Bundesliga

Gerardo Seoane erklärt das neue Bayer Leverkusen

Leverkusens Trainer attestiert nicht nur seinen Profis eine Entwicklung

Griffigkeit, Effizienz, Resistenz: Seoane erklärt das neue Bayer

Hat seine Mannschaft stabilisiert: Gerardo Seoane.

Hat seine Mannschaft stabilisiert: Gerardo Seoane. imago images/Eibner

Zweimal nacheinander fünf eigene Treffer - das hatte es bis zum Sonntag für Bayer 04 noch nie in der Bundesliga gegeben. Die Gründe dafür, warum Leverkusen beim 5:2-Triumph in Dortmund wie zuvor beim 5:1 gegen den FC Augsburg so effizient auftrat, sieht der seit dem Sommer für die Werkself verantwortliche Gerardo Seoane allerdings nicht allein in der Offensivarbeit.

Vielmehr spricht der Schweizer von einem Zusammenhang zwischen einer aggressiven, griffigen Grundeinstellung und einer größeren Entschlossenheit und Dynamik nach vorne. "Da besteht eine Abhängigkeit", erklärt Seoane, der zudem darauf verweist, dass man zuletzt "immer wieder Schnellangriffe, Angriffe nach Balleroberungen", trainiert habe. Außerdem betont er nach drei Siegen in Serie: "Das Selbstvertrauen ist auch ein wichtiger Punkt. Das hilft auch bei der Chancenverwertung."

Lehren aus Köln, Frankfurt und Hoffenheim gezogen

An der neuen Kompaktheit in der Defensive, zu der die Offensivkräfte nun geschlossener konsequenter beitragen, sowie an den in Dortmund zelebrierten Abläufen in der Offensive kann man im Training gezielt schrauben. Zur dritten hinzugewonnenen Kompetenz der Werkself, der zuletzt dreimal bewiesenen erhöhten Resistenz nach Gegentreffern, war der Weg allerdings ein längerer und vor allem schmerzhafterer.

"Der wichtigste Punkt sind die Erfahrungen, die wir gemacht haben. Die Erlebnisse, die zu dem Zeitpunkt sicherlich ärgerlich waren", verweist Seoane auf die Hinrundenspiele in Köln (2:2), Frankfurt (2:5) und gegen Hoffenheim (2:2), bei denen seine Mannschaft jeweils erst eine 2:0-Führung zum Teil glänzend erspielte, dann aber nach dem ersten Gegentreffer den Faden und dann auch sicher geglaubte Punkte verlor.

Diese Tiefschläge waren die Ansatzpunkte für Seoane und sein Trainerteam. "Das war jedes Mal ein Punkt, den wir bearbeitet haben", erklärt er, "wir haben unter Einbeziehung der Mannschaft versucht, eine Strategie für uns herauszuarbeiten: Welche Möglichkeiten gibt es, wenn es schwierig wird?"

Da haben wir 20 Minuten Harakiri gespielt.

Gerardo Seoane

Der Problem-Mechanismus war eindeutig: die junge Mannschaft erleidet durch ein Gegentor einen emotionalen Schlag. Die folgende Frustration führt aufgrund mangelnder Emotionskontrolle zu einem Bruch im Spiel. Ein Effekt, der beim 2:2 gegen Union Berlin zum Rückrundenauftakt nochmal aufgetreten war. "Da haben wir 20 Minuten Harakiri gespielt", erinnert sich der Trainer, "nach diesem Spiel wurde das explizit nochmal thematisiert."

Eine Achse aus sechs Spielern

Diesem Phänomen des Kontrollverlustes hat Seoane mit zwei klaren Anweisungen entgegengewirkt: "Das Wichtigste ist, wieder zum Einfachen zu kommen, Kompaktheit herstellen. Und da ist es ganz wichtig, dass gewisse Spieler Verantwortung übernehmen. Dass sie sagen: Jetzt wird das, das und das gemacht", erklärt der Trainer mit Verweis auf seine Achsenspieler Hradecky, Tah, Andrich, Demirbay, Aranguiz und Schick.

Der zweite Anker, den Seoane seinen Profis für die ersten Minuten nach einem Gegentor anbot, ist, "dass wir uns auf unsere Stärken besinnen. Das hat mir in Dortmund nach dem zweiten Gegentor gefallen. Da haben wir gleich wieder in die Tiefe gespielt. Diese Grundhaltung ist wichtig: Flucht nach vorne, wieder angreifen, den aktiven Modus."

Auch das Trainerteam hat dazugelernt

Diese Reaktion habe man im Training versucht zu schulen, indem man durch Wettbewerbe solche Situationen provozierte, "aber entscheidend war, dass wir das erleben mussten und daraus unsere Schlüsse gezogen haben", weiß Seoane, der nach dem schnellen Dortmunder Ausgleich zum 1:1 am Sonntag spürte, wie sein Team das Schadensbehebungsprogramm bewusst abarbeitete.

"In dem Moment hatte ich das Gefühl, dass wir alle eins sind, Staff und Mannschaft. Und dass wir sensibilisiert sind: Wir bekommen ein Tor - was wollen wir? Und dass unser Coaching dann auch in diese Richtung geht, unserer Mannschaft zu helfen", sagt der 43-Jährige, der auch bei sich und seinen Assistenten einen Entwicklungsschritt feststellt: "Wir haben auch als Trainer aus diesem Prozess gelernt. Jetzt wissen wir, was diese Mannschaft in diesem Moment vielleicht ein bisschen mehr braucht."

Stephan von Nocks

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