2. Bundesliga

Hürzeler und der Kampf gegen die Pfiffe auf St. Pauli

Irritationen bei St. Pauli trotz Platz 1

Hürzeler und der Kampf gegen die Pfiffe: "Kann nicht 5000 Leute zu einer Fortbildung einladen"

Hält trotz Pfiffen an seinem Ansatz fest: Fabian Hürzeler.

Hält trotz Pfiffen an seinem Ansatz fest: Fabian Hürzeler. picture alliance / xim.gs

Fabian Hürzeler hat das Thema zunächst scheinbar in einen Halbsatz verpackt und doch ganz bewusst auf die Tagesordnung gesetzt. "Wichtig war, dass die Mannschaft trotz der Pfiffe ruhig geblieben ist." Pfiffe gegen den Spitzenreiter? Die damit einhergehenden Nachfragen hat er ganz bewusst provoziert - und ohne Schärfe beantwortet.

Göttlich warnt vor unverhältnismäßiger Erwartungshaltung

Präsident Oke Göttlich hatte in der vergangenen Woche davor gewarnt, dass die Erwartungshaltung auf und an St. Pauli unverhältnismäßig sei, wenn Spektakel als Normalität und Partien wie beim 2:2 in Paderborn als Enttäuschung bewertet würden. Der Trainer sieht die Pfiffe weniger darin begründet, dass sich die Maßstäbe an seine Mannschaft verändern, sondern vielmehr in der von ihm verordneten Spielweise. Hürzelers Idee fußt auf maximaler Kontrolle und Kombinationen durch das Zentrum.

Wenn der Gegner, wie am Samstag der KSC das Zentrum verdichtet, kann der St. Pauli-Motor zwischenzeitlich nahezu komplett zum Stehen kommen. "Die Zuschauer haben gepfiffen, weil wir den Ball aus ihrer Sicht zu langsam gespielt haben", sagt der 30-Jährige, "aber das ist genau unser Spiel". Und das soll es bleiben. "Das Mutige war, dass die Jungs unseren Stil durchgezogen haben und nicht wild geworden sind." Trotz eines 0:1-Rückstandes und der Pfiffe angesichts scheinbarer Ideenlosigkeit.

Was Teile des Publikums (noch) nicht verstehen

Bekommt St. Pauli trotz Platz 1 ein Zuschauer-Problem? Hürzeler ist um eine sachliche Einordnung bemüht: "Von 30.000 haben vielleicht 5000 gepfiffen. Die meisten verstehen inzwischen, wie wir Fußball spielen wollen und irgendwann verstehen es die restlichen 5000 auch noch. Aber ich kann nicht alle 5000 einladen zu einer Fortbildung und erklären, warum wir so spielen."

Dabei hat es gezielte Treffen mit einzelnen Fangruppierungen zu Thema Spielsystem tatsächlich schon gegeben, zum Beispiel mit dem "Alten Stamm", einer Mischung aus ehemaligen Spielern und Funktionären. "Wir versuchen schon, nach außen zu transportieren, was die Idee ist, machen verschiedene Maßnahmen", erläutert Hürzeler, "aber anscheinend ist das noch nicht bei allen angekommen".

Hürzelers Ansatz, trotz situativer Pfiffe auf Platz 1, die Zuschauer mitnehmen zu wollen, ist bemerkenswert. Eine wirkliche Problematik sehen er und seine Profis ohnehin nicht auf sich zukommen. "In der Schlussphase", findet Marcel Hartel, "war die Unterstützung und Lautstärke unglaublich. Das Stadion hat uns getragen." Die Pfiffe waren da längst verstummt. Ein Thema sind sie dennoch.

Sebastian Wolff

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