Junioren

Drei BVB-Talente im Fokus: Viel Fortschritt und viele Fragezeichen

Tullberg mahnt bei Collins, Bamba und Rijkhoff zu Geduld

Drei BVB-Talente im Fokus: Viel Fortschritt und viele Fragezeichen

Drei Dortmunder im Fokus: Nnamdi Collins, Samuel Bamba und Julian Rijkhoff (v.l.).

Drei Dortmunder im Fokus: Nnamdi Collins, Samuel Bamba und Julian Rijkhoff (v.l.).

Als Mike Tullberg seine neue U-19-Belegschaft im vergangenen Sommer um sich versammelt hatte, da herrschte noch viel Unklarheit. Jamie Bynoe-Gittens und Tom Rothe waren Youssoufa Moukoko zu den Profis gefolgt; Bradley Fink war zur U 23 befördert worden und wechselte am Ende der Transferperiode zum FC Basel. Also stellte sich ganz zwangsläufig die Qualitätsfrage: Wozu würde diese Dortmunder U 19 fähig sein?

Die Antwort gab die von Tullberg trainierte Truppe in den folgenden Monaten. Sie arbeitete sich vor bis ins Viertelfinale der Youth League; sie setzte sich auf Position 1 der West-Staffel; und sie qualifizierte sich - wenngleich die individuelle Klasse nicht mehr so groß ist - erneut fürs Finale der Deutschen Meisterschaft. Den Titelhattrick in diesem Wettbewerb kann die U 19 nun gegen die A-Junioren von Mainz 05 perfekt machen (Sonntag, 11 Uhr). Dabei stehen gleich mehrere BVB-Youngster im Fokus.

Vorschau

Nnamdi Collins

Der Innenverteidiger trägt die Kapitänsbinde und ist unumstrittene Führungskraft der Dortmunder U 19. 2016 kam er aus der Jugend von Fortuna Düsseldorf, ist 1,91 Meter lang, stabil gebaut, äußerst schnell und immerhin schon Drittliga-erprobt. In diesem Jahr stand der 19-Jährige fünfmal für die U 23 auf dem Feld - mancherlei Wackler wechselten sich da mit mutigen und zielsicher ausgeführten Aktionen ab, defensiv wie offensiv (kicker-Notenschnitt 3,70).

Denn auch im Passspiel hat Collins inzwischen einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht. In der U 19 wurde das Toptalent von Tullberg im vergangenen Jahr ganz bewusst ins Zentrum der Dreierkette gerückt, um es immer wieder in Aufbausituationen zu bringen. Eine Entscheidung, die sich inzwischen ausgezahlt hat. "Nnamdi kommuniziert klar und laut, übernimmt Verantwortung und hat sich auch im Spielaufbau gesteigert", sagt Tullberg dem kicker.

Allerdings: Wie es mit Collins weitergeht, bleibt abzuwarten. Seit Jahren schon gilt er als eines der größten Verteidigertalente in Deutschland, trainierte bereits mit 16 im Kreise der BVB-Profis und soll einst heftig vom FC Chelsea umgarnt worden sein. Die Beförderung in den Bundesliga-Kader steht aber aus. Gut möglich, dass sich Collins, der einen Vertrag bis 2024 besitzt, in der kommenden Spielzeit erst einmal in der U 23 präsentieren soll. Es braucht zunächst Stabilität auf diesem Niveau.

Samuel Bamba

Der Offensivspieler, bei Tullberg mal auf dem rechten, mal auf dem linken Flügel gefragt, hat insbesondere ein Problem - es mangelt ihm an Effektivität. In 27 Pflichtspielen 2022/23 sammelte der 19-Jährige je vier Tore und Assists. Dabei befähigen ihn seine Schnelligkeit und seine Dribbelstärke zu deutlich besserem Zahlenwerk. "Für ihn geht es darum", sagt Tullberg, "nach einer guten Eins-gegen-eins-Aktion die Anschlussaktion zu finden."

