Bundesliga

Frankfurts NLZ-Boss Richter: "Der wichtigste Schlüssel ist die Qualität der Nachwuchstrainer"

Durststrecke im Nachwuchs - Das U-21-Team ist "Gold wert"

Frankfurts NLZ-Boss Richter: "Der wichtigste Schlüssel ist die Qualität der Nachwuchstrainer"

Hofft auf Nachwuchsspieler, die den Sprung in die Bundesliga schaffen: Frankfurts NLZ-Leiter Alexander Richter.

Hofft auf Nachwuchsspieler, die den Sprung in die Bundesliga schaffen: Frankfurts NLZ-Leiter Alexander Richter. IMAGO/Hartenfelser

Es war eine tolle Geschichte, als Aymen Barkok (25) am 20. November 2016 die Bühne Bundesliga betrat und in Bremen mit einem herrlichen Schlenzer zum 2:1-Sieg traf. Endlich mal wieder ein Frankfurter Bub, Marke Straßenkicker, das ließ die Herzen der Fans höherschlagen. Richtig durchsetzen konnte sich der offensive Mittelfeldspieler allerdings nie, mittlerweile spielt er in Mainz. Mit Barkok ist eine bittere Wahrheit verbunden: Kein anderer SGE-Nachwuchsspieler schaffte seither den Sprung in die Bundesliga, sieht man einmal davon ab, dass beispielsweise Dario Gebuhr (20) in der vergangenen Saison einmal kurz aufs Feld durfte, weil die personelle Not groß war.

Bekannte Namen wie Andreas Möller (55), Marco Pezzaiuoli (54) oder Thomas Broich (42) arbeiteten in den vergangenen Jahren in verschiedener Funktion am Riederwald, Erfolge in Form von ausgebildeten Bundesligaspielern blieben jedoch aus. Das ist auch aus wirtschaftlicher Sicht eine schmerzhafte Erkenntnis.

Laut Jahresabschluss der Eintracht Frankfurt Fußball AG zum Geschäftsjahr 2021 wendete der Klub für das Nachwuchsleistungszentrum 4,998 Millionen Euro auf (2020: 4,956 Millionen Euro). Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Talente wie Paxten Aaronson (19, Philadelphia) oder Hugo Larsson (18, Malmö) holte Sportvorstand Markus Krösche für viel Geld aus dem Ausland. Dieser Weg erscheint aktuell alternativlos, mittelfristig muss es aber das Ziel sein, zusätzlich auch hochbegabte Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in der Bundesliga zu etablieren.

Mit Hire-and-Fire-Mentalität kein erfolgreicher Nachwuchs

Die personelle Diskontinuität im Nachwuchsmanagement setzte sich auch an diesem Mittwoch fort, als die Trennung vom Frankfurter Ex-Profi Patrick Ochs, Sportlicher Leiter der Jahrgänge U 16 bis U 21, bekanntgegeben wurde. Mit der Hire-and-Fire-Mentalität, die seit Jahren Bestand hat, wird es schwierig werden, einen erfolgreichen Nachwuchs auf die Beine zu stellen. Gleichwohl ist es richtig und logisch, dem im Frühjahr 2022 vom VfL Bochum abgeworbenen NLZ-Leiter Richter die Möglichkeit zu geben, seine (personellen) Vorstellungen umzusetzen. Die große Fluktuation sollte aber in nicht allzu ferner Zukunft ein Ende finden.

Eintracht Frankfurt U 21

Trainingsauftakt in Dreieich: Die U 21 von Eintracht Frankfurt will nach dem Regionalliga-Aufstieg die Klasse halten. IMAGO/Hartenfelser

Was seit Jahren viele Beobachter erstaunt, sind die teils erheblichen technischen Defizite der Talente aus dem NLZ. Wenn etwa in Länderspielpausen der Profikader im Training von einigen Nachwuchskräften aufgefüllt wird, fällt auf, dass teils selbst simple Grundlagen wie ein sauberes Passspiel fehlen. Da springt der Ball gerne mal, als sei ein Frosch hineingeklettert.

Richter moniert "viel zu schlechte Ausbildung" im deutschen Nachwuchsfußball

Richter streitet das nicht ab, als ihn der kicker am Mittwoch in einer Medienrunde am Rande des U-21-Trainings darauf anspricht. Er sieht ein generelles Problem im deutschen Nachwuchsfußball und moniert eine "viel zu schlechte Ausbildung durch alle Jahrgänge hindurch". Natürlich gebe es auch Talente, bei denen Körper und Ball eins seien, doch dabei handele es sich um Ausnahmen. Auf die grundlegende Schulung der Technik müsse ab der U 15, U 16 eine positionsspezifische folgen. "Einem rechten Verteidiger muss man die Technik beibringen, die er als rechter Verteidiger braucht", sagt Richter.

Er gibt den Trainern vor, jahrgangsübergreifend in jedem Training etwa 30 Minuten besonderen Wert auf Technik zu legen. "Bis zum Karriereende muss immer Technik trainiert werden. Das ist ein bisschen untergegangen in den letzten Jahren", konstatiert Richter. Umsetzen müssen das die Trainer. "Der wichtigste Schlüssel in einem NLZ ist die Qualität der Nachwuchstrainer", betont Richter, "die müssen vernünftig korrigieren und es den Jungs beibringen." So wie der frühere Frankfurter Mittelfeldzauberer Erwin Skela (46), der im Eintracht-Nachwuchs als Techniktrainer eingebunden ist.

