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"Familie" Hansa eFootball: Identifikation als Schlüssel

"Wir sind mit Herz und Seele dabei"

"Familie" Hansa eFootball: Identifikation als Schlüssel

Hansa Rostock machte auch beim VBL Club Championship-Finale auf sich aufmerksam.

Hansa Rostock machte auch beim VBL Club Championship-Finale auf sich aufmerksam. DFL

RB Leipzig war der große Sieger des Final-Wochenendes der Virtual Bundesliga (VBL) Club Championship by bevestor, Top-Talent Anders 'Anders' Vejrgang lieferte sicherlich die Bilder der Endrunde. Die Geschichte des Finales schrieb aber wohl ein anderer Klub: Hansa Rostock ist die Überraschung der Saison.

Die Norddeutschen scheiterten erst im Halbfinale am späteren Meister aus Leipzig, zunächst hatten sie ihre Gruppe als Erstplatzierter abgeschlossen. Schon Wochen zuvor war Hansa als Staffelsieger aus der Division Nord-West hervorgegangen - vor etablierten Größen wie dem Hamburger SV, dem SV Werder Bremen oder dem FC St. Pauli.

Fantum als "Alleinstellungsmerkmal"

Levy Finn 'levyfinn' Rieck und Henning 'FCH_Henning' Wilmbusse waren im Finale einmal mehr über sich hinausgewachsen - so zumindest der Anschein. Denn nach einer Saison voller übertroffener Erwartungen, die nach dem mauen Start mit Platz zehn am zehnten Spieltag stetig besser wurde, sollte sich niemand mehr gewundert haben.

Die Rostocker durften im Zuge ihres Zweitliga-Aufstiegs im vergangenen Sommer nach neun Jahren der Drittklassigkeit erstmals an der VBL teilnehmen. Der Verein stellte einen FIFA-Kader aus der Fan-Gemeinschaft zusammen - laut Marketing- und Kommunikationschef Rick Feldmann "ein Alleinstellungsmerkmal in der Szene".

Kader komplett über Online-Turnier

Über ein Online-Turnier unter Hansa-Fans wurden Ende 2020 'levyfinn', 'FCH_Henning', Felix 'Zizou7Zidane' Limbach und Max 'Maxinho_FCH' Ortmann gescoutet. Mit dem eFootball-Projekt wollte Rostock eine junge Zielgruppe erreichen. Dabei sollten nicht nur bestehende Anhänger gebunden, sondern auch neue Fans gewonnen werden.

Der Schlüssel zur Umsetzung dieses Vorhabens lag für Rostock in der Identifikation. "Nur wer selbst hinter dem Verein steht, kann vermitteln, was den FC Hansa ausmacht", meint Feldmann. Bei der Auswahl der Profis spielte auch der Charakter eine wichtige Rolle, die Chemie bei Hansa stimmt. "Wir sind wie eine kleine Familie", fügt Feldmann an.

Erfolgsrezept? "Die Nähe zu Hansa"

Das Wort "Familie" benutzten im Rahmen des VBL Club Championship-Finales auch 'levyfinn', 'FCH_Henning' und Coach Markus Kunze. Letzterer stellte fest, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl bei Hansa eFootball über Freundschaft hinausgehe. Dazu passt, dass Feldmann dem Trainer die Rolle des "großen Bruders" attestiert.

Als Erfolgsrezept macht Kunze "die Nähe zu Hansa" aus, jeder im Team sei "Hansa-Fan durch und durch". Auch FCH_Henning stellte die "Hansa-Verbundenheit" unter allen Aspekten heraus: "Das macht uns so besonders. Wir wollen unseren Herzensverein bestmöglich repräsentieren. Wir sind mit Herz und Seele dabei."

"Viel Lehrgeld" zum Saisonstart

Unter diesen Voraussetzungen begannen die Rostocker ab Mitte Dezember ihren Triumphzug, nachdem Feldmann zufolge "in den ersten Wochen viel Lehrgeld bezahlt" worden sei. Hansa arbeitete sich in Richtung der Play-off-Plätze, anschließend an die Tabellenspitze und letztlich direkt in die Finalrunde.

Das vergangene Wochenende in der Kölner Strassenkicker Base war der verdiente Lohn für eine Debütsaison, die in die VBL-Geschichtsbücher eingehen dürfte. Und satt waren die Hanseaten noch lange nicht: 'levyfinn' und 'FCH_Henning' knüpften nahtlos an die herausragenden Leistungen der Vorwochen an.

