2. Bundesliga

Karlsruher SC: Architekt Eichner und Schlüsselfigur Stindl

Was den KSC aktuell so stark macht

Architekt Eichner und Schlüsselfigur Stindl

Wiedervereint beim KSC: die alten Teamkollegen Christian Eichner (li., heute Trainer) und Lars Stindl.

Wiedervereint beim KSC: die alten Teamkollegen Christian Eichner (li., heute Trainer) und Lars Stindl. IMAGO/pmk

Ein Blick gut zwölf Monate zurück verdeutlicht den Kontrast eindrucksvoll: Mit null Punkten und 2:8 Toren steckte Karlsruhe nach dem 2. Spieltag der Zweitliga-Saison 2022/23 tief im Schlamassel. Abstiegskampf lautete die realistische Perspektive, verbunden mit dem wirtschaftlichen Horrorszenario, die Eröffnung des umgebauten BBBank Wildpark-Stadions in der 3. Liga begehen zu müssen.

Heute, ein Jahr später, bietet sich ein gänzlich anderes Bild: 33.000 Fans in der schmucken Arena begeisterten sich am Sonntag an einem rassigen 2:2 gegen den Hamburger SV, Karlsruhe rangiert als Vierter mit Tuchfühlung nach ganz oben. Im Duell mit dem Aufstiegsfavoriten trat der KSC selbst über weite Strecken wie ein Spitzenteam auf - und untermauerte Prognosen, wonach die aktuelle Platzierung im vorderen Tabellendrittel keineswegs eine Momentaufnahme bleiben muss.

Die Raute bietet optimale Entfaltungsmöglichkeiten

Eine Entwicklung, die auf verschiedenen Faktoren basiert. Den aktuell augenfälligsten mag dabei die Verpflichtung von Lars Stindl bilden, der auf Anhieb zum Schlüsselspieler in der Offensiv-Zentrale avanciert ist. Hinzu kommen aber diverse weitere Bausteine, die insbesondere Trainer Christian Eichner zu einem aktuell bemerkenswert funktionierenden Gesamtkunstwerk zusammengesetzt hat.

Der Saisonauftakt des KSC

Drohte der Coach vor Jahresfrist angesichts des desolaten Starts auf die viel zitierte "Kippe" zu geraten, gilt er jetzt aus guten Gründen als Architekt des sportlichen Erfolgs. In der Formation mit Mittelfeldraute hat der Fußballlehrer ein System installiert, in dem die Qualitäten seiner Profis optimal zur Geltung kommen. Das gilt bislang nicht zuletzt für Jerome Gondorf (35) zentral vor der Abwehr, obwohl der Kapitän als Spielertyp keinen klassischen Sechser verkörpert.

Routiniers und Talente entwickeln sich deutlich weiter

Ob Routiniers wie Gondorf oder Linksverteidiger Philip Heise (32), ob Youngster wie Mainz-Leihgabe Paul Nebel (20) oder Eigengewächs Tim Rossmann (19), ob ein über Jahre verletzungsgeplagter Ex-Nationalspieler wie Sebastian Jung (33) rechts in der Viererkette - die Liste der Akteure, die unter Eichners Regie mindestens einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht haben, zieht sich praktisch durch den gesamten Kader.

Zugleich herrscht im Team das Selbstverständnis, auch einen erst auf den allerletzten Drücker gesicherten Punkt gegen den HSV keineswegs als Geschenk des Himmels zu empfinden. "Es ist eine gewisse Unzufriedenheit da, nicht mehr herausgeholt zu haben", erklärt etwa der überzeugende Innenverteidiger Robin Bormuth. "Vom Gefühl her sind es eher zwei verlorene Punkte." Schließlich war das 2:2 vom Spielverlauf her zwar glücklich für den KSC, gemessen an den Spielanteilen aber vielmehr schmeichelhaft für Hamburg.

Entscheidungsfindung und Konsequenz sollen sich noch steigern

Was dem KSC zu einer absoluten Top-Mannschaft (noch) fehlt, zeigten die 90 Minuten damit ebenfalls: Eine bessere Entscheidungsfindung im vorderen Drittel, "da müssen wir ruhiger bleiben", urteilt Stindl. Und defensive Konsequenz über die komplette Distanz. Mit einer kurzen Phase der Nachlässigkeit "haben wir den HSV ins Spiel zurückgeholt", sagt Bormuth.

Der HSV, bestätigt Nebel, habe "eben die Qualität, auch kleinste Fehler auszunutzen." So gesehen zeigte sich im ersten Heimspiel 2023/24 also gleichermaßen, wozu der KSC imstande ist - und was er noch verbessern kann. Im Grunde die perfekte Ausgangslage für eine maximal erfolgreiche Saison.

Thiemo Müller

Stindl feiert Traum-Comeback - Vorfreude auf eine "richtig interessante" 2. Liga

alle Videos in der Übersicht