Bundesliga

"Eine Tragweite wird erst im Nachgang zu spüren sein"

Stimmen zum geplatzten Investoren-Einstieg

"Eine gewisse Tragweite wird erst im Nachgang zu spüren sein"

Viele Fans hatten sich jüngst bereits gegen einen Investor bei der DFL ausgesprochen - nun kam es so: Eine Mehrheit unter den 36 Klubs wurde nicht gefunden.

Viele Fans hatten sich jüngst bereits gegen einen Investor bei der DFL ausgesprochen - nun kam es so: Eine Mehrheit unter den 36 Klubs wurde nicht gefunden. IMAGO/RHR-Foto

Der Antrag auf den Einstieg eines Investors bei einer Tochtergesellschaft der DFL hatte bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung am Mittwoch in Frankfurt am Main nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit unter den 36 Erst- und Zweitligisten erhalten. Die DFL hatte sich von dem Deal frisches Kapital in Höhe von rund zwei Milliarden Euro versprochen.

So sehen die Reaktionen aus ...

Hans-Joachim Watzke (DFL-Aufsichtsratschef): "Die Ableitung ist für uns, dass der Prozess mit dem heutigen Tag zu Ende ist. Das ist Demokratie. Wir hatten die Hürde selbst gesetzt. Es gab eine klare Mehrheit, aber nicht die, wie wir uns die vorgestellt haben. Ab heute ist das Thema beendet."

Axel Hellmann (DFL-Co-Interimsgeschäftsführer): "Es war der eine oder andere überrascht. Eine gewisse Tragweite wird erst im Nachgang zu spüren sein. Ich habe absoluten Konsens festgestellt, dass Investitionsbedarf besteht. Es ist vom Abstimmungsverhalten und vom Herangehen an so ein Thema erstaunlich. Man kann nicht sagen, dass es Bedarf gibt und dann den Prozess beenden. Mit jedem Jahr, das vergeht, mit jeder Investition, die andere Ligen tätigen, wird es für uns immer schwieriger. Diejenigen, die laut dagegen waren, müssen nun die Frage beantworten, wo in Zukunft Sicherheit und Stabilität für die Bundesliga herkommt."

Oliver Leki (DFL-Co-Interimsgeschäftsführer): "Es ist notwendig, dass so ein Projekt mit einer breiten Mehrheit getragen wird. Warum, wieso, weshalb ist schwer einzuschätzen. Damit ist das Projekt beendet. Was das für die Zukunft an Konsequenzen mit sich bringt, ist einigermaßen zu erahnen, aber noch nicht in die Öffentlichkeit zu bringen. Es besteht definitiv weiter Investitionsbedarf."

Oke Göttlich (Präsident FC St. Pauli und DFL-Präsidiumsmitglied): "Das Ergebnis und die kontroversen Debatten zeigen, dass es noch viel Klärungsbedarf und zu viele offene Fragen gab. Es ist von zentraler Bedeutung, alle Klubs in die Lage zu versetzen, die Tragweite eines solchen Deals nachvollziehen zu können. Dafür fehlte bei dem bisherigen Vorgehen die Zeit und der Raum. Wir müssen erst eine klare Strategie entwickeln, gemeinsam und konstruktiv - und dann können wir diese gezielt finanzieren, um unsere klar definierten Ziele zu erreichen."

Klaus Filbry (Vorsitzender der Geschäftsführung von Werder Bremen): "Wir nehmen zur Kenntnis, dass die Liga nicht die notwendige Zweidrittelmehrheit für diesen Schritt zustande gebracht hat, um den Prozess in die nächste Phase zu bringen. Das sind demokratische Prozesse, die man akzeptieren muss. Die in dem bisherigen Prozess identifizierten Herausforderungen bleiben bestehen, und diese müssen wir nun im 36er-Verbund angehen und zu lösen versuchen."

Alexander Wehrle (Vorstandschef des VfB Stuttgart): "Der Verkauf von Anteilen künftiger Erlöse ist eine Möglichkeit, um Investitionen in die Zukunft zu tätigen. Doch dies muss zielgerichtet und strategisch passieren. Er darf nicht zu einem Risiko für kommende Jahre werden und er darf nicht zur Zementierung einer Verteilungslogik führen, die den Interessen der großen Traditionsklubs und ihrer Fans widerspricht und die wirtschaftliche Schere zwischen den Klubs weiter öffnet, statt sie zu schließen. Wir haben uns auf die Fahnen geschrieben, nach der Corona-Krise wieder näher an die Fans heranzurücken und Fehlentwicklungen der Branche zurückzudrängen. Der vorliegende Antrag wäre in dieser Form auch an diesem Punkt das falsche Signal gewesen. Daher können wir den vorgeschlagenen Weg als VfB Stuttgart nicht unterstützen."

Offensichtlich setzt ein Umdenken ein: Nur mehr Geld alleine löst die Probleme des Fußballs nicht.

Fan-Bündnis "Unsere Kurve"

Jorim Gerrard (Finanzmarktexperte der Bürgerbewegung Finanzwende): "Die DFL-Mitglieder haben sich gegen den Einstieg von Private-Equity-Firmen in die Bundesliga-Vermarktung entschieden - und damit für die Interessen der Fans. Das ist eine sehr gute Nachricht. Die Kommerzialisierung des Fußballs wird damit zwar nicht zurückgedreht, aber eine neue Dimension der Profitorientierung ist damit erfolgreich verhindert. Der Erfolg zeigt außerdem, dass ein Vordringen der Finanzmarkt-Logik in alle Lebensbereiche kein Naturgesetz ist - mit genug Widerstand aus der Zivilgesellschaft lässt sich auch das ganz große Geld aufhalten."

Der Verein Finanzwende hatte vor Beginn der Versammlung gegen den Investoren-Einstieg protestiert. Einige Mitglieder hatten am Mittwoch in einem Frankfurter Flughafenhotel eine entsprechende Petition mit über 9000 Unterschriften übergeben.

Fan-Bündnis "Unsere Kurve": "Fans haben zusammen mit den Klubs Widerstand geleistet, wir freuen uns über diesen gemeinsamen Erfolg. Das Ergebnis zeigt: Transparenz ist in diesen Prozessen essenziell. Hinterzimmer-Politik wird zum Bumerang und Fragen müssen beantwortet werden. Offensichtlich setzt ein Umdenken ein: Nur mehr Geld alleine löst die Probleme des Fußballs nicht."

Philip Krämer (Mitglied des Bundestages und stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses, Bündnis 90/Die Grünen): "Es zeigt sich mal wieder, dass die Spitzen des deutschen Fußballs nicht verstanden haben, dass ein auf Augenhöhe stattfindender Dialog mit den Fans essenziell ist. Man kann unterschiedlicher Meinung sein, ob der Einstieg eines Investors in die Deutsche Fußball Liga grundsätzlich möglich sein sollte oder nicht. Allerdings ist es der DFL schlicht nicht gelungen, zu erklären, welchen Vorteil dies neben rein kommerziellen Interessen hat."

sid, mag

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