Bundesliga

Bells Wiederentdeckung als Schlüsselfigur bei Mainz 05

"Wenn man ihn abschreibt, macht man einen Fehler"

Bells Wiederentdeckung als Schlüsselfigur

Zeigte eine überragende Leistung: Stefan Bell.

Zeigte eine überragende Leistung: Stefan Bell. IMAGO/HMB-Media

Mit zwei Treffern, die er zudem selbst maßgeblich herausgearbeitet hatte, besaß Jae-Sung Lee ganz offensichtlich entscheidenden Anteil am Mainzer 3:1-Erfolg gegen Augsburg. Das Wort "Matchwinner" wollte Sportdirektor Martin Schmidt in diesem Zusammenhang dennoch nicht allzu leichtfertig in den Mund nehmen. Nicht weil es Zweifel gäbe an Lees exzellenter Vorstellung. Sondern vielmehr deshalb, weil bei etwas näherer Betrachtung definitiv noch ein zweiter 05-Profi diese Auszeichnung verdient: Abwehrchef Stefan Bell, der als Organisator der Dreierkette und noch mehr als Zweikämpfer mit absoluter Lufthoheit eine wahrhaft überragende Leistung bot.

Weil Bello jeden Kopfball gewonnen hat, haben sich taktische Fehler nicht ausgewirkt.

"Bello hat jeden Kopfball gewonnen", schwärmt Schmidt, und sei genau damit zur Schlüsselfigur avanciert im erfolgreichen Kampf gegen Augsburgs Matchplan mit hohen Bällen auf die Stürmer. Zum gleichen Schluss kommt Cheftrainer Bo Svensson: "Unsere Abstimmung hat zwar nicht immer gepasst. Aber weil Bello jedes Kopfballduell, jedes eins gegen eins gewonnen hat, haben sich taktische Fehler überhaupt nicht ausgewirkt. Wir haben aus dem Spiel praktisch nichts zugelassen." Dank Stefan Bell, Mittelmann der Dreierkette und in jeder Beziehung zentrale Figur.

Formation mit Hanche-Olsen und Fernandes soll zur Dauerlösung werden

Dass der 31-Jährige tatsächlich wieder eine solche Bedeutung erlangt, war im Saisonverlauf über weite Strecken nicht unbedingt absehbar. Nach einer durchwachsenen Anfangsphase verlor Bell zunächst seinen Stammplatz als rechter Innenverteidiger an Edimilson Fernandes. In der Mitte der Dreierkette setzte Svensson lange Zeit auf Alexander Hack. In der Winter-Vorbereitung plagten Bell dann Verletzungsprobleme, weshalb er beim Re-Start noch fehlte.

Mittendrin ist der Routinier erst wieder seit dem 5:2 gegen Bochum Ende Januar - und trotz der kurzen Zeit bereits voll etabliert. Wohlgemerkt nun als zentrales Glied der Dreierkette neben Neuzugang Andreas Hanche-Olsen (rechts) und Fernandes (jetzt links). Diese Formation brachte Svensson am Wochenende im dritten Liga-Spiel hintereinander nach den Duellen gegen Bochum und bei Union (1:2). Fazit des Coaches: "Sie machen es sehr gut und haben jedes Mal sehr wenig zugelassen." Auf der zwischenzeitlich fast schon verzweifelten Suche nach einer eingespielten Abwehrformation "kann das die Lösung sein".

Die Rolle in der Mitte ist im Moment perfekt für ihn. Da fühlt er sich wohl.

Bell ist dabei plötzlich nicht mehr wegzudenken ist, was vor wenigen Wochen noch deutlich anders aussah. "Wenn man Stefan Bell abschreibt", kommentiert Svensson trocken, "macht man einen Fehler. Das muss mittlerweile jedem klar sein. Er war hier ein paar Mal abgeschrieben. Aber solange ich hier Trainer bin, werde ich mir sehr, sehr stark überlegen, ihn abzuschreiben." Für Schmidt hat Bells Entwicklung maßgeblich mit dessen Positionierung zu tun: "Die Rolle in der Mitte ist im Moment perfekt für ihn, da fühlt er sich wohl. Gegnerische Tempoläufe in die Tiefe werden von den beiden anderen abgefangen, Bello kann das Organisatorische regeln, da hat er immens viel auf der Speicherkarte. Und Zweikämpfe, Kopfbälle sind sowieso sein Metier."

Svensson und der aktuell gefeierte Profi selbst wollen sich indes nicht auf eine Idealposition versteifen. Schließlich hatte Bell vergangene Saison rechts ebenfalls konstant überzeugt. Auch dieser Job, so der Verteidiger am Sonntag, bleibe für ihn "interessant". Ohne Not wird Svensson seine Dreierkette auf absehbare Zeit aber tunlichst nicht mehr verändern.

Thiemo Müller