2. Bundesliga

HSV-Niederlage in Sandhausen: Versagen auf allen Ebenen

Der Trainer probiert zu viel, die Mannschaft investiert zu wenig

Das HSV-Versagen auf allen Ebenen

Konstatiert seinem Team "fehlende Stabilität im Kopf und auf dem Platz": HSV-Coach Daniel Thioune.

Konstatiert seinem Team "fehlende Stabilität im Kopf und auf dem Platz": HSV-Coach Daniel Thioune. Getty Images

In der aktuellen Verfassung und Konstellation ist der HSV zum Scheitern verurteilt. Mit einer Mannschaft, die durchsetzt ist von überschätzten Mitläufern und einem Trainer, der zwar viel von Automatismen spricht, diese aber immer wieder torpediert. Denn das 1:2 vom Donnerstagabend war kein Ausrutscher, sondern die Fortsetzung eines katastrophalen Trends.

Ganze drei Partien hat der Top-Favorit in der Rückserie gewonnen, liegt in dieser Tabelle auf Platz 12. Eine Blamage angesichts der finanziellen Kraftanstrengungen. Und das nächste Zeichen, dass es eben nicht reicht, durchschnittliche Spieler der Zweitliga-Konkurrenz mit dem großen Geld zu locken. Jan Gyamerah (kam 2018 aus Bochum), David Kinsombi (kam 2019 aus Kiel) oder Klaus Gjasula (kam 2020 aus Paderborn) verdienen an der Elbe ein Vielfaches von ihrem vorherigen Salär, ihre Entwicklung indes stagniert. Sonny Kittel und Jeremy Dudziak tauchen auch im zweiten Jahr in der finalen Phase ab, mit Tim Leibold gehört auch der Kapitän häufig zu den ersten, die untergehen.

Die Krise ist auch an Thioune festzumachen

In Thioune glaubten die Verantwortlichen jenen Trainer gefunden zu haben, der Einzelne und die Gruppe besser macht. Doch inzwischen ist die tiefe sportliche Krise in diesem Kalenderjahr auch an dem 46-Jährigen festzumachen. Nach der sportlichen Bankrotterklärung von Sandhausen konstatiert er: "Uns fehlt Stabilität im Kopf und auf dem Platz."

Offensichtlich ist: Er ist nicht in der Lage, der Mannschaft diese zu geben. Obwohl er erstmals wieder alle Profis an Bord hatte, bot er zu viele nicht auf ihrer Idealposition auf: Linksverteidiger Leibold irrlichterte in der offensiven Dreierreihe mal über links, mal über rechts; Kittel fremdelte mit der Zehner-Position, Kinsombi und Aaron Hunt waren als Sechser zu weit von jener Zone entfernt, in der sie ihre Qualitäten ausspielen können.

Thioune fällt ein vernichtendes Urteil

Dass zu den Fehlgriffen des Trainers dann auch noch ein bodenloser Vortrag jedes Einzelnen kam, rundete den Abend ab. Thioune sagt: "Die Sandhäuser wollten ihr Leben auf dem Platz lassen, die haben es mehr gewollt." Ein vernichtendes Urteil über seine Mannschaft, mit der er seit seinem Dienstbeginn im vergangenen Sommer intensiv am Thema Resistenz arbeitet. Fünf Spiele vor Saisonende muss er feststellen: Die Arbeit ist verpufft. Der HSV ist immer noch verlässlich dann nicht da, wenn es in der entscheidenden Phase drauf ankommt. Und er versagt gegen Gegner, denen er individuell turmhoch überlegen ist.

Wir wollten die Zweikämpfe nicht annehmen.

Sven Ulreich

Wie vor einigen Wochen in Würzburg. Und nun in Sandhausen, gegen einen Widersacher, der gerade zwei Trainingstage nach 14-tägiger Quarantäne hinter sich hatte. "Wir wollten die Zweikämpfe nicht annehmen", urteilt Sven Ulreich, "das wird in dieser Liga bestraft, und das ist uns schon öfter passiert." Austreiben kann der Mannschaft diesen Makel nach Hannes Wolf und Dieter Hecking ganz offensichtlich auch Thioune nicht. Das wiederum liegt auch an der Kaderzusammenstellung und nicht ausschließlich am Trainer. Aber eben auch an ihm.

"Sky" hatte am Hardtwald ein Bild eingefangen, auf dem hinter Thioune gut sichtbar ein Schild mit der Aufschrift "Fluchttür" prangte. Er freilich versichert: "Wer mich kennt, der weiß, wir werden nicht aufgeben." Hoffnung macht ihm, "dass wir Automatismen haben, die die Mannschaft jederzeit abrufen kann". Allein, sie tut es in regelmäßig wechselnden Grundordnungen nicht.

Sebastian Wolff