Auf dem Platz soll man erkennen können: Das ist eine Eintracht-Mannschaft. Die spielen offensiven Fußball, kämpfen um jeden Zentimeter Boden, sind dabei ehrlich und transparent, gehen mit den Leuten vernünftig um.

NLZ-Leiter Alexander Richter

Die Fußball-Philosophie der Nachwuchsmannschaften soll einheitlich sein. Das freilich betonten auch Richters Vorgänger. "Wir wollen zielorientierten Ballbesitzfußball spielen", sagt der NLZ-Boss, und meint damit, dass der Ball nicht einfach nur zwischen den Innenverteidigern hin und her pendeln soll. "Wir wollen immer nach vorne spielen und ins Gegenpressing gehen, wenn wir den Ball verlieren. Mit einer hohen Ballbesitzquote wollen wir das Spiel selbst kreieren", erklärt der 52-Jährige und führt weiter aus: "Auf dem Platz soll man erkennen können: Das ist eine Eintracht-Mannschaft. Die spielen offensiven Fußball, kämpfen um jeden Zentimeter Boden, sind dabei ehrlich und transparent, gehen mit den Leuten vernünftig um." Das Fordern von Gelben Karten für den Gegner müsse "überhaupt nicht sein".

Was Richter über die Nachwuchsarbeit sagt, klingt vernünftig. Ob er mit seinen Ideen und Plänen Erfolg hat, wird man allerdings erst in einigen Jahren seriös beurteilen können. Kurzfristige Erfolge gibt es im Jugendfußball nicht. Was ihm die Arbeit gewiss erleichtert, ist die Wiedereinführung der zweiten Mannschaft. "Das ist Gold wert", bekräftigt Richter. Von den 56 Klubs mit einem NLZ unterhalte nur noch etwa die Hälfte eine zweite Mannschaft: "Das führt dazu, dass die Spieler in die Verbandsliga, Hessenliga, Westfalenliga und so weiter gehen müssen." Statt unter professionellen Bedingungen in der jeweiligen U 21 weiter ausgebildet zu werden.

Regionalligamannschaft als entscheidender Zwischenschritt

Die noch unter dem früheren Vorstandsboss Heribert Bruchhagen beschlossene Abmeldung der zweiten Mannschaft zur Saison 2014/15 erwies sich vorhersehbar als gravierender Fehler, den erst Krösche korrigierte. Vor einem Jahr startete die zweite Mannschaft der Hessen in der 5. Liga - und stieg prompt in die Regionalliga auf.

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Dort wird die U 21 nicht nur auf deutlich höherem Niveau gefordert sein, es stehen auch attraktive Derbys gegen Kickers Offenbach und den FSV Frankfurt vor der Tür. Unklar ist, wo diese Partien stattfinden werden. Speziell das Heimspiel gegen die Kickers ist ein Hochrisikospiel. Denkbar wäre ein Ausweichen ins FSV-Stadion am Bornheimer Hang. Die normalen Regionalligaspiele finden wie gewohnt in Dreieich statt.

Da nur die wenigsten Talente den Sprung aus der U 19 in die Bundesliga direkt schaffen, kann die Regionalligamannschaft der entscheidende Zwischenschritt auf dem Weg zum Profi sein. Da muss man nur zur Talenthochburg in Freiburg schauen, wo etliche Bundesligaspieler einst den Weg über die zweite Mannschaft gingen.

Die jungen Wilden müssen es in der Regionalliga selber richten

"Wir wollen die Liga halten. Es wäre schön, wenn wir nicht so viel mit dem Abstieg zu tun hätten", gibt Richter als Ziel für den am Montag in die Vorbereitung gestarteten Aufsteiger aus. U-21-Trainer Kristjan Glibo sagt: "Das Niveau ist viel höher. Du musst viel aggressiver, wacher, athletischer sein. Fehler werden schneller bestraft." Seine Mannschaft solle weiterhin offensiv spielen, allerdings komme es angesichts der stärkeren Gegner noch mehr auf die richtige Balance an. "Du musst stabil stehen, das ist das Fundament - und dann dein Spiel durchziehen."

Auf Unterstützung von Eintracht-Profis aus der Bundesliga muss er voraussichtlich verzichten. "In Bochum habe ich es erlebt, dass die jungen Spieler gar nicht mehr spielen konnten, weil acht oder neun Profis heruntergeschickt wurden", erinnert sich Richter. Das würde die Entwicklung der Talente blockieren. Zwar dürfen in zweiten Mannschaften maximal drei Ü-23-Spieler auf dem Feld stehen, bei jüngeren Profis gibt es aber keine Begrenzung. Wer in der Bundesliga nicht zum Einsatz kommt, wird sich - bis auf Ausnahmen - auch in der Regionalliga keine Spielpraxis holen können. Die jungen Wilden müssen es gegen Offenbach, Kassel und Co. schon selber richten.

Julian Franzke

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