Bundesliga

Becherwurf am Millerntor! Der DFB ermittelt

Siebter Spielabbruch in der Bundesligageschichte

Becherwurf am Millerntor! Der DFB ermittelt

Schreckensmoment: Assistent Thorsten Schiffner (re.) hält sich am Kopf, nachdem er von einem vollen Bierbecher am Kopf getroffen wurde. St. Paulis Lehmann ahnt Böses.

Schreckensmoment: Assistent Thorsten Schiffner (re.) hält sich am Kopf, nachdem er von einem vollen Bierbecher am Kopf getroffen wurde. St. Paulis Lehmann ahnt Böses. Getty Images

90 Sekunden vor Ablauf der regulären Spielzeit brach Schiedsrichter Denis Aytekin das Spiel ab, nachdem sein Schiedsrichter-Assistent Thorsten Schiffner von einem vollen Bierbecher im Nacken getroffen worden war. Die Partie war zu diesem Zeitpunkt zugunsten der Schalker entschieden, die durch Treffer von Raul (26.) und Draxler (66.) mit 2:0 in Führung lagen. St. Pauli war nach Gelb-Rot gegen Kalla (68.) und Rot gegen Bartels (78.) zudem um zwei Spieler dezimiert.

Über die Wertung des Spiels wird nun am grünen Tisch entschieden, den abstiegsbedrohten Hamburgern dürften empfindliche Strafen durch den DFB drohen. Der DFB-Kontrollausschuss nimmt zu Wochenbeginn die Ermittlungen auf, über deren Ergebnisse dann das Sportgericht entscheiden wird. "Eine Entscheidung wird zeitnah fallen", sagte DFB-Mediendirektor Ralf Köttker.

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Aytekin

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Gründungsdatum

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Kein Wiederholungsspiel - Tore und Karten nicht gewertet

Ein Wiederholungsspiel am Millerntor wäre nur in Betracht gekommen, wenn die Gastgeber beim Spielabbruch in Führung gelegen oder es Unentschieden gestanden hätte. Holger Hieronymus, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), meinte: "Solche Vorfälle können wir nicht akzeptieren. Der DFB-Kontrollausschuss wird die Angelegenheit nun zu bewerten haben. Selbstverständlich wird die DFL hierbei gemeinsam mit dem Klub jede gewünschte Unterstützung leisten."

Die Spielaktionen vom Freitag werden vorerst nicht gewertet, weder die Tore von Raul und Draxler, noch die Platzverweise gegen die Hausherren. Dies ließ die DFL am Samstag wissen. Auch das Ergebnis taucht in der Bundesliga-Tabelle nicht auf. "Wir werten so, als hätte das Spiel nicht stattgefunden", sagte ein Sprecher. Nach dem DFB-Entscheid würden alle Aktionen in die Statistiken aufgenommen beziehungsweise über persönliche Strafmaße durch die DFB-Gerichtsbarkeit geurteilt werden, hieß es. Bedeutet: Treffen die Verbandsgremien unter der Woche keine Entscheidung, wären die vom Platz geflogenen Bartels und Kalla im kommenden Bundesliga-Spiel bei Bayer Leverkusen spielberechtigt.

"Ein schwerer Tag für den FC St. Pauli"

Der FC St. Pauli schwebt unabhängig vom Ausgang des ausstehenden Urteils durch das Sportgericht mehr denn je in Abstiegsnot. Die Klubverantwortlichen zeigten sich schockiert: "Das ist ein schwerer Tag für den FC St. Pauli. Wir müssen uns den Ermittlungen stellen", sagte Sportdirektor Helmut Schulte.

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"Das ist nicht zu erklären, über solche Szenen brauchen wir nicht zu diskutieren. Sowas darf in Fußball-Stadien nicht passieren. Wir schimpfen auch auf der Bank, auf dem Platz geht es zur Sache. Aber wer mit Gegenständen wirft, gefährdet andere. Ich kann mich nur im Namen von St. Pauli beim Schiedsrichter-Assistenten entschuldigen", sagte St.-Pauli-Trainer Holger Stanislawski nach dem Spielabbruch: "Wenn man von sowas getroffen wird, ist das nicht witzig. Das ist eine einzige Katastrophe."

Es gibt überhaupt keinen Spielraum. Wir mussten das Spiel abbrechen. Es gab keine andere Wahl!

Schiedsrichter Deniz Aytekin

Manuel Neuer gab sich da schon diplomatisch: "Am Millerntor ist immer was los. Die Entscheidung muss man akzeptieren, das ist eine Sache des Schiedsrichter. Das ist ihre Entscheidung, da haben wir gar nichts zu sagen", meinte der Nationalkeeper.

Später äußerte sich auch Schiedsrichter Deniz Aytekin: "Bereits in der ersten Halbzeit wurden die Assistenten mit Feuerzeugen und Münzen beworfen. Deshalb hatten wir Stadiondurchsagen veranlasst, die aber nichts bewirkten. Allerdings hätten wir das Spiel auch ohne diese Geschehnisse abbrechen müssen. Es gibt überhaupt keinen Spielraum. Wir mussten das Spiel abbrechen. Es gab keine andere Wahl." Er fügte hinzu, dass nun alle notwendigen Unterlagen an den DFB weitergeleitet werden, der dann über weitere Maßnahmen entscheiden soll. Der verletzte Assistenten Schiffner musste von einem Arzt untersucht werden. "Es geht ihm den Umständen entsprechend", sagte Aytekin.

Eine knappe Stunde nach Spielende wurde noch im Stadion ein Tatverdächtiger dingfest gemacht und später auf einer Polizeistation vernommen. Der Mann streitet die Tat bislang ab, es werden weitere Zeugen gesucht.

Siebter Spielabbruch in der Bundesligageschichte

Alle Bundesliga-Spielabbrüche im Überblick

Datum Spielpaarung Grund Spielminute
7. Dezember 1963 Hamburger SV – Borussia Dortmund Nebel 61. Minute
2. Dezember 1967 VfB Stuttgart – Borussia Neunkirchen Nebel 54. Minute
3. April 1971 Borussia M'gladbach – Werder Bremen Bruch des Torpfostens 88. Minute
31. Oktober 1972 Eintracht Braunschweig – Eintracht Frankfurt Nebel 45. Minute
27. November 1976 1. FC Kaiserslautern – Fortuna Düsseldorf Flaschenwürfe der Zuschauer 76. Minute
11. April 2008 1. FC Nürnberg – VfL Wolfsburg Widrige Platzverhältnisse 45. Minute
1. April 2011 FC St. Pauli – Schalke 04 Bierbecher trifft Assistenten 89. Minute

Es ist der siebte Spielabbruch in der Geschichte der Bundesliga, erst zum zweiten Mal wegen des Werfens von Gegenständen. Viermal zuvor waren Nebel und widrige Platzverhältnisse ausschlaggebend. Am 3. April 1971 trug ein gebrochener Torpfosten beim Spiel Borussia Mönchengladbach gegen Werder Bremen die Schuld. Letztmalig sorgte ein Flaschenwurf am 27. November 1976 wurde die Partie zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und Fortuna Düsseldorf vorzeitig abgesetzt. Der jüngste Abbruch datiert jedoch aus der Saison 2008/09, als die Begegnung zwischen dem 1. FC Nürnberg und dem VfL Wolfsburg wegen Unbespielbarkeit des Platzes nach Dauerregen abgebrochen wurde.

Bilder: Spielabbruch beim FC St. Pauli