Bundesliga

"Die seelischen Belastungen loszuwerden, war echt schwierig"

Trainer Heiko Herrlich über die Diagnose Hirntumor

"Die seelischen Belastungen loszuwerden, war echt schwierig"

Heiko Herrlich spricht gegenüber dem kicker über seine schwere Erkrankung und den Umgang damit.

Heiko Herrlich spricht gegenüber dem kicker über seine schwere Erkrankung und den Umgang damit. imago images

Die Erfahrung, von einer lebensbedrohenden Krankheit betroffen zu sein, hat Heiko Herrlich geformt. Anfangs quälten ihn seelische Belastungen: "Die loszuwerden war echt schwierig". Dann aber kam etwas, was man in der Psychologie "Posttraumatisches Wachstum" nennt, dass man also gestärkt aus einer solchen Phase hervorgeht. "Das würde ich bestätigen", sagt Herrlich dem kicker. "Das gibt es. Und man kann diesen Begriff auch im Sport anwenden: Die Bayern zum Beispiel haben oft nach herben Rückschlägen ganz Großes geleistet. Aber generell ist eine hohe Frustrationstoleranz wichtig für Menschen, die erfolgreich sind, unabhängig vom Sport. Aus negativen Erlebnissen wie bitteren Niederlagen oder Phasen, in denen man hinten dran ist und nicht spielt, kann man besonders gestärkt rausgehen. Dann hat man die größte Chance, sich weiterzuentwickeln, wenn man bei sich bleibt und weiter Gas gibt, dann profitiert man langfristig. Wenn alles läuft und prima ist", so Herrlich, "dann ist es einfach, etwas extra zu machen, Aber wenn's nicht läuft ..."

Noch heute wird Herrlich auf seine Erkrankung angesprochen. Und auch um Rat gefragt. "Immer wieder", berichtet der 48-Jährige, "erhalte ich Post von Leuten, die entweder selbst sehr krank sind oder jemand aus ihrem nächsten Umfeld, und die Informationen rund um diese Erkrankung haben wollen. Die Mühe mache ich mir schon, ihnen zu antworten. Irgendwie fühle ich mich verpflichtet, dazu etwas zu sagen. Vor ein paar Jahren hat mir zum Beispiel jemand geschrieben, bei dem auch ein Hirntumor entdeckt worden war, ich habe dann versucht, ihn ein bisschen aufzumuntern. Auch er hat's überlebt, jedenfalls hat er sich kürzlich wieder gemeldet und sich für meine Anteilnahme bedankt." Und hin und wieder muss Herrlich auch etwas klarstellen: "Viele denken auch, dass ich eine besondere Behandlung erfahren habe, weil ich prominent war, und dass ihnen diese Behandlung möglicherweise verwehrt wird. Das ist natürlich nicht so. Ich nehme mir dann die Zeit und berichte aus meiner eigenen Erfahrung. Und ich versichere Ihnen: Wenn es um Leben und Tod geht, dann ist es einem Arzt egal, ob du prominent bist oder nicht."

Im großen kicker-Interview der Montagsausgabe (auch digital abrufbar als e-Magazine) spricht Augsburgs Trainer über Dinge, über die er sich früher geärgert hat und jetzt nicht mehr, über Ehrgeiz und Werte - und über den Tod.

Peter Nickel