Bundesliga

Sven Jablonski erklärt Entscheidungsfindung bei Handspiel

Neue Kriterien wegen vieler Kameraperspektiven

"Das macht es komplex": Jablonski erklärt, worauf es beim Handspiel ankommt

Handspiel - oder nicht? Für Sven Jablonski und seine Kollegen keine leicht zu beantwortende Frage.

Handspiel - oder nicht? Für Sven Jablonski und seine Kollegen keine leicht zu beantwortende Frage. IMAGO/osnapix

Mit seinen 33 Jahren gehört Sven Jablonski zu den jüngeren Vertretern der aktuellen Riege an Bundesliga-Schiedsrichtern - und zu den Besten seiner Zunft. Der Bremer, der seit 2017 Spiele in der höchsten deutschen Spielklasse leitet, sicherte sich mit einer Durchschnittsnote von 2,23 den ersten Platz in der kicker-Schiedsrichter-Rangliste der vergangenen Saison

Nicht nur innerhalb der Schiedsrichter-Gilde hat sich Jablonski dabei Respekt erarbeitet, auch Spieler schätzen ihn - unter anderem dank seiner Art der Kommunikation "auf Augenhöhe". 

Fingerspitzengefühl gilt es für ihn und seine Kollegen insbesondere bei strittigen Entscheidungen zu beweisen. Thema Nummer eins: Handspiel im Sechzehner - strafbar oder nicht? Eine Frage, die im Grunde Spieltag für Spieltag auf mehreren Plätzen von neuem diskutiert werden muss - sehr oft ohne eine für alle zufriedenstellende Antwort.

Alle eint die Uneinigkeit

"Sobald der Ball im Strafraum gegen die Hand kommt, ist ein Aufschrei da", ist sich Jablonski der Unlösbarkeit dieses Problems bewusst. "Die einen sagen, es ist ein Handspiel, der Ball war an der Hand; die anderen sagen, es kann doch nie im Leben Absicht sein, das ist eine ganz natürliche Armhaltung."

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Dem Schiedsrichter ist es deshalb wichtig, Einblick in die Entscheidungsfindung bei solch kniffligen Situationen zu geben. Grundregel Nummer eins: "Das Entscheidende ist: Die Absicht muss im Vordergrund stehen." Und: "Ist es eine natürliche Handbewegung oder nicht?"

So weit, so klar. In manchen Szenen sei die Sachlage eindeutig. Beispielsweise, wenn "jemand in Torwartmanier den Ball fängt oder der Arm zum Ball geht." Jablonski weiter: "Wir hatten in den letzten zwei Wochen zwei Szenen, bei denen der Arm in der Mauer zum Ball gegangen ist. Das sind die einfachen Handspiele - wenn wir das in der Wiederholung sehen und sagen: 'Klar, es ist absichtlich - die Hand geht zum Ball'. Aber das ist eher selten der Fall. Das hat sich die letzten Jahre ein bisschen verändert."

Dann geht man in den Check, auch der Fernsehzuschauer sieht die Zeitlupe. Und die Zeitlupe von der Zeitlupe.

Sven Jablonski über die Herausforderungen, die der VAR mit sich bringt

"Wir müssen dann schon andere Kriterien ranziehen. Wir haben teilweise in einem Bundesliga-Spiel über 20 Kameraperspektiven. Und oft ist es so im normalen Ablauf, dass wir sagen: 'Keine Absicht, weiterspielen.' Und das ist dann oft auch die Feldentscheidung und auch der Eindruck vom Zuschauer im Stadion", führt der Schiedsrichter aus. "Dann geht man in den Check rein, auch der Fernsehzuschauer sieht die Zeitlupe. Und die Zeitlupe von der Zeitlupe."

Welche Schlüsse Zeitlupen zulassen

"Dann muss man gucken: Wie ist die Distanz zum Spieler? Auch die Blickrichtung kann man sehen. Sieht der Verteidiger den Ball kommen? Ist der Ball erwartbar - oder ändert sich einen Meter vorher durch einen Kopfball nochmal die Richtung des Balles? Wie ist dann die Armhaltung? Versucht er, den Arm wegzuziehen, zu halten? Hat der Arm Spannung - oder keine Spannung? Ist es natürlich?"

Sven Jablonski

Muss an viel denken - und hinterher einiges erklären, oft wegen Handspiels: Sven Jablonski (hier mit Niko Kovac). IMAGO/Jan Huebner

So gibt Jablonski zu: "Das sind ganz viele Sachen, die man mit den Kameraperspektiven aufarbeiten muss. Und das macht das so komplex teilweise."

Im Grunde eint der Wunsch nach einem reibungslosen Spielverlauf alle Beteiligten an einem Fußballspiel, versichert Jablonski, der "nicht im Mittelpunkt stehen" möchte. Schließlich sei auch er ungern Hauptgespräch nach dem Spiel beziehungsweise vor den Folgepartien an den Tagen danach. Es komme vor, dass er und seine Kollegen bei der Platzbegehung vor ihren Spielen auf strittige Entscheidungen der Kollegen angesprochen werden. Entsprechend sei es "schön, wenn es geräuschlos war".

Jetzt hören: Die neue Folge "kicker meets DAZN"

Weshalb sich die Vorbereitung auf ein Freitagsspiel von der eines Sonntagsspiels unterscheidet, wozu die Unparteiischen das Aufwärmen im Stadion nutzen und welche Unterschiede zwischen einzelnen Schiedsrichter-Teams bestehen, verrät Jablonski in der neuen Folge des Podcasts "kicker meets DAZN". 

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Vorbild Jablonski: Die Rangliste der Bundesliga-Schiedsrichter