Bundesliga

Baumgart: "Wir haben den Arsch vollgekriegt!"

Frustrierte Kölner müssen in der Pause viele Gespräche führen - Trainer sieht sich in der Verantwortung

Baumgart: "Wir haben den Arsch vollgekriegt!"

Kölns Coach Steffen Baumgart muss den Trend umwenden.

Kölns Coach Steffen Baumgart muss den Trend umwenden. AFP via Getty Images

Man hätte es kaum für möglich gehalten, doch tatsächlich schafften es durchgeknallte Fans des 1. FC Köln, das Niveau, das die "Geißböcke" auf dem Rasen präsentierten, noch um Längen zu unterbieten. Die sich auch in Dortmund wieder selbst feiernden Ultras schossen während des gesamten Spiels Pyrotechnik ab, unter anderem wurde ein Kameramann durch ein Geschoss offenbar so schwer im Gesicht getroffen, dass er zur Behandlung ins Krankenhaus musste. Den vorbelasteten Kölnern droht damit erneut eine drakonische Verbandsstrafe, sinnvoll wäre sicherlich, zunächst einmal eine Auswärtssperre für jene zu verhängen, die sich dort fackelschwingend als Fans des 1. FC Köln ausgeben.

Die sportliche Katastrophe, die in Dortmund über den FC hereinbrach, steht gleichsam als fettes "Willkommen im Abstiegskampf". Sechs Zähler beträgt der Vorsprung noch auf Abstiegsplatz 17, der Trend ist katastrophal. Acht der zehn Spiele in diesem Jahr konnten nicht gewonnen werden, gleichzeitig mündete die Ergebniskrise in bemitleidenswerter fußballerischer Ausweglosigkeit. Um den Fußball, für den Trainer Steffen Baumgart seit über eineinhalb Jahren gefeiert wird, erfolgreich spielen zu können, muss sich so gut wie alles ändern.

Köln ist Aggressivität abhanden gekommen

Bundesliga, 25. Spieltag

Die Aggressivität ist den Kölnern ebenso abhandengekommen wie die Fähigkeit, den Gegner vom Tor wegzuhalten, ihn in den Zweikämpfen sowie im Lauf- und Passspiel so zu markieren, dass die "Attacke" nicht wirkt wie eine Einladung, den Kölner Strafraum zu belagern. "Wir haben über 90 Minuten nicht das auf den Platz bekommen, was wir bringen können", resümierte ein frustrierter Davie Selke, der keinen Widerspruch erntete für diesen Satz: "In Dortmund musst du einen überragenden Tag erwischen, den haben wir heute nicht erwischt."

Seinen ersten Treffer für den neuen Klub konnte Selke nicht feiern: "Es ging darum, zu zeigen, dass wir noch leben. Für mich persönlich war das irrelevant", so der Stürmer bei "Sky", genervt bekannte er seine Abneigung gegen das Zählen von torlosen Minuten bei Stürmern: "Das geht mir auf den Sack!" Es ginge allein darum, als Mannschaft wieder Spiele zu gewinnen, nicht darum, wie lange die Stürmer nicht treffen. Außerdem bringe es nichts, "irgendwas zu erzählen. Wir müssen es auf dem Platz zeigen", fordert Selke.

Baumgart: "Ich bin doppelt gefragt und muss doppelt Antworten liefern"

Baumgart drehte erwartungsgemäß keine Girlanden um sein Fazit: "Wir haben den Arsch vollgekriegt", raunzte der Trainer, stellte sich demonstrativ vor sein Team und stellte sofort klar: "Ich stehe in der Verantwortung. Ich bin doppelt gefragt und muss doppelt Antworten liefern." Man habe keine Möglichkeiten gehabt, die eigenen Ideen umzusetzen, weil Dortmund in allen Belangen besser war.

In den kommenden Tagen wird Redebedarf herrschen beim 1. FC Köln. Die Pause kommt gerade recht. Baumgart muss nun die richtige Mischung finden zwischen deutlicher kritischer Ansage und einem mentalen Aufbauprogramm. Die Qualität des Kölner Kaders gibt eine sorglose Saison tatsächlich nicht her. Glückliche Umstände auf der einen Seite (Versagen der Konkurrenz) und stetig wachsendes Selbstvertrauen inklusive eines starken Angreifers (Anthony Modeste) sorgten in der vergangenen Saison für den Einzug in die Conference-League.

Dass der FC da nicht hingehört, zeigt sich nun, wo es keinen starken Stürmer mehr gibt und so gut wie kein Spieler konstant auf hohem Niveau anbietet. Das beginnt bei Marvin Schwäbe, setzt sich fort über Timo Hübers und Jeff Chabot bis hin zu Florian Kainz und Dejan Ljubicic, die Stürmerproblematik ist bekannt. Im Klartext: Mit Ausnahme von Jonas Hector und Ellyes Skhiri hätte kein Kölner Profi einen Platz in der Stammelf eines Bundesligisten, der über Rang 12 steht. Am Ende der Saison sind möglicherweise beide weg. Der Rest? Kein Thema - sie sind in der Lage, Bundesliga zu spielen. Aber eben nicht auf konstant hohem Niveau. Der 1. FC Köln ist ein Ausbildungsverein. Und dies wird er auch bleiben in den kommenden Jahren. Inklusive aller Probleme, die dieser Status mit sich bringt.

Frank Lußem

Bilder zur Partie Borussia Dortmund - 1. FC Köln