Bundesliga

Eintracht Frankfurts Festung zerbröselt zur Sandburg

Heimschwach wie seit 15 Jahren nicht mehr

Die Frankfurter Festung zerbröselt zur Sandburg

Hängende Köpfe, betretene Mienen: Eintracht Frankfurt nach dem 1:2 gegen Freiburg.

Hängende Köpfe, betretene Mienen: Eintracht Frankfurt nach dem 1:2 gegen Freiburg. Getty Images

Es ist schon kurios: Ausgerechnet in der Geisterspielsaison 2020/21 baute die Eintracht die Arena im Stadtwald zu einer uneinnehmbaren Festung aus. Obwohl die Unterstützung der Fans fehlte, verlor Frankfurt kein einziges Heimspiel. Lediglich der FC Bayern punktete daheim noch besser.

In dieser Spielzeit muss sich dagegen niemand vor der Reise nach Frankfurt fürchten. Im Gegenteil: Das Waldstadion ist so leicht zu erobern wie eine Sandburg am Strand. In der Heimtabelle belegen die Hessen mit 17 Punkten aus 15 Spielen lediglich Rang 16. So schlecht war die Bilanz seit Einführung der Drei-Punkte-Wertung 1995/96 erst zweimal: 2003/04 standen nach 15 Heimspielen gar nur 16 Punkte zu Buche, 2006/07 waren es ebenfalls 17.

Der kürzeste Weg ist es, die Europa League zu gewinnen.

Oliver Glasner

Die Aufhebung der Zuschauerbeschränkungen und die Rückkehr der aktiven Fanszene, Ultras inklusive, scheint die Mannschaft zumindest in der Liga nicht zu beflügeln. Durch Hoffenheims Niederlage in Leipzig beträgt der Rückstand auf Platz 6 zwar weiterhin lediglich fünf Punkte, doch man benötigt schon eine Menge Fantasie, um sich auszumalen, dass die Eintracht in den verbleibenden fünf Partien noch eine erfolgreiche Aufholjagd hinlegt. Dass nach 29 Spieltagen nicht einmal die 40-Punkte-Marke geknackt wurde, kann niemanden zufriedenstellen.

Oliver Glasner lobte seine Mannschaft nach dem 1:2 gegen den Sport-Club zwar zu Recht für den hohen Einsatz - Frankfurt war die klar überlegene Mannschaft, spielte sich 8:2 Chancen heraus und hatte obendrein Pech, dass Jesper Lindström und Daichi Kamada in der zweiten Hälfte bei ihren Toren knapp im Abseits standen. Allerdings sollte es dem Trainer auch zu denken geben, dass sein Team trotz des enormen Aufwands am Ende mit leeren Händen dastand. So unverdient das auch war, so falsch wäre es, die Niederlage allein auf fehlendes Spielglück zurückzuführen.

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kicker-Wochenendrückblick vom 25.09.2023
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"Wir brauchen viele Torchancen, um Tore zu erzielen, das zieht sich ein bisschen durch. Wir haben auch Probleme gegen tiefstehende Gegner, und wenn du in Rückstand gerätst, verteidigt Freiburg natürlich gut", sagt Sportvorstand Markus Krösche und resümiert: "Mit der Leistung können wir zufrieden sein, die Jungs haben ein gutes Spiel gemacht. Freiburg war extrem effizient."

Tore auf dem Silbertablett

Freiburgs Vincenzo Grifo (li.) trifft in Frankfurt.

Freiburgs Vincenzo Grifo (li.) trifft in Frankfurt. Getty Images

Ärgern muss sich die Eintracht nicht nur über die eigene Abschlussschwäche, sondern auch über die viel zu billigen Gegentore. Wer dem Gegner gleich zwei Tore auf dem Silbertablett serviert, wird es in der Bundesliga in jedem Spiel schwer haben, den Platz als Sieger zu verlassen. Nach Evan Ndickas Fehlpass tief in der gegnerischen Hälfte verlor die Mannschaft beim Verteidigen des Freiburger Konters völlig die Ordnung. Wie kleine Jungs, die auf dem Bolzplatz alle vergnügt dem Ball hinterherrennen, orientierten sich gleich vier (!) Frankfurter zum ballführenden Vorlagengeber Roland Sallai. Die rechte Abwehrseite blieb deshalb völlig ungeschützt, was sich vor allem Tuta ankreiden lassen muss. Klar, dass sich ein Schlitzohr wie Vincenzo Grifo nicht zweimal bitten ließ.

Im Saisonendspurt droht Ernüchterung 

Auch das 1:2 hätte viel besser verteidigt werden müssen. Kristijan Jakic und Goncalo Paciencia ließen Freiburgs Edel-Joker Nils Petersen nach Christian Günters langer Freistoßflanke einfach gewähren. Körperliche Gegenwehr? Fehlanzeige.

Glasner will sich an tabellarischen Hochrechnungen nicht beteiligen, doch auch ihm wird dämmern, dass nicht allzu viel dafür spricht, dass sich seine Mannschaft über die Liga abermals für den internationalen Wettbewerb qualifizieren wird. "Wir sind noch in Europa dabei. Der kürzeste Weg ist es, die Europa League zu gewinnen, dann bist du nächste Saison in der Champions League. Und dann brauchen wir uns auch keine Gedanken darüber zu machen, ob wir den sechsten Platz noch erreichen", meint der Coach. Keine Widerworte. Klar ist indes auch: Sollte am Donnerstag in Barcelona die Sensation ausbleiben, droht im Saisonendspurt die große Ernüchterung. 

Julian Franzke

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