Bundesliga

Gefährliche Frankfurter Standardschwäche - 217 Ecken in Folge ohne Tor

Hinteregger ist der Rekordhalter mit acht Toren nach Eckbällen

Gefährliche Frankfurter Standardschwäche - 217 Ecken in Folge ohne Tor

Frankfurts Fares Chaibi beim Eckball.

Frankfurts Fares Chaibi beim Eckball. IMAGO/HMB-Media

Vielleicht sollte Trainer Dino Toppmöller mit seiner Mannschaft demnächst mal eine Bildungsreise nach Sirnitz unternehmen. Das Dorf in Kärnten ist die Heimat von Martin Hinteregger. Seit dem Ende seiner Profikarriere im Sommer 2022 schnürt der 31-Jährige die Fußballschuhe für den örtlichen Amateurverein. Eine Rückkehr zu den Wurzeln.

Hinteregger sorgte für einen Bundesliga-Rekord bei Eckbällen

Der Österreicher könnte ein paar Ratschläge auf Lager haben, wie man bei Standardsituationen mehr Torgefährlichkeit entwickelt. In der Saison 2019/20 hat der frühere Frankfurter Publikumsliebling Erstaunliches vollbracht: Acht Tore erzielte der Verteidiger nach Eckbällen. Das ist der Bundesligarekord, seit diese Statistik erfasst wird (2004/05). Insgesamt erzielte die SGE in jener Spielzeit 13 Treffer nach Ecken - ein bärenstarker Wert. Das schaffte sonst nur Werder Bremen einmal (2004/05).

Längst kann der Gegner entspannt durchatmen, wenn die Eintracht einen Eckball bekommt. Das letzte Frankfurter Tor nach einer Ecke liegt über 15 Monate zurück, Ansgar Knauff traf zum 2:1-Sieg in Augsburg am 13. Spieltag 2022/23. Damals kam der Ball über Umwege zu Joker Knauff. Keine der folgenden 217 Ecken mündete in einen Torerfolg der Hessen. Unmittelbar nach der Ausführung einer Ecke traf die SGE letztmals am 11. Spieltag 2022/23: Eric Junior Dina Ebimbe köpfte den Ball nach einer Ecke von Christopher Lenz ins Netz.

Lediglich in den anderen Wettbewerben erzielte die Eintracht gegen die unterklassigen Gegner Aberdeen, Helsinki und Viktoria Köln Tore nach Ecken. Historisch betrachtet ist nur Bielefeld schlechter. Die Arminia blieb in der Bundesliga mal 245 Ecken in Folge ohne Erfolgserlebnis, allerdings wurde diese Serie von einer längeren Zeit in der 2. Liga unterbrochen.

Nur 11,1 Prozent der Tore fallen nach Standards

Auch insgesamt ist die Eintracht nach ruhenden Bällen außergewöhnlich harmlos. Sie erzielte nur 11,1 Prozent ihrer 36 Saisontore nach Standards - Liga-Tiefstwert. Seit Erfassung der Statistik war Frankfurt noch nie so schwach. Der Schnitt liegt in dieser Saison bei 32,8 Prozent, an der Spitze tummeln sich Köln (56,3 Prozent), Freiburg (53,3 Prozent) und Mainz (50,0 Prozent). Den höchsten Anteil an Standardtoren verzeichnete die SGE 2006/07 mit 45,7 Prozent. In absoluten Zahlen erzielte sie 2020/21 die meisten Treffer nach ruhenden Bällen (24).

"Es ist nicht zufriedenstellend, wenn du in der Bundesliga nach so vielen Eckbällen hintereinander keine Tore erzielst. Es würde uns sehr weiterhelfen, wenn wir auch mit Standardsituationen mal diese - in Anführungszeichen - simplen Tore erzielen könnten", sagt Toppmöller. Um besser zu werden, komme es auf die richtige Mischung aus "einem guten Schützen und Spielern an, die den unbedingten Willen haben, in den Ball reinzugehen und Tore zu machen". Und das Quäntchen Glück.

Ekitiké ist trotz seiner Größe kein Kopfballungeheuer

In Fares Chaibi gibt es einen versierten Schützen. Der 21-Jährige bringt viele Bälle scharf in den Strafraum. Doch seit Hrvoje Smolcics Tor in Bremen am 11. Spieltag traf die Eintracht nicht mehr nach einem ruhenden Ball; die jüngsten 19 Tore fielen alle aus dem Spiel heraus. Allen voran die Verteidiger Robin Koch (1,92 Meter), Willian Pacho (1,88 Meter) und Tuta (1,85 Meter) sind gefragt, dieses Manko zu beheben. Perspektivisch sollte es auch das Ziel sein, den schmächtigen Hugo Larsson (1,87 Meter) zu einem kopfballstarken Mittelfeldspieler aufzubauen.

Sasa Kalajdzic wäre mit seinen zwei Metern Körpergröße ebenfalls prädestiniert gewesen, sich bei Standards in die Lüfte zu schrauben. Der ausgeliehene Angreifer steht nach seiner schweren Verletzung (Kreuzbandriss) in dieser Saison jedoch nicht mehr zur Verfügung. Omar Marmoush ist mit seinen 1,77 Metern naturgemäß kein Kopfballungeheuer. Auch Neuzugang Hugo Ekitiké gilt trotz seiner stattlichen 1,89 Meter nicht als neuer Horst Hrubesch. Seine 13 Tore in der Ligue 1 erzielte er alle per Fuß: zwei mit links, elf mit rechts.

Vielleicht platzt am Samstag in Heidenheim der Knoten. Der Aufsteiger kassierte schon 16 Gegentore nach ruhenden Bällen, das ist zusammen mit Bochum, Augsburg und Gladbach der Ligahöchstwert. Allerdings ist Heidenheim auch eines der gefährlichsten Teams nach Standards (15 Tore) - allen voran bei den gefährlichen Ecken und Freistößen von Jan-Niklas Beste (7 Tore, 10 Assists) müssen die Hessen auf der Hut sein. Wegen muskulärer Probleme ist der Einsatz des Heidenheimer Top-Scorers allerdings offen.

Dieser Artikel erschien in leicht veränderter Form erstmals in der kicker-Ausgabe vom 22. Februar 2024.

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