzelspielern, die überall in Europa verteilt sind. Außerdem finde ich es sehr reizvoll, nach der Enttäuschung bei der WM in Katar den Knopf auf Neuanfang zu drücken."

Tedesco sieht Gefahr in der Qualifikation

Beim FC Schalke 04, bei Spartak Moskau und in Leipzig trainierte der 37-Jährige viele gute und sehr gute Spieler, aber noch keine Superstars wie Kevin De Bruyne, Thibaut Courtois oder Romelu Lukaku. Für den weltweit jüngsten Nationaltrainer kein Problem. "Ich bin, wie ich bin, und versuche, das gegenüber jedem zu sein. Für mich sind das in erster Linie wichtige Menschen, mit denen ich zusammenarbeite und denen ich offen, fair und respektvoll gegenübertrete. Da macht es keinen Unterschied, wie sie heißen und welche Wichtigkeit sie in der Mannschaft haben."

Die EM-Qualifikation wird für uns kein Spaziergang.

Domenico Tedesco

Aus dem belgischen Verständnis heraus ist die Qualifikation gegen Österreich, Schweden, Estland und Aserbaidschan eigentlich eher Pflicht als Ziel, aber "so zu denken wäre sehr gefährlich. Die Österreicher haben im November mit einer vornehmlich aus Bundesliga-Profis bestehenden Mannschaft gegen Italien gewonnen. Die Schweden", so Tedesco, "sind immer unbequem, und leichte Gegner gibt es sowieso nicht. In der Europa Conference League hat erst vor vier Wochen KAA Gent in Aserbaidschan bei der 0:1-Niederlage gegen Qarabag Agdam am eigenen Leib erfahren, was da los sein kann. Die Qualifikation wird kein Spaziergang."

Tedesco mag es, wenn sein Team den Ball hat und das Spiel in der gegnerischen Hälfte bestimmt. Gute Vorrausetzungen bei dem Kader der Belgier. "Ganz grundsätzlich haben wir das Potenzial dazu", erklärt der neue Coach, Kevin De Bruyne zum Beispiel sei "ein absoluter Top-Spieler. Auch in den Gesprächen mit den anderen Mitgliedern des Mannschaftsrats kam zur Geltung, dass Kevin ein ganz wichtiger Faktor ist. Wenn er gut drauf ist, zieht er die Mannschaft mit. Deshalb", so Tedesco, "möchten wir einen absolut fitten und motivierten Kevin De Bruyne haben, er ist ein ganz wichtiger Baustein."

Seit dem DFB-Pokal-Sieg mit Leipzig werde ich anders wahrgenommen.

Domenico Tedesco

Im Mai 2022 gewann der gebürtige Italiener mit RB Leipzig den DFB-Pokal. Dieser erste Titel seiner Trainerkarriere hat seiner Meinung nach dabei geholfen, in Belgien die Tür zu öffnen: "Ich habe das Gefühl, dass ich seitdem ein wenig anders wahrgenommen werde", so Tedesco, denn: "Im Kopf gewisser Entscheidungsträger ist es schon wichtig und legitim, dass man Erfolge vorweisen kann. Und da sind Titel nun einmal Titel."

Dem Jubel in Berlin folgte nach nur fünf Bundesliga-Spielen die Entlassung in Leipzig, dieser Episode aber ist längst verarbeitet. "Ich blicke absolut positiv zurück. Wir haben dank der erfolgreichsten Rückrunde der Vereinsgeschichte noch die Champions League erreicht, was für den Klub extrem wichtig war. Wir standen im Halbfinale der Europa League, holten mit dem DFB-Pokal den ersten großen Titel der Vereinsgeschichte. Es war im Rückblick aus meiner Sicht eine extrem erfolgreiche und sehr emotionale Zeit."

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Im großen Interview in der Montagsausgabe des kicker (ab 22 Uhr auch digital abrufbar als e-Magazine) spricht Domenico Tedesco über seine Kader-Bekanntgabe am Freitag, seine Liste mit 130 Kandidaten und das mögliche Ende von Belgiens goldener Generation.

Oliver Hartmann