Bamba müsse dann die effektive Flanke schlagen, den sauberen Querpass spielen oder selbst zum präzisen Abschluss kommen, so der U-19-Trainer. All das habe zuletzt besser geklappt, konstatiert er. Gegen Paris St. Germain in der Youth League (6:5 n.E.) erzielte Bamba nach einem Solo den 1:1-Ausgleich und steuerte jüngst im Halbfinalhinspiel der Deutschen Meisterschaft bei Hertha BSC (4:0) zwei Vorlagen bei. "Es geht aber noch deutlich mehr", sagt Tullberg.

Und so scheint, obschon darüber noch keine Entscheidung gefallen sein soll, eine Versetzung in die U 23 absolut ausreichend. Die war um den Jahreswechsel bereits geplant, doch der bis 2024 gebundene Bamba verletzte sich. Also sagt Tullberg: "Wichtig ist, dass er jetzt über einen längeren Zeitraum fit geblieben ist. Er hat sich athletisch und physisch verbessert, hat einen deutlich besseren Fitnessstand und kann auch mal in der 90. Minute den entscheidenden Sprint anziehen." Qualitäten, die ihn künftig zu einem Unterschiedsspieler machen könnten. Wenn denn der Ertrag vor dem Tor stimmt.

Julian Rijkhoff

2021 wechselte der Stürmer von Ajax Amsterdam ins Ruhrgebiet - unter lautem Getöse. Bei Ajax herrschte reichlich Unmut, dass sich da eines ihrer größten Talente gegen einen Verbleib und für den Wechsel zur Konkurrenz entschieden hatte. Jüngst kam die Meldung auf, dass sich der niederländische Rekordmeister um eine Rückholaktion bemühe, doch bei Borussia Dortmund reagierten sie darauf äußerst unaufgeregt.

Erst Anfang Februar hat Rijkhoff seinen Vertrag bei der Borussia vorzeitig verlängert. Im Sommer, das kündigte Sportdirektor Sebastian Kehl unlängst an, werde man sich gemeinsam Gedanken machen, was für seine Entwicklung am besten sei. 25 Treffer und sechs Assists sammelte der 18-Jährige, der noch dem Jungjahrgang angehört, in bislang 28 Pflichtspielen 2022/23 - und erzielte im Halbfinalhinspiel der Deutschen Meisterschaft alle vier Tore in Berlin.

"Er ist sehr fleißig", erzählt Tullberg. "Wenn ich an einem freien Tag am Trainingsgelände bin, ist er meistens auch da. Er macht es gut. Julian ist nicht so schnell, wird aber immer cleverer auf dem Feld." Ein gutes Beispiel sei das 1:0 gegen Hertha BSC: "Da läuft er diagonal ein, attackiert dann die Tiefe und schüttelt die Gegenspieler ab." Ein Linksschuss später zappelte der Ball im Netz und der mit reichlich Technik und Torinstinkt ausgestattete Rijkhoff drehte mal wieder jubelnd ab.

"Wenn er früher in Manndeckung genommen wurde von physisch starken Verteidigern", ergänzt der Trainer, "hatte Julian häufig Probleme - jetzt schwimmt er clever zwischen den Verteidigern, kann sich häufiger lösen. Ein großes Thema aber", und das könnte beim 1,83 Meter langen und eher zarten Rijkhoff in der Tat entscheidend werden, "bleibt die Körperlichkeit", sagt Tullberg. "Mit Blick auf seine Physis sehe ich ihn aktuell noch nicht bei den Senioren. Wir müssen geduldig sein."

Das gelte im Übrigen für alle BVB-Talente. "Aus dem 2004er Jahrgang haben es bereits Youssoufa Moukoko, Jamie Bynoe-Gittens und Tom Rothe zu den Profis geschafft - eine sehr gute Quote. Collins und Bamba gehören auch zu dem Jahrgang", sagt Tullberg, "es ist aber kein Automatismus. Wir bilden für einen Champions-League-Teilnehmer aus, da ist es schwierig, oben reinzurutschen." Häufig sind darum Umwege nötig. Senkrechtstarter wie Bynoe-Gittens oder Moukoko bilden nun mal die Ausnahme.

Leon Elspaß