2. Bundesliga

Der HSV ist an einem Tiefpunkt unter Walter

Nach dem erneuten Defensiv-Debakel scheint der Trainer am Ende

Der HSV ist an einem Tiefpunkt unter Walter

Erlebte eine Niederlage mit seinem Team gegen Hannover: Tim Walter.

Erlebte eine Niederlage mit seinem Team gegen Hannover: Tim Walter. IMAGO/Eibner

Der Freitagabend im Volksparkstadion hat nur wenige Anhaltspunkte geliefert, dass die Aufstiegspflicht mit Walter erfüllt werden kann. Stabilisierung der Defensive war der Hauptauftrag, den die Bosse ihrem Trainer nach der instabilen Hinserie erteilt haben. Acht Gegentreffer in zwei Heimpartien lassen nur eine Lesart zu: Walter bekommt den HSV nicht dicht. Dass Trainer und Klub dieses Phänomen bereits beinahe durch weite Teile der gemeinsamen zweieinhalb Jahre begleitet, gibt die Richtung in der Frage, wie es in die Zukunft gehen kann, geradezu vor.

Für Walter spricht allein noch die Mentalität seiner Mannschaft. Er rühmt: "Wir stehen immer wieder auf." Sie fallen aber auch immer wieder hin, und auf Dauer reicht es für einen Cheftrainer nicht, Anleitungen zu geben, den Seinen immer wieder auf die Beine zu helfen. Es bedarf Hilfestellungen, dass sie auf den Beinen bleiben. Die Art der Fehlerketten vor den Gegentreffern gegen Hannover aber haben einen neuen Tiefpunkt markiert. Es ist im Rückwärtsgang keine Besserung in Sicht bei einem Kader, der es eigentlich besser können müsste, der aber in der Disziplin Abwehrarbeit immer schlechter, immer wilder und konfuser wird.

Der defensive Niedergang hat längst auch Einzelne erfasst. Ignace van der Brempt, zu Saisonbeginn ein großer Gewinn als Außenverteidiger, irrlichterte am Freitag nicht zum ersten Mal die rechte Seite entlang; Stephan Ambrosius, lange stabil und von Walter lange gemieden, patzt ausgerechnet, seit er Stammkraft ist, in Serie; im Tor war der einstige Rückhalt Daniel Heuer Fernandes schon länger kein Erfolgsfaktor mehr, musste gegen Hannover Matheo Raab weichen, der zumindest beim ersten Gegentor aber auch nicht restlos glücklich aussah.

Es kann nicht sein, dass wir zum zweiten Mal zu Hause fünf Tore schießen müssten, um ein Spiel zu gewinnen.

HSV-Angreifer Robert Glatzel

Dass zu den vier Gegentoren auch noch zwei Platzverweise, eine Rote Karte gegen Laszlo Benes und eine Ampelkarte gegen Dennis Hadzikadunic innerhalb nur einer Halbzeit, dazu kamen, passt in ein wildes Bild, in dem fast nichts mehr stimmig ist. Walters Erklärungsansätze sind dünn. Nach Karlsruhe hatte er in erster Linie die Vielzahl an individuellen Fehlern angeprangert, nun sagt er: "Fehler passieren uns ja nicht jede Woche, sondern jede zweite Woche."

Jonas Meffert wird da deutlicher: "Wenn wir zweimal nacheinander zu Hause vier Gegentreffer bekommen, dann hat man ein, zwei Probleme mehr als nur ein Problem." Robert Glatzel zürnt: "Wir liegen wieder früh 0:2 hinten, bekommen so leichte Gegentore. Wir stehen zwar immer wieder auf, aber es kann nicht sein, dass wir zum zweiten Mal zu Hause fünf Tore schießen müssten, um ein Spiel zu gewinnen."

"Wir haben generell in allen Bereichen zu viele Fehler gemacht"

Zu den vielen Fehlern kommen immer wiederkehrende Spielverläufe. Im November in Kiel schon hatte der HSV ein 0:2 aufgeholt, war danach mit Anlauf ins Verderben gerannt und unterlag 2:4. Gegen den KSC holte er ein 0:2 und 2:3 auf, gegen Hannover ein 0:2 und 1:3. Glatzel klagt: "Es wiederholt sich jedes Mal, dass wir danach naiv sind. Natürlich spricht es für uns, dass wir dann mehr wollen, aber vielleicht war es auch falsch, danach jeweils weiter nach vorn zu marschieren."

Der Torjäger widerspricht auch der - im Übrigen auch von Walter aufgestellten - These, Benes‘ Platzverweis kurz nach dem 3:3 sei der Knackpunkt gewesen. "Wir können es auch mit zehn Mann besser verteidigen." Der HSV aber kann es nicht einmal in voller Mannschaftsstärke. Und das hat auch Boss Boldt erkannt. Auf "Sky" sagte er:  "Wir haben generell in allen Bereichen zu viele Fehler gemacht. Die Gegentore fallen viel zu einfach, wir hatten keine Abstände. Die Herangehensweise, wie wir arbeiten, die müssen wir grundsätzlich hinterfragen. Natürlich spielt der Trainer eine ganz wichtige Rolle. So können wir nicht weiterspielen." Das klingt nach: So kann es nicht weitergehen.

Sebastian Wolff