Int. Fußball

Bellingham bei Real Madrid: Hey Jude, wo sind die Tore hin?

Warum Bellingham seit dem Jahreswechsel deutlich seltener trifft

Hey Jude, wo sind all die Tore hin?

Inzwischen nicht mehr alleiniger Leistungsträger bei Real Madrid: Jude Bellingham.

Inzwischen nicht mehr alleiniger Leistungsträger bei Real Madrid: Jude Bellingham. imago images (2)

Als Real Madrid am Samstag zum 36. Mal spanischer Meister wurde, kam der 3:0-Heimsieg gegen Cadiz nicht ohne Tor von Jude Bellingham aus. Natürlich nicht. Ein Treffer des ehemaligen Dortmunders, dazu noch seine Jubelpose, viel sinnbildlicher ging es doch gar nicht für diese königliche Saison. Für die ganze Saison?

Sein 2:0 gegen Cadiz, erzielt Anfang Mai, war tatsächlich erst Bellinghams fünftes Tor im Kalenderjahr 2024. Grob nur einen Treffer pro Monat? Begonnen hatte im vergangenen Sommer alles wie 14 Jahre zuvor mit Cristiano Ronaldo - sogar noch besser. Obwohl Bellingham nominell im Mittelfeld spielte, trat er oft mehr wie ein Stürmer auf, traf phasenweise in jedem Spiel. Gerne spät zum Sieg.

Unterbrechungen seit Jahreswechsel: Sperre, Verletzung, Sperre

In den gut vier Monaten zwischen Mitte August und Jahresende schlug der 20-Jährige in 21 Pflichtspielen überragende 17-mal zu (fünf Vorlagen) - eine Bilanz, die er in den gut vier Monaten seither (17 Spiele, fünf Tore, vier Vorlagen) nicht ansatzweise halten konnte. Warum nicht?

Die Rückrunde, in der sich vielmehr Vinicius Junior zu Real Madrids Unterschiedsspieler gemausert hat, lief mitunter holprig für Bellingham. Eine Gelbsperre Ende Januar, eine Knöchelverletzung Mitte Februar, eine Rotsperre nach dem nicht gegebenen Siegtor in Valencia Mitte März. Zauberwort Rhythmus. Es folgten unter anderem zwei Champions-League-Duelle mit Manchester City Mitte April, in denen Bellingham hinter den Erwartungen zurückblieb. Zumindest hinter den öffentlichen.

Ein Teil der Wahrheit hinter der überschaubareren Torausbeute hängt damit zusammen, dass sein Trainer Carlo Ancelotti seit den torreichen Jahreszeiten Sommer und Herbst inzwischen andere Dinge von Bellingham erwartet. Zwei Änderungen in der Grundformation spielen eine Rolle.

In die Saison gestartet war Real, das jahrelang im 4-3-3 angetreten war, nach dem Abgang von Karim Benzema mit der Umstellung auf ein 4-3-1-2. Mit Bellingham als Zehner hinter der Doppelspitze Vinicius Junior und Rodrygo. Doch die Brasilianer brauchten ihre Zeit, um sich ihr voriges Flügelspiel abzugewöhnen - und so stieß Bellingham immer wieder in die Spitze vor, gab den verkappten Mittelstürmer und traf wie verrückt.

Vinicius Junior, Jude Bellingham

Aufgaben-Umverteilung: Vinicius Junior (li.) schoss das entscheidende Tor gegen Leipzig, Bellingham bereitete es vor. IMAGO/NurPhoto

Richtung Winter hatten sich Vinicius und Rodrygo dann an ihre abgeänderten Positionen gewöhnt - und Reals Gegner bald an die abgeänderte Formation mit Schlüsselspieler Bellingham. So stellte Ancelotti auf ein 4-2-2-2 um, der englische Neuzugang kam fortan mehr über links. Die Wege zum Tor wurden weiter - und durch die nun bessere Besetzung der zentralen Räume gewissermaßen überflüssiger.

Weil Rodrygo aber über die linke Seite deutlich besser zur Geltung kommt als über rechts, weil Vinicius Junior durch die Mitte schon im Januar beim 4:1-Supercopa-Sieg gegen Barca erstaunlich gut funktioniert hatte und weil sich sogar Manchester City durch diesen brasilianischen Positionstausch überraschen ließ, hat Ancelotti seine Grundordnung vor ein paar Wochen erneut geändert.

Jude Bellingham

Vinicius zaubert, Bellingham trifft: Reals Bayern-Generalprobe gelingt

alle Videos in der Übersicht

Real stürmt nun meistens im 4-2-3-1. Mit Rodrygo links, mit Bellingham wieder zentraler auf der Zehn - und mit Vinicius ganz vorne. Sodass die Wege zum Tor für Bellingham zwar wieder etwas kürzer sind, sie von ihm aber weiterhin nicht mehr so gefordert werden wie zu Beginn der Saison. Dass sein Expected-Goals-Wert in den 21 Liga- und CL-Spielen 2023 bei 9,8 lag, während er in den 17 Partien seit Jahreswechsel nur noch 3,8 beträgt, unterstreicht diese Entwicklung.

Den xG-Wert übertrifft Bellingham weiterhin

Bellingham kommt in seiner aktuellen Rolle weniger in die Spitze, weniger in die Abschlusssituationen wie noch vor wenigen Monaten. Er ist mehr als Verbinder, als Verteiler, als Arbeiter gegen den Ball gefragt. Auf diese Weise wusste er gegen ManCity zu gefallen. Doch das fällt im Vergleich zu Toren weniger auf.

Die Tore schießen bei Real Madrid aktuell andere. Aber nicht nur. Erst vor zweieinhalb Wochen entschied Bellingham schon zum zweiten Mal den Clasico. Und dann der Treffer gegen Cadiz am Samstag, obwohl sein zusammengerechneter xG-Wert aus den vergangenen sieben Spielen seit der Länderspielpause (zwei Tore) lediglich bei 0,5 liegt. Der Mann mit der Rückennummer 5 übertrifft die Erwartungen eben gerne.

Niklas Baumgart