2. Bundesliga

Boyds Grinsen, Luxusprobleme und hoffnungsloses Marketing

Lauterns Torjäger auf und neben dem Platz in Hochform

Boyds Grinsen, Luxusprobleme und hoffnungsloses Marketing

Der Bann ist gebrochen: Terrence Boyd hat sein erstes Saisontor erzielt.

Der Bann ist gebrochen: Terrence Boyd hat sein erstes Saisontor erzielt. IMAGO/Jan Huebner

"Na na na na na naaa, Terrence Terrence Boyd, Terrence Boyd, Terrence Terrence Boyd" schallt es am Samstagabend in Dauerschleife durchs Fritz-Walter-Stadion. Der Publikumsliebling freut sich sichtlich und kommt auf dem Rasen aus dem Grinsen gar nicht mehr raus, während des laufenden Spiels wohlgemerkt. Diese Szene beim 3:3 gegen den Hamburger SV zeigt eindrucksvoll, wie erleichtert alle sind, dass Boyd endlich sein erstes Saisontor erzielt hat.

Das Tor? Kein klassischer Boyd

Und was für eins. Es war nämlich alles anderes als ein klassischer Boyd. Trainer Dirk Schuster bekräftigt das lautstark und lachend: "Nein!" Im Sprint erläuft Boyd den Flugball, lässt im Stile eines Dribbelkünstlers den Hamburger Dennis Hadzikadunic aussteigen und schiebt eiskalt ein. Die wenigsten hätten ihm diese Szene nach dem persönlich schwierigen Saisonstart zugetraut. Das Trainerteam schon.

Als klar war, dass Ragnar Ache vorerst ausfallen wird, suchen Schuster und sein Trainerteam mehrfach des Gespräch mit dem Torgaranten der Vorsaison (13 Treffer). "Uns war wichtig, dass wir ihn vom Kopf dahinkriegen, dass er befreit ist, sich nicht massiven Druck macht und denkt: Ich stehe in der Startelf, ich muss, ich muss, ich muss. Nein spiele Fußball, arbeite für die Mannschaft, der Rest kommt von selbst. So war es", erzählt Schuster, der genau weiß, wie er mit dem zuweilen etwas zu selbstkritischen Angreifer umgehen muss. "In den Kopf von Terrence kann man schon reingucken", berichtet Schuster lachend: "Wir kennen ihn ja schon aus Darmstadt und trauen uns zu, seine Befindlichkeiten und Reaktionen einigermaßen einschätzen können."

Ein launiges Gespräch

Die Message ist angekommen, Boyd hat sein Torjägergen auf dem Rasen wiedergefunden und läuft auch in einem launigen Mixed-Zone Gespräch nach dem Spiel zu gewohnter Hochform auf.

Terrence Boyd, überwiegt die Freude über das Tor oder der Frust über den verpassten Sieg?

Natürlich ist es für einen Stürmer erleichternd, wenn du dich anmeldest in der Liga und wieder da bist. Über was wollen wir uns jetzt beschweren? Dass wir gegen Düsseldorf und den HSV nicht gewonnen haben? Das hätten wir vor wenigen Jahren noch anders gesehen. Das sind Luxusprobleme und zeigen das neue Plateau, auf dem wir uns befinden. Es zeigt, dass wir als Klub vorankommen.

Es war alles andere als ein klassisches Boyd-Tor.

Nein, kein Stolpertor (lacht).

Das haben sie gesagt. Die meisten Zuschauer dürften aber tatsächlich etwas erstaunt gewesen sein. Dieser Treffer nach einer alles andere als einfachen Saison. Respekt.

Ich bin einfach ins Spiel gegangen: Arsch aufreißen, das Glück ist mit den Tüchtigen. Das war es dann. Ich habe geguckt, wo der Verteidiger anbeißt. Ein Arschwackler, dann hat er angebissen, ich habe die richtige Ausfahrt genommen und dann war er zum Glück drin. Umso schöner wäre es, wenn wir das Spiel gezogen hätten ...

Drei Tore vorne in Düsseldorf, zwei gegen den HSV, unterm Strich nur ein Punkt ...

Natürlich ist so etwas als Sportler scheiße. Wir hatten sie. Auch nach dem 3:3 hatten wir zwei Chancen, den Sack zuzumachen. So ist das Spiel.

Aufholjagden sind ja eigentlich FCK-Spezialität.

Genau!

Was ist gerade los?

Das lässt sich nicht so einfach erklären. Vielleicht gewinnen wir auch einfach mal ein Spiel 1:0. Wir gehen jedes Woche ran und wollen das. Aber da sind noch ein paar andere besser bezahlte und besser ausgebildete Spieler auf der Gegenseite, die etwas dagegen haben. Wir haben immer einen guten Matchplan.

Agiert die Mannschaft zu selbstsicher mit dem Wissen, zwei Tore vorne zu liegen?

Ich habe nicht das Gefühl. Ich weiß auch nicht, ob mental irgendwas anders ist. Wenn wir das wüssten, würden wir es nicht dazukommen lassen. Es ist schade, weil wir uns gegen zwei Top-Teams wirklich teuer verkauft haben. Aber wir wissen: Wir können in den Spiegel schauen.

140.000 Zuschauer in einer Woche, das ist hier irgendwie normal.

Terence Boyd

Neutrale Zuschauer kommen beim FCK jede Woche auf ihre Kosten. Kann es der FCK nur noch spektakulär?

Das ist die Norm hier (lacht). Genauso, dass jetzt innerhalb von einer Woche zu drei Heimspielen über 140.000 Zuschauer kommen. Das ist irgendwie auch normal. Da gibt es zig Bundesligisten, da kann die Marketing-Abteilung machen, was sie will - so viele Leute ziehen sie nicht. Das ist eine große Ehre für uns Spieler, dass wir hier auf dem Platz kämpfen können vor so einer Kulisse und gemeinsam mit den Fans einen Hexenkessel draus machen. Ergo gibt es dann solche Spielverläufe. Absichtlich machen wir das nicht (lacht).

Etwas mehr defensive Stabilität würde zwar zu Lasten dieses Spektakels gehen - aber das Punktekonto würde sich vielleicht darüber freuen. Marlon Ritter sagt, man müsse etwas gieriger verteidigen.

Da hat er Recht, das stimmt schon. Es sind Kleinigkeiten. Dieses gieriger sein, es dem Gegner noch schwerer zu machen, durchzukommen. Da müssen wir hin. Das ist aber eine gesamtmannschaftliche Geschichte, kein Thema allein der Abwehrspieler.

Am Dienstag geht es gegen Köln. Was ist drin?

Die müssen hierherkommen (grinst).

Das klingt so, als könnte es ein ungemütlicher Abend für den FC werden.

Ich sage ja, die müssen zu uns kommen (grinst). Ich weiß auf jeden Fall, dass es kein normales Spiel wird. Das ist schonmal ein Trumpf für uns. Wir haben Respekt, aber vor keinem Gegner Angst.

Moritz Kreilinger

Jubilar Horst Steffen: Die Zweitliga-Trainer und ihre Amtszeiten