Bundesliga

Watzke im Interview: "Es fehlt viel von dem, was Fans süchtig macht"

Watzke: Klartext zum Jahreswechsel

"Es fehlt so viel von dem, was dich als Fan ja auch süchtig macht"

Bezieht im XXL-Interview (kicker-Montagsausgabe) zu zahlreichen Themen Stellung: Hans-Joachim Watzke.

Bezieht im XXL-Interview (kicker-Montagsausgabe) zu zahlreichen Themen Stellung: Hans-Joachim Watzke. imago images

Rund 90 Minuten nimmt sich der Geschäftsführer des BVB Zeit, um ausführlich über die Borussia, vor allem aber auch über das anstrengende abgelaufene Jahr mit all seinen Auswirkungen zu sprechen. Zur Wiederaufnahme nach der kurzen Weihnachtspause gehören auch weiterhin Geisterspiele, was Watzke enorm bewegt: "Mittlerweile deprimiert mich die Atmosphäre von Monat zu Monat mehr. Es fehlt so viel von dem, was dich als Fußballfan ja auch ein Stück weit süchtig macht. Jetzt sitzt du in dieser sterilen Atmosphäre. Mit Abstand, mit Masken. Grauenvoll. Als wir zwischendurch gegen Gladbach und Freiburg jeweils um die 10 000 Zuschauer im Stadion hatten", so Watzke, "hatte ich vor Freude Tränen in den Augen - und viele andere auch. Aber es hilft nicht zu lamentieren …" Seine Hochachtung gilt auch den Mannschaften, "die es schaffen, in dieser Atmosphäre Leistung zu bringen. Man hat nicht das Gefühl, dass das Spiel an sich schlechter geworden ist. Und die TV-Quoten zeigen mehr und mehr, dass der Fußball den Menschen in dieser schwierigen Zeit zumindest ein wenig Ablenkung und Freude schenken kann".

Sobald ich an der Reihe bin und die Möglichkeit habe, mich impfen zu lassen, werde ich es sofort tun.

Die Rückkehr der Zuschauer hängt auch wesentlich mit der seit dem 27. Dezember laufenden Impfkampagne zusammen. "Ich sehe aktuell die Dortmunder Situation und bin deshalb gedämpft optimistisch. Die wenigen Dosen, die es zu Beginn gibt, markieren nicht die Wende. Ich wüsste gerne, was nachkommt", so Watzke. "Ich bin auch sehr, sehr glücklich darüber, dass wir in Deutschland keinen Politiker von der Sorte des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro haben, der den Leuten weismachen will, sie könnten sich durch die Impfung in Kaimane verwandeln. Solche Aussagen sind ein Desaster, selbst wenn sie nicht ganz ernst gemeint sind!" Watzke selbst steht dem Impfen offen gegenüber: "Sobald ich an der Reihe bin und die Möglichkeit habe, mich impfen zu lassen, werde ich es sofort tun. Meine Hoffnung ist, dass das sehr viele Menschen so sehen wie ich. Denn daran führt kein Weg vorbei, um diese Pandemie zu bewältigen und weitere Mutationen des Virus möglichst zu verhindern."

Ich habe nie den Anspruch erhoben, alles richtig zu machen. Ganz bestimmt nicht.

Zahlreiche politische Entscheider haben zuletzt in Sachen Pandemie-Einschätzung Fehler zugegeben, für den BVB-Boss ist das in dieser schwierigen Zeit nur menschlich. "Wer hat denn auch keine Fehler gemacht? Es gab ja keine Blaupause, auf die du dich hättest verlassen können. Ich finde es angenehm, wenn man das auch zugeben kann." Watzke nimmt sich da selbst in Pflicht: "Ich habe nie den Anspruch erhoben, alles richtig zu machen. Ganz bestimmt nicht. Als jemand, der jeden Tag viel entscheiden muss, hatte ich auch nie das Gefühl, dass ich von zehn Entscheidungen neun richtig treffen muss. Das wäre unmenschlich. Ich versuche immer, sieben richtig zu treffen - das wäre schon eine hohe Quote. Aber man sieht das ja auch immer erst mit deutlichem Versatz. Ich habe heute eine klare Sicht auf die Jahre 2010, 2015 und 2017, jedoch noch nicht auf die vergangenen Monate. Grundsätzlich: Fehler zu machen - das ist das Normalste der Welt. Natürlich auch für mich."

Lesen Sie in der kicker-Titelstory der Montagsausgabe darüber hinaus, was Watzke von den europäischen Super-League-Plänen sowie getroffenen und anstehenden Personalentscheidungen bei der DFL und dem DFB hält, was er von BVB-Kapitän Marco Reus und Jadon Sancho erwartet, wie er die Zukunft von Erling Haaland und die Entwicklung von Youssoufa Moukoko einschätzt, was der Abstieg des FC Schalke bedeuten würde und warum er sich gerne mit Karl Lauterbach träfe. Der 61-Jährige erklärt zudem, warum er nicht in die Politik wechseln möchte, wie er über die Taskforce Profifußball und den Einstieg von Investoren denkt und weshalb der Fußball ein Stück weit zu seinen Wurzeln zurückkehren muss (das Interview ist ab 22 Uhr auch digital abrufbar als e-Magazine).

Matthias Dersch

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