Bundesliga

Canizares über Xabi Alonso: "Das hatte es seit Jahrzehnten nicht gegeben"

Spaniens Ex-Nationaltorhüter im Interview

Canizares über Xabi Alonso: "Das hatte es seit Jahrzehnten nicht gegeben"

Der ehemalige spanische Nationaltorhüter Santiago Canizares spricht über Bayer-Coach Xabi Alonso.

Der ehemalige spanische Nationaltorhüter Santiago Canizares spricht über Bayer-Coach Xabi Alonso. picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Xabi Alonsos Trainer-Talent war augenscheinlich. Überrascht die Art und Weise, wie er arbeitet, dennoch, Herr Canizares?

Es war absehbar und ist daher fast zwangsläufig, dass er aufgrund seiner Art Fußball zu spielen sehr gute Voraussetzungen hat, ein guter oder sehr guter Trainer zu werden. Allein aufgrund der Position, die er früher auf dem Platz besetzte, seiner Rolle als zentraler Aufbauspieler und Passgeber einerseits, aber andererseits auch als Defensivmann, zugleich hatte er schon damals großes Fachwissen in Sachen Taktik. Es war daher zu vermuten, dass er ein guter Trainer werden würde.

Nicht jeder gute Mittelfeldspieler wird aber ein guter und gar erfolgreicher Trainer.

Wir sprachen über seine Voraussetzungen. Die Frage ist: Kann ein solcher Spieler sein Wissen als Trainer nutzen und weitergeben? In diesem Fall ja, er hat sich nach der aktiven Karriere als Coach im Juniorenbereich von Real Madrid und bei Real Sociedad B weitergebildet, bei Vereinen, die für gute Nachwuchsarbeit stehen. Er hat in der Praxis selbst gelernt und bestätigt, was man vermuten konnte. Auf diesen Etappen bekam er wichtige Erfahrungswerte darüber, was es heißt, Entscheidungen hauptverantwortlich als Trainer zu treffen, taktischer und personeller Natur. Als Spieler Verantwortung zu übernehmen, ist nicht weniger wichtig, aber es ist eine andere Ebene. Dass er die Arbeit als Trainer auch weit oben kann, hat Xabi nun seit über einem Jahr bei Bayer Leverkusen gezeigt.

Wie bewerten Sie seine Arbeit?

Er hatte Erfolg, in Madrid mit der U 14, mit Real Sociedad stieg er in die 2. Liga auf, das hatte es seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Den Abstieg dort sollte man nicht überbewerten, es geht vielmehr darum, dass er dort exzellente Aufbauarbeit geleistet hat. Generell hat er Spieler und Mannschaftsverbunde weiterentwickelt, sie auf ein höheres Niveau gehoben, sonst wäre man nicht aufgestiegen. Jetzt mit Leverkusen steht er an der Spitze, das zeigt erneut, dass er in der Lage ist, das Maximum herauszuholen.

Welche Rolle spielt sein Auftreten?

Man sollte nicht vergessen, dass bei Real Madrid immer etwas los ist. Es gibt immer Nachrichten oder es wird von außen versucht, Nachrichten zu kreieren. So entstehen fast wöchentlich Kontroversen, werden sensible Themen behandelt. Für einen Trainer von Real und für den Klub ist es sehr wichtig, Ruhe auszustrahlen und Eleganz, kein Öl ins Feuer gießen, nicht mal unbewusst, und das ist aufgrund all der genannten Aspekte gar nicht so einfach. Es bedarf einerseits eines starken Charakters, andererseits muss man sich zurücknehmen können. Charakter bitte nur mit Blick auf Spiel, Platz und Mannschaft, Zurücknahme mit Blick auf die öffentlichen Auftritte. Ausreichend Charakter hat Xabi Alonso, was fehlt, um Trainer von Real Madrid zu werden, ist mehr Erfahrung. Doch die sammelt er schon seit ein paar Jahren. Er geht genau den Weg, um eines Tages Trainer von Real Madrid zu werden.

Womöglich 2024, sollte Carlo Ancelotti Brasilien-Coach werden. Oder käme das zu früh?

Abwarten, wie dieses Jahr verläuft. Wir stehen immer noch im ersten Drittel der Saison, und beim Fußball geht es immer um das Jetzt, das Unmittelbare, wie die Dinge gerade laufen. Davon ausgehend wird praktisch immer gehandelt. Das mag mitunter ungerecht sein, für Trainer wie für Spieler, aber so ist nun mal die Realität.

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Interview: Jörg Wolfrum

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