2. Bundesliga

Der alte HSV ist zurück: Blamage gegen einen Aufsteiger

Fehlerhaft und pomadig - die nächste Blamage gegen einen Aufsteiger

Der alte HSV ist zurück

Sah, wie seine Mannschaft in alte Muster zurückfiel: HSV-Coach Tim Walter.

Sah, wie seine Mannschaft in alte Muster zurückfiel: HSV-Coach Tim Walter. IMAGO/Jan Huebner

Pleiten bei Zweitliga-Aufsteigern haben Tradition, seit die Hanseaten zweitklassig spielen. Fast in jeder Spielzeit gaben sie bei Liga-Neulingen wichtige Zähler für den Aufstieg her. 2018/19 setzte es ein 1:4 in Paderborn, in der Saison 2019/20 ein 1:2 in Osnabrück, 2020/21 ein 2:3 in Würzburg. In der Vorsaison wurde gegen die beiden Aufsteiger Magdeburg und Kaiserslautern nur ein einziger Punkt erzielt, auswärts gab ein 0:2 am Betzenberg und ein 2:3 beim FCM. Die Niederlage vom Samstag folgte damit einer schlechten Tradition - dass im Vorfeld sämtliche Protagonisten Warnhinweise ausgesprochen haben und dann nicht nur verloren, sondern vor allem in sämtliche alte Muster verfielen, wirft diese Frage auf: Wie stabil und nachhaltig ist der Entwicklungsprozess in Hamburg wirklich?

Der Spielfilm von Elversberg liest sich, als habe es genau diesen Streifen schon vielfach gegeben. Nur mit unterschiedlichen Hauptdarstellern. Vor dem frühen ersten Gegentreffer patzte Dennis Hadzikadunic mit aufreizender Lässigkeit, die dem HSV in den Vorjahren im Duell "klein gegen groß" schon so oft das Genick gebrochen und in der Folge den Aufstieg gekostet hatte.

Schonlau: "Nach den beiden aberkannten Toren haben wir den Faden verloren"

Im weiteren Spielverlauf verlor Walters Elf mehr und mehr die Linie, rannte blindlings in Konter und beinahe in ein Debakel, das allein Torhüter Daniel Heuer Fernandes mit mehreren Großtaten verhindert hatte. Dass vor und nach dem Elversberger 1:0 Hamburger Treffern wegen hauchdünner Entscheidungen die Anerkennung versagt wurde, darf nicht kaschieren, dass über weite Strecken der alte HSV zurück gekehrt ist.

"Nach den beiden aberkannten Toren haben wir den Faden verloren", legt Kapitän Sebastian Schonlau den Finger in die Wunde, ,wir wollten es zu sehr erzwingen.“ Und damit sind sie neben der Fehleranfälligkeit in der Defensive auch in jenes zweite Muster der Vergangenheit verfallen, das Walter noch im Vorfeld der Partie abgelegt glaubte: "Wir sind souveräner als in der Vergangenheit, aber deswegen nicht mit weniger Power unterwegs." Gegen den SVE fehlte beides: Souveränität und Power.

Boldt ärgert sich über Schiedsrichter Schwengers

"Mit vielen einfachen Fehlern haben wir Elversberg immer wieder eingeladen, das ärgert mich brutal", klagt Schonlau und kommt der Wahrheit damit deutlich näher als Sportvorstand Jonas Boldt, der Schiedsrichter Patrick Schwengers und dessen Bewertung des Zweikampfes von Ludovit Reis gegen Carlo Sickinger in der Entstehung des vermeintlichen Ausgleichstreffers nach VAR-Eingriff in den Mittelpunkt seiner Kritik rückte. Die TV-Bilder belegten, dass Reis den Ball nicht gespielt hatte, seinen Körpereinsatz als strafwürdig zu bewerten, war Interpretationssache.

Nachvollziehbar ist der Hamburger Ärger im Quervergleich: Als Paul Wanner in der Entstehung einer Elversberger Großchance Miro Muheim derart rustikal abräumte, dass der Schweizer mit Verdacht auf eine Bänderverletzung raus musste, blieb die Pfeife stumm. "Ich habe das Gefühl, dass wir die Schiedsrichter nur noch ausbilden, wie wir irgendwelche Szenen mit Standbild und Lupe bewerten und nicht mehr, wie Spielleitung eine Spielleitung funktioniert", erklärt der 41-Jährige und zürnt: "Das hat mit Fußball nichts zu tun."

Das Problem: Diese Analyse traf bis weit in die Schlussphase hinein auch auf seinen HSV zu, der pomadig und ideenlos daran scheiterte, sein immenses Plus an Ballbesitz zu verwerten und erst in den Schlussminuten energisch anrannte - das war zu wenig für Zählbares und ist zu wenig für die eigenen Ansprüche.

Am kommenden Freitag (18.30 Uhr, LIVE! bei kicker) muss der große Aufstiegs-Favorit nach Osnabrück, zum nächsten Aufsteiger. Und steht in der Beweispflicht, dass die Rückkehr des alten HSV nicht von Dauer ist.

Sebastian Wolff

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