Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg setzte im wesentlichen auf die Mannschaft, die im abschließenden WM-Test gegen Sambia mit 2:3 verloren hatte: Huth startete erneut als Rechtsverteidigerin, Däbritz und Magull teilten sich das zentrale Mittelfeld auf und vorne stürmten Brand, Popp und Bühl. Zu zwei Wechseln war die Bundestrainerin allerdings gezwungen: Doorsoun ersetzte im Abwehrzentrum die zuletzt verletzte Hegering, Leupolz spielte für die angeschlagene Oberdorf und erhielt dabei den Vorzug vor Lattwein. Hegering, Oberdorf sowie die ebenfalls angeschlagene Nüsken nahmen aber allesamt auf der Bank Platz.
Marokko-Coach Reynald Pedros, mit den Frauen von Olympique Lyon bereits zweimal Champions-League-Sieger, setzte beim ersten WM-Spiel der Geschichte der marokkanischen Frauen-Nationalmannschaft in einem kompakten 4-4-2 auf eine Achse aus fünf Spielerinnen vom marokkanischen Meister ASFAR Rabat. Im Sturm begann mit Ayane von den Tottenham Hotspur zudem das bekannteste Gesicht der Mannschaft.
Deutschland von Beginn weg dominant
Gruppe H, 1. Spieltag
Mit guter Spielkontrolle und vielen Positionsrochaden kombinierte sich die DFB-Elf von Beginn an gekonnt durch die engen Ketten der Marokkanerinnen, die ersten Torannäherungen durch Bühl blieben aber noch erfolglos (4., 10.). Doch bereits in der elften Minute platzte der Knoten: Nach einer Hendrich-Flanke stieg Popp im Sechzehner am höchsten und köpfte wuchtig zum 1:0 ein.
Auch defensiv agierte das deutsche Team sehr aufmerksam, das Pressing funktionierte ebenso wie die Konterabsicherung. Lediglich die rechte Abwehrseite, auf der Huth im eigenen Ballbesitz bis weit in die gegnerische Hälfte vorschob, bot den Nordafrikanerinnen immer wieder Platz. Ein erster Näherungsversuch in Richtung des deutschen Tors konnte aber im Kollektiv vereitelt werden (18.). Ein Distanzschuss von Chebbak war zudem ein leichter Fang für Schlussfrau Frohms (24.).
Däbritz' Tor zählt nicht - Popp schnürt den Doppelpack
Nach der guten Anfangsphase verflachte das deutsche Spiel nach 20 Minuten etwas. Zwar dominierten die DFB-Frauen die Partie weiterhin, kamen allerdings nicht gefährlich vor das Tor von Torhüterin Errmichi, da sich im letzten Drittel gegen giftige Marokkanerinnen einige Unkonzentriertheiten im Passspiel einschlichen. Die einzige Chance in dieser Phase brachte Däbritz zwar im Tor unter, seine Gültigkeit behielt der Treffer aber nicht. Beim Pass von Leupolz stand die Spielerin von Olympique Lyon klar im Abseits (33.).
Sechs Minuten später zählte der Treffer dann: Erneut war es Popp, die den Ball nach einer Ecke von Bühl mit dem Rücken zum Tor per Kopf ins Netz drückte (39.). Praktisch im direkten Gegenzug wurde das ansonsten harmlose Marokko erstmals richtig gefährlich: Tagnaout hatte nach einem Konter Frohms eigentlich schon umkurvt, trotzdem gelang es der deutschen Defensive gerade noch, die Situation zu bereinigen (41.). Mit einem nach der ansprechenden Leistung hochverdienten 2:0 gingen die DFB-Frauen in die Kabine.
Popp is calling: Alexandra Popp brachte mit ihrem Doppelpack das DFB-Team auf die Siegerstraße. IMAGO/AAP
Dritter Treffer direkt nach Wiederanpfiff
Und hochmotiviert kamen sie aus dieser wieder heraus. Was bisher an Tempo und Dynamik im deutschen Spiel gefehlt hatte, brachten die Spielerinnen von Voss-Tecklenburg nun auf den Platz: 21 Sekunden nach Wiederanpfiff traf Bühl zum 3:0, nachdem Magull zuvor noch die Latte getroffen hatte (46.). 120 Sekunden später war es erneut Bühl, die einen gefühlvollen Schlenzer an den Pfosten setzte (49.). Dieser Treffer hätte aber aufgrund einer Abseitsposition ebenfalls nicht gezählt.
Unterbrochen von einem kurzen Schreckmoment, als das vermeintliche 1:3 wegen einer deutlichen Abseitsstellung der Torschützin Lahmari zurecht nicht gegeben wurde (53.), setzte die DFB-Elf den Offensivreigen fort: Nach einer Flanke von Huth kam es zum Durcheinander im marokkanischen Strafraum, an dessen Ende ein Eigentor von Ait El Haj zum 4:0 stand (54.). Brand scheiterte im Weiteren an Torhüterin Errmichi (64.), den folgenden Eckball köpfte Däbritz an den Pfosten (65.).
Eingewechselte Schüller trifft zum Endstand
Im Anschluss stoppten einige Wechsel den zuvor starken Spielfluss der Deutschen ein wenig: Lattwein, Anyomi und Schüller kamen für Leupolz, Magull und die quirlige Bühl, Popp rückte zudem auf die Zehn. Doch auch mit reduziertem Einsatz kamen die Deutschen zu einem weiteren Treffer: Nach einer deutschen Ecke faustete Errmichi ihre Mitspielerin Yas an, von deren Kopf der Ball - auch unter Mithilfe von Redouani - über die Linie trudelte (79.). Das zweite Eigentor des Spiels markierte das 5:0.
Die Marokkanerinnen, die in der ersten Halbzeit noch gute Ansätze im Spielaufbau gezeigt hatten, konnten dem deutschen Spiel im zweiten Durchgang nichts mehr entgegensetzen. Lediglich Amani zeigte sich nochmal vor dem deutschen Tor, ihr Flachschuss geriet jedoch zu harmlos (87.). Ansonsten waren die Nordafrikanerinnen nur noch mit Verteidigen beschäftigt und dabei zuweilen überfordert. So durfte Schüller nach einem abgewehrten Schuss von Lattwein unbedrängt abstauben - das halbe Dutzend war voll (90.).
Am Sonntag wartet Kolumbien
Da ein weiterer Schüller-Treffer wegen einer Abseitsstellung der Stürmerin nicht gegeben wurde (90.+5), war dies auch der Endstand. Die DFB-Frauen lieferten zu ihrem WM-Auftakt eine starke Leistung ab und setzten mit einem Kantersieg, dem bisher höchsten bei diesem Turnier, ein Ausrufezeichen an die Konkurrenz. Insbesondere die zuletzt viel gescholtene Defensive überzeugte auf ganzer Linie, während die Offensive insbesondere im zweiten Abschnitt mit viel Spielfreude begeisterte.
Weiter geht es für die Mannschaft von Voss-Tecklenburg erst am kommenden Sonntag. Dann wartet zum Abschluss des zweiten Vorrundenspieltags Kolumbien (11.30 Uhr, LIVE! bei kicker). Ebenfalls am Sonntag kann sich Marokko rehabilitieren, für sie geht es gegen Südkorea bereits um wichtige Punkte, um die Chance aufs Achtelfinale zu wahren (6.30 Uhr, LIVE! bei kicker).