2. Bundesliga

Entwicklung ins Nichts

In der Liga geht es für den HSV um nichts mehr, für die Bosse geht es um die Zukunft

Entwicklung ins Nichts

In der entscheiden Phase der Saison liegt der HSV erneut am Boden.

In der entscheiden Phase der Saison liegt der HSV erneut am Boden. IMAGO/Eibner

Immerhin, auf den Hamburger SV ist Verlass. Er scheiterte beim kläglichen 0:1 am Sonntag auch im achten Versuch, einen Zweitligasieg gegen Holstein Kiel zu landen, vergab in bewährter Manier mit der obligatorischen Frühjahrs-Krise (nur ein Sieg aus sieben Spielen) den Bundesliga-Aufstieg - und er wird, was für die bevorstehende Saisonanalyse von großer Bedeutung ist, auch unter Tim Walter mehr und mehr zu seinem eigenen Abziehbild.

Mehr als eine Ergebniskrise

Bis vor wenigen Wochen konnten der Trainer und die Verantwortlichen für sich reklamieren, dass sie in dieser Spielzeit eine Entwicklung angestoßen haben. Der HSV war nicht nur jünger und frischer, er wirkte auch mutiger als während der ersten drei vergeblichen Versuche, in die Bundesliga zurückzukehren. Inzwischen aber bilden die Vorträge der Mannschaft die nächste Parallele. Erst fehlten die Ergebnisse, mittlerweile fehlt auch der Esprit.

Schon beim 1:1 in Düsseldorf und dem 1:2 gegen Paderborn war viel brotloser Ballbesitz wie in den Vorjahren auffällig, in Kiel nun hatte die Schein-Überlegenheit ihren bisherigen Höhepunkt erreicht: Nach noch elanvoller, aber fehlerhafter erster Hälfte, schwanden nach dem Wechsel erstmals auch Überzeugung und Glaube bei einer Mannschaft, die unter Walter lange Zeit im Gewand der Unbeugsamen dahergekommen war. An der Förde kam diese trotz am Ende 70 Prozent Ballbesitz im zweiten Durchgang nur noch einmal gefährlich vor das Tor, fand weder Lücken noch Räume. "Wir waren etwas verkrampft, fahrig und nicht mehr zielstrebig", sagt Walter.

Saisonendspurt birgt nur noch personelle Brisanz

Der Trainer weiß, dass in der Liga trostlose Wochen drohen. Erstmals seit dem Abstieg 2018 ist das Aufstiegsrennen schon fünf Runden vor Schluss verloren. Brisanz liegt dennoch in der Luft. Denn gerät das Saison-Finale so kläglich wie die zweite Halbzeit an der Förde, drohen End-Spiele für die Verantwortlichen. "Wir wollen uns entwickeln und versuchen, uns von Ergebnissen freizumachen", gibt der Coach die Losung für die nahe Zukunft aus. Doch vor allem von den Ergebnissen hängt ab, ob der 46-Jährige überhaupt eine solche in Hamburg hat.

Das Arbeitspapier des Coaches ist bis 2023 gültig und Jonas Boldt willens, nicht wieder mit einer Personalrochade auf das Scheitern zu reagieren. Doch in den kommenden Wochen geht es auch um den Sportvorstand selbst. In die Verantwortung des 40-Jährigen fallen nun drei gescheiterte Aufstiegs-Versuche und das wird intern naturgemäß kritisch hinterfragt.

Auch Boldt steht auf dem Prüfstand

Erst Recht, seitdem mit Frank Wettstein zum Jahresanfang ein Vertrauter als Partner in der Führung ausgeschieden ist. Dessen Nachfolger Dr. Thomas Wüstefeld ist aus dem Aufsichtsrat in den Vorstand entsendet worden und hat für sich selbst den Anspruch formuliert, alle Prozesse durchleuchten zu wollen. Der 53-Jährige ist bislang nicht als Boldt-Kritiker aufgetreten, seine selbstgewählte Mission aber macht eine Überprüfung geradezu zur Pflicht.

Weshalb der HSV in wechselnden Konstellationen am Ende immer die gleichen Ergebnisse liefert und inzwischen auch ähnlich statischen Fußball vorführt, wird ein zentraler Punkt bei der Analyse sein. Und wie die am Ende ausfällt, hängt maßgeblich davon ab, ob die viel zitierte Entwicklung doch noch einmal sichtbar wird. Aktuell führt sie ins Nichts.

Sebastian Wolff

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