Hip Hop für den optimalen Fokus

Die Lokalmatadoren vom 1. FC Köln wurden zum Auftakt in die Gruppenphase mit 5:2 bezwungen, Titelverteidiger 1. FC Heidenheim musste sich danach sogar mit 0:9 geschlagen geben. 'levyfinn' sammelte mit vier Siegen die zweitmeisten Final-Dreier nach Mustafa 'xMusti19' Cankal von Vizemeister FC St. Pauli (5).

Der 19-Jährige hört während seiner Matches gerne Musik als Ritual. "So fühle ich mich, als würde ich bei mir zu Hause sitzen", erklärte er die Maßnahme gegen die Offline-Nervosität. Hip Hop habe 'levyfinn' dafür meistens auf den Ohren, mehrmals war er im Finale sogar beim Mitsingen zu beobachten gewesen.

'FCH_Henning' wiederum hat Coach Kunze gerne beratend um sich, er präferiert die Ruhe, die der erfahrene Streamer und FIFA-Spieler verströmt. Allzu ruhig war es während der Rostocker Partien in Köln übrigens nicht: Der Hansa-Anhang sorgte auf der Holztribüne durch Stampfen und Jubeln für eine beeindruckende Geräuschkulisse.

"Ich weiß, ihr wollt das nicht hören"

Nachdem die Norddeutschen am Sonntag in den beiden Einzeln gegen den FC Ingolstadt einen Fehlstart hingelegt hatten, sicherten 'levyfinn' und 'FCH_Henning' im 2vs2 doch noch den Gruppensieg. Das Meisterziel wollte aber auch nach dem Einzug ins Halbfinale keiner ausgeben - weder 'levyfinn' noch Trainer Kunze.

"Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen. Ich weiß, ihr wollt das nicht hören", gab Rieck zu Protokoll. Generell machten sowohl 'levyfinn' als auch 'FCH_Henning' trotz ihrer erst 19 respektive 17 Jahre einen reflektierten Eindruck. "Es zeichnet uns die gesamte Saison schon aus, dass wir bei allem bodenständig bleiben", sagte 'levyfinn'.

Vom "Fanboy" zum Ebenbürtigen

Dabei hätten die Rostocker allen Grund, ein wenig abzuheben. Von ambitionierten FIFA-Amateuren zu VBL Club Championship-Halbfinalisten in nicht mal einem Jahr - ein steiler Aufstieg. "Man lernt plötzlich die Leute kennen, die man sich vorher angeschaut hat", schwärmte 'levyfinn', der zuvor erklärter "Fanboy" war.

Umut 'RBLZ_UMUT' Gültekin und Fabio 'Fifabio97' Sabbagh habe er am liebsten verfolgt, nun begegnete er ihnen auf Augenhöhe: "Und die kennen einen sogar. Die klopfen einem auf die Schulter und sagen, dass man gut gespielt hätte." Inzwischen dürfte 'levyfinn' selbst einige "Fanboys" um sich geschart haben.

"Wollen immer weiter für Hansa spielen"

Die Rostocker eFootball-Geschichte der vergangenen Monate ist ein Märchen. "Es ist mehr als eine kleine Sensation, auf die wir sehr stolz sind", formulierte es Feldmann. Zu hoffen bleibt nur, dass Hansa auch in der kommenden Saison die Möglichkeit erhält, an das zuletzt Geleistete anzuschließen - es hängt vom realen Fußball ab.

Sollte die Profifußball-Mannschaft aus der 2. Bundesliga absteigen, wäre Rostock kein DFL-Mitglied mehr - und dürfte nicht mehr in der VBL antreten. Derzeit allerdings weist Hansa als Tabellenelfter recht komfortable sechs Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz auf, die Zeichen stehen auf Klassenerhalt.

"Wir hoffen natürlich mit, denn wir wollen immer weiter für Hansa spielen", meinte 'FCH_Henning' zur Situation. Auch Feldmann stellte klar, dass man "den erfolgreichen Weg gemeinsam weitergehen" wolle - schließlich ist trotz der überragenden Premierensaison nach dem Halbfinal-Aus ja tatsächlich noch Luft nach oben.

Niklas Aßfalg

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