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Eintracht Frankfurt II: "Hessenliga-Vereine werden bestraft"

Hessenliga

Frankfurts zweite Mannschaft in der Hessenliga: "Die Vereine werden bestraft"

Die Rückkehr der zweiten Mannschaft von Eintracht Frankfurt stößt in der Hessenliga nicht nur auf Gegenliebe.

Die Rückkehr der zweiten Mannschaft von Eintracht Frankfurt stößt in der Hessenliga nicht nur auf Gegenliebe. imago/Jan Huebner

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Prominenter Name, aber viele Fragezeichen: Die Rückkehr der zweiten Mannschaft von Eintracht Frankfurt hat in der Hessenliga alles andere als ein Hurra ausgelöst. Bei der Abstimmung im Spielausschuss des Hessischen Fußball-Verbands (HFV) hat mit Thomas Balser, Sportlicher Leiter beim SV Zeilsheim und "Vereinsvertreter Hessenliga", ein Sprachrohr der Klubs dagegen gestimmt. Zwar hat der andere "Vereinsvertreter", der genau wie Balser eine Stimme hatte, für die Aufnahme der Eintracht-Reserve votiert, doch das laut Balser eher deswegen "um bei der Mehrheit mitzuschwimmen". Denn als Balser und sein Kollege mit ihrem Votum an der Reihe waren, sei die Entscheidung im Spielausschuss, der überwiegend aus Verbandsfunktionären der einzelnen hessischen Regionen und Kreise besteht, schon gefallen gewesen, da die Mehrheit pro Eintracht gestimmt habe.

Balser hat nach seiner Aussage im Gespräch mit den anderen 21 Vereinen der Hessenliga das klare Stimmungsbild ausgemacht, dass die Mehrheit der Klubs gegen die Eingliederung der Eintracht sei.

Ein normaler Bundesligist, der keinen Europacup spielt und im DFB-Pokal früh rausfliegt, hätte weniger Spiele in einer Saison als wir Hessenligisten.

Thomas Balser, Ligavertreter

"Das geht nicht gegen die Eintracht als Verein. Mir ist es egal, ob das Eintracht Frankfurt oder Quetschenmembach betrifft", sagt Balser mit einer volkstümlich hessischen Note, "es geht uns um andere Dinge". Vor allem die Gefahr, dass die Hessenliga zu groß werde, treibt die Vereine um. Im ungünstigsten Fall, dass aus der Regionalliga drei Klubs runterkommen und der Hessenliga-Zweite nicht aufsteigt, könnten auf hessischem Gebiet kommende Saison 22 Klubs fünftklassig spielen. Die Richtgröße ist 18 Klubs. "So kommen auf uns viele Mittwochsspieltage zu", so Balser, der darauf hinweist, dass die allermeisten Spieler in der Hessenliga natürlich Fußball in ihrer Freizeit machen und einige von ihnen unter der Woche für ihre Klubs wegen Terminen im Job oder wegen Vorlesungen an der Universität ausfallen könnten. "Ein normaler Bundesligist, der keinen Europacup spielt und im DFB-Pokal früh rausfliegt, hätte weniger Spiele in einer Saison als wir Hessenligisten", rechnet Balser vor.

Kommen Fans rivalisierender Klubs?

Und da ist auch noch das Thema Sicherheit: Zum einen könnten Frankfurter Fans, unter anderem diejenigen, die bei Bundesligaspielen der SGE Stadionverbot haben, zur Zweiten ausweichen und zum anderen könnten bei Auswärtsspielen der Eintracht-Reserve Fans der Rivalen Kickers Offenbach, Darmstadt 98 oder Hessen Kassel auftauchen. "Man weiß nicht, wie sich das entwickelt", sagt Balser, der aber auch gleichzeitig erwähnt, dass Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche angeboten habe, dass die hauptamtlichen Fanbetreuer seines Vereins den Hessenliga-Klubs unterstützend zur Seite stehen werden. Die erhöhten Kosten für Sicherheitspersonal würden dennoch an den Vereinen hängen bleiben, wenngleich der Ligasprecher relativierend anfügt: "Einmal pro Jahr kann man sich das als Hessenligist sicher leisten, aber die Frage ist, ob das unbedingt sein muss, denn die höheren Kosten gehen zu Lasten anderer Dinge."

Thomas Balser, Sportlicher Leiter des SV Zeilsheim515882

Sehnt sich nach einer "stinknormalen" Saison: Thomas Balser, Sportlicher Leiter des SV Zeilsheim imago images/Marcel Lorenz

Auch wenn die Vereine nicht glücklich sind, dass der Verband die Eintracht-Reserve mehr oder weniger durchgedrückt hat - im Sommer wurde die Satzung dahingehend angepasst, - zum großen Zerwürfnis in der hessischen Fußball-Familie wird es nicht führen: "Ich kann praktisch ausschließen, dass ein Klub rechtliche Schritte einleiten wird", so Balser, der auch betont: "Natürlich werden wir die Eintracht-Mannschaft nächste Saison auf unseren Sportplätzen herzlich willkommen heißen." Dennoch, sagt Balser in Richtung HFV, "ein Geschmäckle bleibt".

Und auch das Problem der zu großen Liga bleibt. "Die Vereine sehnen sich nach einer stinknormalen Saison", so Balser, und das heißt, dass die Liga wieder eingleisig wird und ohne mehrere Spiele unter der Woche ganz normal mit Hin- und Rückspiel ausgetragen wird. Im Extremfall von 22 Teilnehmern in der Saison 2022/23 könnte sich der Verband allerdings gezwungen sehen, erneut auf das diese Spielzeit praktizierte Modell von zwei Staffeln zu gehen, mit anschließender Auf- und Abstiegsrunde. Zudem befürchten viele Vereine, dass die Richtgröße von 18 Teams dadurch erreicht werden soll, dass es in den nächsten Jahren zusätzliche Absteiger geben könnte. "Vereine, die lange Jahre und mit viel Herzblut daran gearbeitet haben, in die Hessenliga zu kommen, werden bestraft, während die Eintracht nichts dafür tun musste, um jetzt wieder mit der zweiten Mannschaft in der Hessenliga zu spielen", sagt Balser.

Eine Abmeldung von Hessen Dreieich, die sich immer mehr abzeichnet, würde die Lage indes nicht entspannen: "Dann wäre Dreieich erster Absteiger und dann gibt es dazu halt fünf statt sechs sportliche Absteiger", so Balser. Noch hat Dreieich diesen Schritt nicht vollzogen, auch auf Anfrage hat sich der Verein noch nicht geäußert - genauso wenig wie übrigens der HFV -, doch es gilt als denkbares Szenario, dass Dreieichs Sportgelände und womöglich sogar weite Teile der derzeitigen ersten Mannschaft, kommende Saison der SGE zur Verfügung stehen. Auch Ex-Profi Patrick Ochs, aktuell Sportvorstand in Dreieich, könnte ab Sommer im Nachwuchs seines früheren Vereins anfangen.

Stefan Wölfel

Deutschlands Großstädte ohne Profifußball