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Was hinter dem neuen Super-League-Vorstoß steckt

Völler spricht von "Schnapsidee"

Was hinter dem neuen Super-League-Vorstoß steckt

2021 sorgte der Super-League-Vorstoß für viele Fanproteste.

2021 sorgte der Super-League-Vorstoß für viele Fanproteste. imago images/PA Images

Das 23 Seiten lange Dokument fasst die Argumente der Treiber hinter der Eliteklasse zusammen. Sie kritisieren, dass das ab 2024 gültige Champions-League-Format einfach nur einen Zuwachs an Spielen von 125 auf 189 bedeute, für die Fans aber wenig attraktiv sei. Vorhersehbarkeit der nationalen Meisterschaften, die Premier League als finanziell enteilter Wettbewerber, die Königsklasse als Wettbewerb, der nicht wirklich für alle europäischen Titelträger zugänglich ist. All das sind griffige Motive, die "A 22 Sports Management" nennt. Das ist eine Madrider Firma mit dem Geschäftszweck der Gründung einer Super League.

Neuer Versuch ernster zu nehmen als der im Vorjahr

Ein Vorstoß zu dieser im April 2021 war unter Gegenwind der UEFA und Fanprotesten zusammengesackt, lediglich Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin halten an der Idee fest. Dass A22 mit Reichart nun einen erfahrenen deutschen Medienmanager, zuletzt CEO bei RTL, an Bord holt, beschreibt ein deutscher Kluboffizieller im Gespräch mit dem kicker als smarten Move. Reichart kenne den Markt, er wisse, wie man Geld verdient mit Sport. Das jetzige Vorgehen sei wesentlich ernster zu nehmen als der Versuch aus dem Vorjahr.

Allerdings wirkt manches Argument auch befremdlich, zum Beispiel die dramatisch geringere Monetarisierung des Frauenfußballs durch die UEFA. Noch 2019 etwa bezifferte die Managerin der Frauen des Super-League-Treibers FC Barcelona, Maria Teixidor, gegenüber dem Spiegel das Jahresbudget der Profi-Frauen auf 3,5 Millionen Euro. Eher unwahrscheinlich, dass die Kluft zu den Männern seitdem dramatisch geschwunden ist. Und ein weiterer Punkt liefert Wasser auf die Mühlen der UEFA: Die propagierte, fehlende finanzielle Nachhaltigkeit. Hier sind die Gewinn- und Verlustrechnungen der großen europäischen Klubs für 2019/20 und 2020/21 aufgeführt. Das größte Minus schrieb Barca (579 Mio. Euro), das fünftgrößte Juve (300 Mio.), das Duo, das gemeinsam mit Real die Super League anstrebt. Zudem sind gerade die beiden aufgeführten Spielzeiten heftig von der Pandemie betroffen, Stichwort Geisterspiele.

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Wettbewerb der Eliteklubs

Die Gründung der Super League

zum Thema
  • 19. April 2021: In der Nacht vor der CL-Reform 2024 geben zwölf europäische Klubs die Gründung der Super League bekannt.
  • Fans, Verbände, nationale Ligen, Klubs, Spieler und Trainer lehnen die Gründung der Super League ab.
  • Rund 48 Stunden später gibt die Super League bekannt, dass es den Wettbewerb in dieser Form zu diesem Zeitpunkt nicht geben wird.

"Der europäische Klubfußball steht aktuell vor einigen schwierigen Herausforderungen, die sich nicht von allein lösen werden", wird Reichart in der Pressemitteilung von A22 zitiert. Und weiter: "Ich bin mir sicher, dass der Fußball, den wir alle lieben, profitieren wird, wenn wir gemeinsam einen ehrlichen und offenen Dialog - frei von Zwängen - über eine bessere Zukunft durch eine ernsthafte Reform führen." Aus DFL-Kreisen ist zu hören, dass man sich hart gegen die Super League stellen werde.

Die Initiatoren der Super League sind auf dem völlig falschen Dampfer. Das Argument, dass die Leute im Tennis auch 40-mal im Jahr Federer gegen Nadal sehen wollen, ist scheinheilig.

Rudi Völler

Gegenwind kommt auch von den deutschen Klubs, gegenüber dem kicker in Form von Rudi Völler. "Die Initiatoren der Super League sind auf dem völlig falschen Dampfer. Das Argument, dass die Leute im Tennis auch 40-mal im Jahr Federer gegen Nadal sehen wollen, ist scheinheilig. Wer sagt denn das? Wer will denn Real gegen Juve sechsmal im Jahr sehen?", fragt der langjährige Sportgeschäftsführer von Bayer Leverkusen, der heute im Gesellschafterausschuss des Werksklubs sitzt, rhetorisch. "Barca gegen Real, Bayern gegen Dortmund und Liverpool gegen ManCity. Das wollen die Leute sehen. Aber den Rest doch nicht. Das wird völlig überschätzt. Dann sollen sie wenigstens so ehrlich sein und sagen, dass es ihnen nur ums Geld geht. Alles andere ist vorgeschoben. Die Klubs, die schlecht gewirtschaftet haben, müssen halt auf solche Ideen kommen."

Allerdings unterstellt Völler dem neuen Versuch eine bessere Aufbereitung: "Auch wenn sie es jetzt etwas cleverer machen und auch von Auf- und Abstieg sprechen - wobei man abwarten müsste, was davon am Ende wirklich übrigbliebe - ist die Super League für mich immer noch eine absolute Schnapsidee. Real gegen Juve zweimal in der Gruppenphase und vielleicht noch einmal im Halbfinale - dann ist es auch gut. Die Champions League ist doch ein super Produkt."

Spannung beim EuGH-Verfahren

Mit Spannung ist vor dem Hintergrund des neuen Vorstoßes das EuGH-Verfahren in der Sache zu betrachten. Im Juli trugen die Parteien ihre Argumente vor. Da ließen die Richter in Luxemburg durchaus durchblicken, dass die UEFA sich kartellrechtswidrig verhalten haben könnte. Auch weil sie als Ausrichter und zugleich als Vermarkter der europäischen Klubwettbewerbe agiert. Allerdings stellte der EuGH auch die Frage, woher sich die abtrünnigen das Recht nähmen, auf mehreren Hochzeiten tanzen zu wollen, also innerhalb und außerhalb der Verbandspyramide. Im März ist mit einem Urteil in der Sache zu rechnen.

Benni Hofmann, Stephan von Nocks