Bundesliga

Herrlich und der gefährliche Hang zur Passivität

Augsburg: Stark angefangen, stark nachgelassen

Herrlich und der gefährliche Hang zur Passivität

Hatten gegen Hoffenheim in der Endphase einige kritische Momente zu überstehen: Augsburgs Trainer Heiko Herrlich (r.) und Manager Stefan Reuter.

Hatten gegen Hoffenheim in der Endphase einige kritische Momente zu überstehen: Augsburgs Trainer Heiko Herrlich (r.) und Manager Stefan Reuter. picture alliance

Mit nun neun Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz ist Augsburg der große Gewinner des Spieltags in der unteren Tabellenhälfte. "Das war ein Riesenschritt", meinte Trainer Heiko Herrlich und war vor allem mit der ersten Hälfte sehr zufrieden: "Wir waren griffig in den Zweikämpfen, hatten gute Balleroberungen und haben zwei sehr gute Kontertore gemacht."

Warum nicht viel öfter so?

In den ersten 30 Minuten zeigte die Mannschaft, was in ihr steckt, wenn sie aktiv attackiert und zielstrebig nach vorne spielt. Zwei blitzsaubere Konter mit Tempo, Präzision und beeindruckender Effizienz brachten eine frühe 2:0-Führung. Wer den FCA in dieser Saison schon häufiger beobachtet hatte, konnte sich die Frage stellen: Warum nicht viel öfter so?

Doch schon in den Minuten vor der Pause ließ der FCA nach und verlor mehr und mehr den Zugriff auf die Partie, nach Wiederanpfiff setzte sich diese Tendenz fort: "Die zweite Hälfte war nicht gut", gab Herrlich unumwunden zu und ließ eine lange Mängelliste folgen: "Wir haben die Konter nicht gut ausgespielt, hatten keine gefährliche Aktion mehr in der gegnerischen Hälfte. Wir haben uns aufs Verteidigen beschränkt und hatten wieder viele einfache Ballverluste. Es war klar, dass irgendwann der Anschlusstreffer kommen wird."

Herrlich: "Werden den Finger in die Wunde legen"

Dieser Hang zur Passivität ist beim FCA ein altbekanntes Muster und kostete in dieser Saison schon etliche Punkte, etwa in Bremen (0:2) oder bei Hertha (1:2). Ein passendes Gegenmittel fanden Herrlich und die Spieler auch dieses Mal nicht. "Wir werden die zweite Halbzeit ausreichend analysieren und den Finger in die Wunde legen", kündigte der Coach an.

Gegen Hofffenheim war Herrlich zur Halbzeit zu zwei Wechseln gezwungen: Matchwinner Ruben Vargas (Magen-Darm) war völlig platt, Rechtsverteidiger Raphael Framberger hatte in einem Kopfballduell einen Schlag abbekommen und klagte über Schwindel. "Es war problematisch, dass wir mit Vargas und Framberger zwei extrem schnelle Spieler, die auch für Entlastung sorgen können, nicht mehr auf dem Platz hatten", analysierte Manager Stefan Reuter. Zumal die Einwechslungen den Tempoverlust nicht kompensierten, Mads Pedersen erwies sich als Schwachpunkt, Michael Gregoritsch als wirkungslos. Weil Florian Niederlechner (Bauchmuskelverletzung) fehlte, Laszlo Benes (Infekt) geschwächt und Alfred Finnbogason noch nicht wirklich fit war, fehlten offensive Optionen. Dem schnellen Noah Sarenren Bazee traute Herrlich einen längeren Einsatz mangels Spielpraxis offenbar nicht zu.

Umstellung auf Dreierkette - "War vollkommen richtig"

Stattdessen nahm der Trainer nach gut einer Stunde Marco Richter vom Platz ("Er hatte sich ausgepowert") und brachte mit Reece Oxford einen dritten Innenverteidiger. Die Umstellung auf Dreierkette, die Herrlich bei Führung in der zweiten Hälfte häufig praktiziert, hatte ein noch stärkeres Einigeln zur Folge - auch wenn sie nicht so gedacht war. "Die Umstellung war vollkommen richtig, um unseren Außenspielern die Möglichkeit zu geben, mehr Druck auszuüben, um Flanken zu verhindern. Das haben sie nicht so gemacht, wie der Trainer es sich versprochen hat", erklärte Reuter. Statt höher zu attackieren, zogen sich die Augsburger noch weiter zurück. Hoffenheimer Dominanz in der Augsburger Hälfte war die Folge, der FCA schoss nach der Pause gar nicht mehr aufs Tor. Weil die TSG im Angriff Präzision und Esprit vermissen ließ und weil das Augsburger Defensivzentrum um Felix Uduokhai und Jeffrey Gouweleeuw höchst aufmerksam verteidigte, passierte trotzdem lange nichts. Das 2:1 fiel erst spät, nur in den Schlussminuten musste Augsburg etwas zittern. Der gefährliche Hang zur Passivität wurde diesmal nicht bestraft.

David Bernreuther

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