Die Szene hatte das Potenzial zum doppelten Brustlöser: Nach einem leichtsinnigen Fehler im Mainzer Aufbauspiel gewinnt Julian Brandt am vergangenen Samstag nach rund 23 Minuten den Ball, dem Doppelpass mit Erling Haaland folgt ein schöner Schlenzer. Doch: Nüllfünfer-Keeper Robin Zentner kann den Schuss mit einer Flugeinlage klären, kein früher Führungstreffer für den BVB, nicht das erste Saisontor von Brandt.
"Er hat gegen Mainz ein sehr ordentliches Spiel gemacht und hatte zwei gute Abschlüsse", lobte sein Trainer Edin Terzic den Auftritt zwei Tage später, der 24-Jährige sei in der Dortmunder Drangphase der letzten 20 Minuten "total aktiv, an jeder Aktion beteiligt und für den Gegner sehr schwer zu greifen" gewesen. Den entscheidenden Impuls konnte Brandt seinem Team beim enttäuschenden 1:1 allerdings auch nicht geben.
In Leverkusen, dort wo seine Profikarriere zwischen 2014 und 2019 richtig Fahrt aufnahm, wird er sich am Dienstagabend wohl wieder zeigen dürfen, es wäre der zweite Startelfeinsatz in Folge - zum ersten Mal seit Ende November des vergangenen Jahres. Nach einem Durchbruch beim immer noch recht neuen Klub klingt das nicht unbedingt.
Manchmal verkehrt sich Brandts Gabe ins Gegenteil
Brandts Talent ist unbestritten, oft genug hat er es nachgewiesen. Aber seine Gabe, auf dem Feld das Schwere so leicht aussehen zu lassen, verkehrt sich manchmal auch ins Gegenteil; dann misslingt ein einfacher Pass, aus guter Position kommt nur ein Schüsschen oder er streut einen leichtsinnigen Ballverlust ein. Dass der Künstler mit Kapriolen mit seiner lässigen Körpersprache "eine gewisse Lustlosigkeit ausstrahle" werde ihm hin und wieder vorgeworfen, erzählte er einst. Dabei täusche dieser Eindruck fundamental: "Mein innerer Antrieb ist da."
Für konstante Leistungen beim BVB reicht es seit dem Wechsel vor eineinhalb Jahren aber nicht. Die Zahlen deuten im Vergleich zur Zeit bei Bayer sogar einen Rückschritt an: Die Durchschnittsnote sank von 3,31 auf 3,54 beim BVB, die Minuten pro Tor haben sich fast verdreifacht (bei Bayer 312, bei der Borussia 962), auch die Minuten pro Vorlage liegen etwas höher (321 zu 259).
Terzic weiß um Brandts Qualitäten
"Julian ist ein hochtalentierter Spieler, und wir sind sehr glücklich, ihn bei uns zu haben", sagt Trainer Terzic, der weiß, dass Brandt in Topform ein Gewinn für jede Mannschaft sein kann. Alle würden daran arbeiten, dass der Nationalspieler "ganz schnell wieder das Vertrauen in seine eigenen Fähigkeiten" bekomme: "Da sind wir in den letzten Wochen auf einem guten Weg." In Leverkusen hat er die nächste Gelegenheit, das nachzuweisen.