Bundesliga

Als Fußballromantiker wird Kostic nicht in Erinnerung bleiben

Kommentar

Als Fußballromantiker wird Kostic nicht in Erinnerung bleiben

Er verlässt die Eintracht in diesem Sommer: Filip Kostic.

Er verlässt die Eintracht in diesem Sommer: Filip Kostic. imago images

Als Filip Kostic am vergangenen Freitag beim 1:6 gegen den FC Bayern in der 74. Minute ausgewechselt wurde, ahnte er wohl schon, dass dies sein letzter Auftritt im Waldstadion war. Der Linksaußen winkte auf dem langen Weg in die Katakomben den Fans zu, das wirkte auf viele Zuschauer bereits wie ein Abschiedsgruß.

Vier Tage später ist es tatsächlich so weit, nach vier überaus erfolgreichen Jahren am Main, gekrönt mit dem Europa-League-Triumph im Mai, verlässt Kostic die Hessen. Dass der Serbe dem Lockruf der Alten Dame folgt, ist nachvollziehbar. Der kicker schrieb bereits in der Ausgabe vom 16. Juni: "Als frischgebackener Europa-League-Sieger und 'Spieler der Saison' in diesem Wettbewerb ist er in Frankfurt auf dem Gipfel angekommen. Im Herbst wird er 30 Jahre alt, wenn er noch einmal ein neues Abenteuer wagen will, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt. Juventus ist obendrein ein Weltklub, aus Sicht des Spielers wäre es nur allzu verständlich, diese wohl einmalige Chance zu ergreifen."

An dieser Einschätzung hat sich nichts geändert, der Zeitpunkt hinterlässt allerdings ein Geschmäckle. Einen Tag vor dem geschichtsträchtigen Kräftemessen mit Real Madrid Lebewohl zu sagen, das versteht nicht jeder. Nach dem wochenlangen Eiertanz rund um den Wechsel, wäre es auf zwei, drei Tage nicht mehr angekommen. Gegen die Königlichen hätte sich Kostic würdig verabschieden können. Man mag nun argumentieren, dass Juventus und der Spieler keine schwere Verletzung und damit den Wechsel riskieren wollten. Allerdings ist Kraftpaket Kostic beileibe kein verletzungsanfälliger Spieler, das Risiko entsprechend minimal.

Kostic wollte schon 2019 der "Büffelherde" folgen

Ob der Abgang am Tag vor dem großen Spiel egoistisch gegenüber den Mitspielern und stillos ist oder einfach nur rational, darüber gehen auch innerhalb der kicker-Redaktion die Meinungen auseinander. Als Fußballromantiker wird Kostic in Frankfurt jedenfalls nicht in Erinnerung bleiben. Schon 2019 wäre er nach kicker-Informationen gerne gemeinsam mit der "Büffelherde" (Haller, Jovic, Rebic) gegangen, Angebote blieben aber aus.

Vor einem Jahr wollte er auf den letzten Drücker per Streik einen Wechsel zu Lazio Rom erzwingen, das läppische Zehn-Millionen-Euro-Angebot lehnte Markus Krösche allerdings ab. Für diese Hartnäckigkeit des Sportvorstands sollte der Linksaußen ewig dankbar sein, denn nun steht nicht nur ein internationaler Titel in seiner Vita, in Italien spielt er künftig auch auf höchstem Level.

Kostics unnachahmliche Sprints in die Tiefe, seine messerscharfen Schüsse und präzisen Flanken werden den Fans immer in freudiger Erinnerung bleiben. Wenn Kostic die Linie entlangrannte, erhoben sich die Zuschauer von ihren Plätzen und ein Raunen ging durchs Stadion. In 172 Pflichtspielen für die Eintracht kam er auf 99 Scorerpunkte (33 Tore, 66 Assists). Kostic gab der Eintracht viel, aber er bekam auch eine Menge zurück.

Ein Eins-zu-eins-Ersatz ist kaum möglich

Nach den Abstiegen mit Stuttgart und dem HSV entdeckte Ex-Trainer Adi Hütter die ideale Position für den serbischen Nationalspieler: links in der Fünferkette. In dieser Grundordnung konnte er mit seinem Tempo aus der Tiefe kommen, das blitzschnelle Umschaltspiel war für ihn wie maßgeschneidert. Erst seine guten Trainer in Frankfurt und der außergewöhnliche Teamspirit ermöglichten es Kostic, aufzublühen und zu dem Spieler zu werden, der er ist.

Nun geht er als Europa-League-Held, als Teil der jetzt schon legendären Mannschaft, die 2022 das schier Unmögliche schaffte und nach 42 Jahren wieder einen internationalen Titel an den Main holte. Daran werden die Zeitzeugen unter den Fans auch in Jahrzehnten noch voller Dankbarkeit zurückdenken. Um in einer Reihe mit Vereinsikonen wie Bernd Hölzenbein, Jürgen Grabowski oder auch Alex Meier genannt zu werden, hätte er seinen Vertrag in Frankfurt allerdings verlängern und bleiben müssen.

Trainer Oliver Glasner steht nun vor der Herkulesaufgabe, Kostic zu ersetzen. Stellt er die Grundordnung um? Oder kommt noch ein neuer Schienenspieler für die linke Seite? Es wird spannend zu beobachten sein, wie sich das Spiel ohne Kostic, der oft den Unterschied machte, verändern und entwickeln wird. Einen Eins-zu-eins-Ersatz zu finden, wird intern wie extern kaum möglich sein.

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