Europa League

Freiburg: An die selbst erarbeiteten Grenzen gestoßen

Vielspieler Lienhart fehlt wohl auch gegen Köln

Freiburg: An die selbst erarbeiteten Grenzen gestoßen

Christian Streich dachte nach der Niederlage bei West Ham schon an das Bundesligaspiel gegen Köln.

Christian Streich dachte nach der Niederlage bei West Ham schon an das Bundesligaspiel gegen Köln. IMAGO/Shutterstock

Aus London berichtet Carsten Schröter-Lorenz

"Direkt voll dagegenhalten und West Ham die Stirn bieten". Das wollte Streich von seiner Mannschaft im Kampf um das direkte Achtelfinal-Ticket sehen. Stattdessen musste Freiburgs Trainer am Donnerstagabend im Londoner Olympiastadion eine ähnlich schwache Anfangsphase wie im Hinspiel (1:2) beobachten.

Im Spiel nach vorne fehlten Mut, Genauigkeit und Entschlossenheit, in der Defensive Griffigkeit, Aggressivität und Präsenz in den Zweikämpfen. Bei den Hammers bewahrheitete sich zudem Streichs Befürchtung nach deren 0:5-Klatsche im London-Derby beim FC Fulham: "Es war klar, dass West Ham sehr, sehr konzentriert auftreten wird." Beides zusammen ergab eine fatale Mischung für den SC.

Wir müssen sagen, dass West Ham die bessere Mannschaft war und wir verdient verloren haben.

Christian Streich

Streich erwähnte in seiner Analyse "taktische Fehler im Anlaufen in der 4-2-3-1-Formation" sowie individuelle vor den Gegentoren. "Jordy Makengo spielt auf Abseits vor dem 0:1. Vor dem 0:2 kriegt der Max (Eggestein, Anm. d. Red.) die innere Linie nicht zu." Zudem sei man eben im eigenen Passspiel im Angriffsdrittel "nicht gut genug" gewesen.

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Streichs Resümee fiel trocken wie treffend aus: "Wir müssen sagen, dass West Ham die bessere Mannschaft war und wir verdient verloren haben." Dabei musste das Team von David Moyes nicht einmal eine hochdominante Vorstellung mit vielen Torchancen aufbieten. Präsenz, Fokussierung und präzise Nadelstiche reichten für die 2:0-Führung vor der Pause, die dem Spiel den Stecker zog.

Makengo bezahlte vor allem zu Beginn Lehrgeld

Das SC-Team befand sich schlicht nicht auf der in dieser Partie geforderten Höhe. Zu Beginn musste besonders Makengo Lehrgeld zahlen. Vor Lucas Paquetas Lattenschuss machte er Mohammed Kudus das Vorbeikommen zu leicht, ließ den ghanaischen Nationalspieler vor dessen Führungstor dann zu einfach ziehen, kombiniert mit der erfolglosen Abseitsspekulation.

Streich bestätigte zwar das Fehlverhalten, wollte Makengo aber nicht weiter kritisieren, sondern verwies darauf, dass dieser erst im Sommer aus der eigenen Drittliga-Mannschaft befördert wurde und vor Kurzem seine ersten Profieinsätze absolviert habe: "Jordy hat jetzt vier Spiele hintereinander von Anfang an gemacht, ich bin grundsätzlich total zufrieden mit ihm."

Streich lobt die individuelle Qualität von West Ham

Der 22-jährige Franzose stieß gegen diesen Gegner, wie seine Teamkollegen, schlicht an Grenzen. "Es ist nicht ganz einfach gegen solche Fußballer die Räume zuzukriegen", verwies Streich auf die individuell höhere Qualität des Gegners: "Wenn wir uns nicht auf dem absolut höchsten Level bewegen und in einen Flow kommen - dann gewinnt West Ham."

Die SC-Profis haben es sich durch ihre zwei außergewöhnlich guten Saisons in der Bundesliga allerdings selbst erarbeitet, gegen solche Kaliber in Pflichtspielen antreten zu dürfen. Der am Ball so starke und dynamische Lucas Paqueta kostete West Ham im Sommer 2022 43 Millionen Euro und erzielte in 42 Länderspiele für brasilianische Nationalmannschaft neun Tore. Sein Marktwert ist seit seinem Wechsel noch deutlich gestiegen. Für Sechser Edson Alvarez, der auch beim BVB heiß gehandelt wurde, überwiesen die Hammers vergangenen Sommer 38 Millionen Euro an Ajax Amsterdam. 

Gegen Spieler wie diese kann man dann eben auch mal alt aussehen. Besonders Alvarez machte mit seinem Chipball-Assist vor dem 1:0 sowie seinem initiierten Doppelpass mit Jarod Bowen vor seinem Tor zum 2:0 den Unterschied in dieser Partie.

In den Play-offs könnte Freiburg unter anderem auf Milan oder Benfica treffen

Starker Trost für den Sport-Club: Er stand schon vor dem Duell mit West Ham sicher in den Play-offs der Europa League im Februar. Die internationale Reise geht also wie vorige Saison in die Verlängerung - selbst erarbeitet durch vier beachtliche Siege in der Gruppenphase, unter anderem zwei gegen den gut besetzten griechischen Rekordmeister Olympiakos Piräus. Am Montag (ab 13 Uhr) wird in Nyon der Gegner ausgelost. Infrage kommen die acht drittplatzierten Teams aus den Champions-League-Gruppen. Darunter schillernde Großklubs wie der AC Mailand, Benfica Lissabon oder Galatasaray Istanbul.

"Ich bin enttäuscht, aber nicht ganz so sehr", sagte dann auch Streich und war mit dem Kopf schon beim komplizierten Ligaspiel am Sonntag gegen abstiegsbedrohte Kölner. In dieser Partie braucht es mindestens wieder mehr Präsenz in der Defensive, um erfolgreich sein zu können. Auf Philipp Lienharts große Qualität in diesem Bereich muss der SC aber wohl ein weiteres Mal verzichten.

Der Innenverteidiger fehlte in London wegen muskulärer Probleme. "Er ist vor zwei Tagen aufgewacht und hatte Adduktorenprobleme. Das ist kein Wunder bei diesen vielen Spielen, die er gemacht hat. Er war auch jedes Mal für Österreichs Nationalteam im Einsatz", erklärte Streich. Allerspätestens im Februar dürfte Lienhart wieder dabei sein, wenn sich der SC an der Bewältigung des nächsten Großkalibers versuchen darf.