Bundesliga

Der Fall Lewandowski: Wie es zum Bruch kam

Es ist nicht nur die mangelnde Wertschätzung

Der Fall Lewandowski: Wie es zum Bruch kam

Ab Januar wurde bei Robert Lewandowski die Unzufriedenheit in München.

Ab Januar wurde bei Robert Lewandowski die Unzufriedenheit in München. IMAGO/Sven Simon

Die abgelaufene Saison startete für ihn, wie die Spielzeit 2020/21 geendet hatte: Robert Lewandowski traf und traf und traf. Gerade im Zusammenspiel mit Thomas Müller funktionierte der bayerische Angriffsapparat wie ein perfekt programmierter Roboter. Schnell führte er die Torschützenliste an, brach weitere Rekorde und wurde - wie schon im Vorjahr - erneut zum FIFA-Weltfußballer gewählt. Bis dahin verlief die Saison, mit dem Makel des DFB-Pokal-Ausscheidens und dem zweiten Platz bei der Ballon-d’Or-Wahl, beinahe nach Plan für ihn.

Unmuts-Gesten häuften sich

Spätestens im Januar aber änderte sich das Wohlbefinden des Polen. Insbesondere sportlich. War er in der Hinrunde nur vereinzelt, wie beim 2:1-Sieg gegen Mainz, schimpfend und unzufrieden auf dem Platz zu sehen, häuften sich diese Unmuts-Gesten in der zweiten Saisonhälfte. Sportlich braute sich in München etwas zusammen, das nicht mehr dem fußballerischen Reinheitsgebot an der Säbener Straße entsprach. Lewandowski wurde von seinen Kollegen seltener gefunden, allein in der Rückrunde blieb er sechs Bundesligaspiele ohne Treffer. Ungewohnt für ihn - und ungenügend, um wieder Weltfußballer werden zu wollen.

Lewandowski kritisierte intern auch den Bayern-Fußball

Diese Entwicklung nahm der Pole früh wahr, sie gefiel ihm nicht. Natürlich auch deshalb nicht, weil er letztlich seltener glänzen konnte. Nichtsdestotrotz: Wo der Angriffsvortrag einst flüssiger lief als der Bierausschank auf dem Oktoberfest, fehlten im Jahr 2022 die Abstimmung und die Struktur. Die Torchancen für ihn wurden weniger, vieles entsprang dem Zufall oder der individuellen Klasse. Von den 41 Bayern-Toren in der Rückrunde waren am Ende nur sieben fein herausgespielt. Lewandowski, so erfuhr der kicker, kritisierte auch intern die Art und Weise des praktizierten Fußballs. Weil seine persönlichen sportlichen Ziele - erneut Weltfußballer zu werden oder erneut die Champions League zu gewinnen - in weite Ferne rückten.

Es ging nicht per se um Haaland, sondern um die Prioritätenverteilung

Dass die Bayern-Bosse zudem die Gespräche über eine mögliche Vertragsverlängerung weit in den Frühling hinausgezögert hatten, missfiel dem Polen ebenfalls. Dass sich die Verantwortlichen mit Erling Haaland beschäftigten, nahm er zur Kenntnis - wohlwissend, wie das Geschäft funktioniert, sagte er ja selbst, dass er "die Philosophie des Vereins verstehe". Problematisch für Lewandowski war die Prioritätenverteilung: Erst Haaland, dann er. Diese für ihn mangelnde Wertschätzung war der nächste Störfaktor. Der 33-Jährige war sportlich und persönlich enttäuscht von den Umständen an der Säbener Straße.

Robert Lewandowski

Auch bei der polnischen Nationalelf läuft es derzeit nicht: Robert Lewandowski nach dem 1:6 gegen Belgien. IMAGO/Newspix

Aktuell gefährdet Lewandowski sein Image

Nach dem Saisonfinale verkündete Lewandowski in Wolfsburg, dass er Sportvorstand Hasan Salihamidzic mitgeteilt habe, den Vertrag nicht zu verlängern. Seither ist klar: Der Pole will schon jetzt weg, in diesem Sommer, zum FC Barcelona. Und zwar, so scheint es, um jeden Preis. In den vergangenen Wochen ließ er kaum eine Möglichkeit ungenutzt, um seinen Wechselwunsch zu äußern und seinen auch emotionalen Abschied aus München zu erwähnen. Der öffentlich ausgetragene verbale Schlagabtausch mit den Bayern-Bossen poliert sein Image sicherlich nicht auf, im Gegenteil.

Bayern sucht den 30-Tore-Stürmer

Doch klar ist auch: Lewandowski ist weiterhin ein Angestellter, sein Arbeitsvertrag läuft noch bis zum Sommer 2023. Die Bayern haben bis dato noch keinen geeigneten Ersatz für den Top-Stürmer gefunden. Nur dann, wenn die Möglichkeit besteht, einen Angreifer verpflichten zu können, dem man in München zutraut, annähernd 30 Tore pro Saison zu schießen, können die Verantwortlichen den Wechselabsichten Lewandowskis entgegenkommen.

Ansonsten wird die Konstellation, wie einst in Dortmund 2013/14, eintreten. Und die heißt: Bleiben. Ob er will oder nicht.

Georg Holzner