WM

Ein "Ausrufezeichen", auf dem sich aufbauen lässt

DFB-Elf ordnet das 6:0 gegen Marokko realistisch ein

Ein "Ausrufezeichen", auf dem sich aufbauen lässt

Jule Brand (links) wird von Lina Magull geherzt.

Jule Brand (links) wird von Lina Magull geherzt. picture alliance / BEAUTIFUL SPORTS/Jones

Von der WM in Australien berichtet Jim Decker

Der Europameister England mühte sich zu einem 1:0 gegen Haiti. Kanada spielte nur 0:0 gegen Nigeria. Und auch Frankreich kam nicht über ein torloses Remis gegen Jamaika hinaus. So mancher Favorit tat sich in der ersten Spielrunde der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland gegen vermeintliches sportliches Kanonenfutter richtig schwer. Deutschland dagegen wischte mit Marokko beim 6:0 das Rectangular Stadium in Melbourne aus.

"Es war extrem wichtig, so zu starten", sagt die überragende Doppeltorschützin Alexandra Popp.  Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg lobt: "Wir sind bei uns geblieben, haben die ganzen Widerstände und Herausforderungen angenommen. Wir glauben einfach an uns." Und Außenstürmerin Jule Brand, mit die aktivste Spielerin auf dem Platz schwärmt: "Das erste Spiel darf man nicht zu hoch ansetzen, aber es war ein Ausrufezeichen, dass wir so viele Tore gemacht haben."

Gnadenlos im ersten Spiel

Was die DFB-Auswahl am Montagabend australischer Zeit zeigte, stimmt optimistisch. Dabei hatten die holprigen Testspiele gegen Vietnam (2:1) und Sambia (2:3) noch für ordentlich Skepsis gesorgt. Dass diese Ergebnisse zurecht intern nicht zu stark gewichtet wurden, bewies die DFB-Elf in Melbourne.

Viel effektiver hätte der Auftritt nicht sein können, aus zwei Chancen machte Deutschland eine 2:0-Führung zur Pause. Von rund 20 Minuten, in denen es Mitte der ersten Spielhälfte etwas holprig lief, ließ sich offenbar niemand beeindrucken. Nach dem Seitenwechsel ließ der Vize-Europameister die Marokkanerinnen dann spüren, was beide Teams trennt: nämlich Welten.

Vorrundenspiele des DFB bei der WM

"Es war gut, mit einem 6:0 rauszugehen", findet Voss-Tecklenburg und sagt mit Blick auf den angepeilten Sieg in der Gruppe H: "Das gibt uns vielleicht in einer gewissen Konstellation auch etwas. Das ist etwas sehr Positives." Ihre Mannschaft sprang nicht nur so hoch, wie sie musste, sondern deutlich höher. Spritzig, spielfreudig und gnadenlos startete Deutschland ins Turnier.

"Es hat Spaß gemacht", findet Brand. "Ich hoffe, den Schwung nehmen wir mit - und vielleicht auch die Euphorie, die wir in Deutschland jetzt vielleicht bei den Fans haben. Das gibt uns Rückenwind."

Den wird das Team brauchen, denn alles andere als ein klarer Sieg wäre - bei allem Respekt für engagiert kämpfende Marokkanerinnen - eine Blamage gewesen. "Wir wissen auch, dass wir heute nicht den stärksten Gegner in der Gruppe hatten", bestätigt die Bundestrainerin um dann wieder auf die Leistung ihrer Mannschaft zu blicken: "Wir wissen, dass noch nicht alles tippitoppi war, aber wir haben genau die richtigen Dinge im Spiel gemacht."

Gleichzeitig skeptisch und zuversichtlich

Die 55-Jährige war nicht die einzige, die auch kritische Zwischentöne anklingen ließ. "Es war gut, dass wir am Anfang effektiv waren und gleich ein Tor gemacht haben", findet Brand, die jüngste im Team. "Sonst steigt die Nervosität, wenn man lange kein Tor macht. Deswegen tat uns das ganz gut."

Vielleicht sind wir manchmal zu kritisch mit uns selbst.

Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg

Auf dem 6:0 kann das DFB-Team guten Gewissens aufbauen, bleibt aber zurecht ein wenig skeptisch ob der eigenen Leistung.  Funktioniert die Variante mit Rechtsverteidigerin Svenja Huth auch gegen offensivstärkere Teams so solide? Was, wenn mal der frühe Dosenöffner wie nun gegen Marokko auf sich warten lässt? Wie gehen die Spielerinnen mit einem Rückstand um?

Die Aufgaben werden schwerer

"Vielleicht sind wir auch manchmal zu kritisch mit uns selbst, das zeichnet uns ja auch aus", bestätigt Voss-Tecklenburg, stellt aber klar: "Ich finde das gut. Es kommt jetzt nochmal eine andere Wucht auf uns zu. Dass wir mit diesem Rückenwind da reingehen, das gibt uns eine gute Ausgangslage, auf der wir jetzt ganz vernünftig aufbauen."

Mit der "anderen Wucht" dürfte vor allem Kolumbien - zum Auftakt 2:0-Sieger über Südkorea - gemeint sein, dass der härteste Gegner in der Gruppenphase sein wird. Auch Südkorea, die letzte Partie vor dem Achtelfinale, ist stärker einzustufen als Marokko. Und doch wird sich an der Favoritenrolle nichts ändern. Zwei weitere Siege sind Pflicht.

"Es ist klar, dass nicht alles optimal verlief", urteilte Kapitänin Popp, "aber das wäre auch zu viel des Guten gewesen." Nicht nur ihr hat der erste WM-Auftritt in diesem Jahr jedenfalls Mut gemacht: "Die Art und Weise, wie dir die Tore herausgespielt haben, gibt uns Selbstbewusstsein."

WWC23 GERMANY MOROCCO, Alexandra Popp of Germany (2nd left) celebrates after scoring a goal during the FIFA Women s World Cup soccer match between Germany and Morocco at Melbourne Rectangular Stadium in Melbourne, Monday, July 24, 2023. ( !ACHTUNG: NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG, KEINE ARCHIVIERUNG UND KEINE BUCHNUTZUNG! MELBOURNE VICTORIA AUSTRALIA PUBLICATIONxNOTxINxAUSxNZLxPNGxFIJxVANxSOLxTGA Copyright: xJOELxCARRETTx 20230724001823825948

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