2. Bundesliga

Auf Schalke kippt die Stimmung immer mehr

Erst Stille, dann Standpauke der Fans beim 0:3 in Karlsruhe

Auf Schalke kippt die Stimmung immer mehr

Nach dem 0:3 in Karlsruhe: Austausch zwischen Schalker Spielern und Fans.

Nach dem 0:3 in Karlsruhe: Austausch zwischen Schalker Spielern und Fans. IMAGO/Jan Huebner

Schlechte Lage, gute Stimmung - so war das vor ein paar Wochen, als der Abstieg des FC Schalke 04 am finalen Spieltag in Leipzig besiegelt wurde. Die mitgereisten Fans spendeten der Mannschaft der Königsblauen seinerzeit Applaus. Es war die Anerkennung für eine furiose Rückrunde (auch ohne Happy End) und zugleich eine Geste der Aufmunterung. Tenor: "Wir stehen weiter zu euch!" Schalketypisch, was in der Zeit nach dem Abstieg passierte: Die Mitgliederzahl schnellte um mehrere 1000 in die Höhe, sie liegt mittlerweile bei fast 180.000.

Die Gelsenkirchener waren geradezu euphorisch: Mit Rückrunden-Erfolgstrainer Thomas Reis würde die direkte Rückkehr in die 1. Liga schon klappen, der Verein selbst sprach früh sehr offen vom "Ziel Wiederaufstieg", am liebsten ohne den Nervenkitzel einer Aufstiegsrelegation.

Fünf Punkte Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz

Innerhalb weniger Wochen hat man es auf Schalke geschafft, die überaus positive Grundstimmung zu zerstören. Der vermeintliche Heilsbringer Reis ist mittlerweile gefeuert, nach dem 0:3 in Karlsruhe am Sonntag hat der Absteiger plötzlich fünf (!) Punkte Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsrang. Der ehemalige Europapokal-Dauergast, der vor nicht einmal fünf Jahren noch im Achtelfinale der Champions League gestanden hatte, wird also auch nach dem Heimspiel gegen Hannover 96 am Samstag bestenfalls auf Platz 16 der 2. Liga rangieren.

Mit nur sieben Punkten nach zehn Partien hat Schalke den Rekord für den schlechtesten Saisonstart eines Bundesligaabsteigers seit Einführung der Drei-Punkte-Wertung 1995/96 eingestellt. 2015/16 hatte der SC Paderborn dieselbe Ausbeute - und ging am Ende als 18. in die dritte Liga. Schalke kassierte beim KSC schon die siebte Niederlage bei nun 23 Gegentoren. Mit sieben Niederlagen nach zehn Spielen starteten zuvor nur drei andere Absteiger in eine Zweitligasaison: die Stuttgarter Kickers 1992, der VfB Leipzig 1994 und eben Paderborn.

Schwache Laufleistung der Schalker

Es ist aber nicht allein die desaströse Bilanz, die aktuell für einen gefährlichen Stimmungsumschwung auf Schalke sorgt. Die Fans sind vor allem wütend über die Art und Weise. Vor seinem Debüt als Trainer des FC Schalke wurde Karel Geraerts nicht müde zu betonen, dass ihm "die Siegermentalität" bei seinen Spielern besonders wichtig ist, die Leistung der Mannschaft in Karlsruhe war jedoch absolut ernüchternd. Ein aussagekräftiges Indiz: Schalkes Spieler liefen zusammengerechnet sechs Kilometer weniger als die Gastgeber.

Im Verlauf des Spiels stellten die mitgereisten Fans ihre Unterstützung ein, sie wollten die Spieler mit ihrem vielsagenden Schweigen wachrütteln. Stille auf Schalke ist nie ein gutes Zeichen. Diese Art des Protests gab es phasenweise schon bei den vorherigen Begegnungen gegen Paderborn (1:3) und Hertha BSC (1:2). Nach dem Abpfiff in Karlsruhe gabs dann in der Kurve eine Standpauke. Der Appell an die Spieler: Sie sollen mehr Einsatzwillen und Kampf zeigen. Im Pott wird das auch dann honoriert, wenn der Erfolg ausbleibt - die Atmosphäre nach der Rückrunde 2022/23 ist das beste Beispiel.

Baumgartl über Reaktion der Fans: "absolut gerechtfertigt"

Die, die sich angesprochen fühlen müssen, reagierten nach der Enttäuschung in Karlsruhe mit Verständnis. Abwehrspieler Timo Baumgartl nannte die Reaktion der Fans "absolut gerechtfertigt", weil die Mannschaft es "mal wieder nicht geschafft" habe, "die Basics auf den Platz zu bringen". Stürmer Simon Terodde meinte: "Sie erwarten ein ganz anderes Gesicht von uns. Ich denke, dass das bei uns allen angekommen ist."

Toni Lieto

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