Bundesliga

Arbeitsrechtsexperte: "Wer sich weigert, wird vertragsbrüchig"

Infektionsgefahr nur für Risikogruppe unzumutbar

Arbeitsrechtsexperte: "Wer sich weigert, wird vertragsbrüchig"

Arbeitsrechtsexperte Dr. Jan Friedrich Beckmann spricht über die Rechtslage bei Wiederbeginn.

Arbeitsrechtsexperte Dr. Jan Friedrich Beckmann spricht über die Rechtslage bei Wiederbeginn. imago images

Herr Beckmann, wie wäre es arbeitsrechtlich zu bewerten, wenn sich ein Profi aus Angst vor einer COVID-19-Ansteckung zu spielen weigert?
Wenn es kein behördliches Verbot für seine Berufsausübung gibt und die Vereine ausreichende Maßnahmen für den Gesundheitsschutz treffen, hat ein Profi grundsätzlich kein Recht, sich zu weigern. Er ist durch seinen Vertrag zur Arbeitsleistung verpflichtet. Die Pflegerin im Altenheim kann zum Beispiel auch nicht sagen: "Ich bleibe zu Hause, weil ich Angst habe." Nur wenn der Verein seiner Pflicht nicht nachkommt, die Gesundheitsgefährdung für die Spieler durch Sicherheitsvorkehrungen zu minimieren, könnte sich ein Profi verweigern und hätte dennoch Anspruch auf Lohnzahlung.

Hinkt dieser Vergleich nicht? Ein Pfleger kommt Patienten auch nah, aber er trägt eine Maske. Für Fußballer scheinen Masken schwer vorstellbar, auch wenn es behördliche Entwürfe vorsehen.
Letztlich ist eine Einzelfallentscheidung je nach Branche und Arbeitsplatz erforderlich. Das Problem ist: Die Lage ist medizinisch nicht zu 100 Prozent klar, man kann aktuell nicht sagen, dass auch bei Einhaltung eines bestimmten Schutzkonzepts definitiv nichts passieren wird. Die Länder werden sich dazu mit der Liga und den Gesundheitsbehörden fortlaufend abstimmen müssen, dazu gehört die Frage nach Masken. Die DFL hat bereits ein detailliertes Sicherheitskonzept ausgearbeitet.

Hat ein Fußballer Sonderrechte, weil er sich einer höheren Gefahr aussetzt als zum Beispiel ein Kassierer hinter einer schützenden Plexiglasscheibe?
Welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind, muss ausgehend vom typischen Gefahrenpotenzial jedes einzelnen Berufs bewertet werden. Wenn Mediziner und Behörden ein Konzept absegnen und der Spieler sich dennoch weigert, wird er vertragsbrüchig. Er hat nun mal von Haus aus eine andere Arbeit als ein Kassierer.

Und wenn er einer Risikogruppe angehört, etwa Asthmatiker oder Diabetiker ist?
Dann kann man vertreten, dass es dem Fußballer unzumutbar ist, sich dem Risiko auszusetzen, solange die medizinische Lage nicht zu 100 Prozent klar ist und die Folgen einer Infektion für ihn potenziell besonders schwerwiegend wären. Ähnlich ist es auch, wenn in seinem Haushalt besonders gefährdete Menschen wohnen.

Würde er denn dann weiterbezahlt?
Da hier keine vorübergehende, sondern eine langfristige Unmöglichkeit vorläge, am Spielbetrieb teilzunehmen - zumindest so lange Corona ein Thema ist -, dürfte kein Lohnanspruch bestehen. Bei einer gesundheitlichen Vorbelastung, was im Profisport sicher die absolute Ausnahme ist, kommt aber eventuell eine Lohnfortzahlung wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit in Frage. Das ist eine Frage des konkreten Einzelfalls.

Wie soll das alles funktionieren? Auch im Hinblick auf Ängste und langfristige Verträge?
Die streng juristische Betrachtung einzelner Sachverhalte ist das Eine. Das Andere ist die Praxis: Man wird die Spieler ja gegen ihren Willen kaum auf den Platz zwingen können. Ein Schutzkonzept kann deshalb nur funktionieren, wenn alle Beteiligten eingebunden werden. Die Klubs müssen ihre Spieler mit ins Boot nehmen, wechselseitig klären, wie der bestmögliche Schutz erreicht werden kann. Ein Beispiel: Wenn Robert Lewandowski Sorgen äußern würde, würde der FC Bayern ihm ja kaum fristlos kündigen, wenn er nicht spielen will. Zumindest wäre keiner der Parteien geholfen. Da muss eine enge Abstimmung untereinander her. Funktionieren kann das nur bei gegenseitigem Vertrauen.

Interview: Benni Hofmann