2. Bundesliga

Dieter Hecking: "Der Alte ist da, lässt uns aber machen"

Nürnberger Sportvorstand beobachtet alles mit großer Gelassenheit

Hecking: "Der Alte ist da, lässt uns aber machen"

Hat sich an seine neuen Aufgaben gewöhnt: Dieter Hecking.

Hat sich an seine neuen Aufgaben gewöhnt: Dieter Hecking. imago images/Zink

Sechster Tag im Trainingslager des FCN in Südtirol: Zum Abschluss der Vormittagseinheit bittet das Trainerteam den ganzen Kader zum Punkt. Elfmeterschießen ist angesagt – und beileibe nicht alle können die spaßigen wie provozierenden Zurufe ihrer Kollegen ungerührt wegstecken.

Anders ausgedrückt: Die Quote der Torhüter ist ordentlich. Wer sie sehr wahrscheinlich nach unten gedrückt hätte, wenn er denn mitgemacht hätte: Sportvorstand Dieter Hecking. So tiefenentspannt wie sich der ehemalige Stürmer dieser Tage in Natz-Schabs gibt, hätte er wohl locker jeden Elfer verwandelt.

Nürnberger Rechnung scheint aufzugehen

Ein Grund für seine Gelassenheit: Der Kader steht seit Wochen, und auch die Größe von 28 Akteuren bereitet ihn kein Ungemach: "Unsere Rechnung lautete 20 Feldspieler, drei, vier Nachwuchsleute und  drei Keeper – so weit sind wir also nicht weg." Und richtig aufgehen wird sie, wenn die Franken wie beabsichtigt die jungen, zuletzt lange verletzten Akteuren Noel Knothe (22) und Paul Besong (21) ausleihen können, damit diese regelmäßig zum Spielen kommen. Für Defensivallrounder Pius Krätschmer (24) liegen bereits lose Anfragen aus der 3. Liga vor, konkretisiert haben sie sich bislang nicht.

Für Hecking ist es das zweite Jahr als Sportvorstand beim Club und damit auch sein zweites Jahr weg vom Trainerdasein, das rund ein Vierteljahrhundert sein Leben bestimmte. Dachte er im vergangenen Jahr in den ersten Wochen nach seinem Jobwechsel nach eigener Aussage noch ein Stück weit zu sehr als Trainer, so hat er dies nunmehr längst abgelegt. "Ich bin für das große Ganze zuständig." Bedeutet: Stimmen und Stimmungen aufnehmen, Abläufe hinterfragen, Ansprechpartner sein, alles beobachten, jedem auf die Finger schauen. "Alle sollen merken: Der Alte ist da, lässt uns aber machen."

Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen, erst das bringt einen weiter.

Dieter Hecking

Dies gilt insbesondere für den von ihm im vergangenen ausgewählten jungen Trainer Robert Klauß (36), den er zwar als Ex-Trainer besonders beäugt, dies auch mit einer großen Portion Neugier, ohne ihm aber ständig Tipps oder Ratschläge zu geben. "Jeder muss seine eigenen Erfahrungen machen, erst das bringt einen weiter", so der 56-Jährige, der deswegen mit Blick auf seinen Trainer der sehr schwierigen Phase zu Jahresbeginn sogar Positives abgewinnt: "Damit umzugehen, wenn du von außen in Frage gestellt wirst, und es parallel dazu zu schaffen, in der Negativserie die Kabine nicht zu verlieren, sind Dinge, die du in keinem Trainerlehrgang lernst." Dass und wie Klauß jene Situation in seinem ersten Jahr als Cheftrainer gemeistert hat, ist für Hecking aller Ehren wert.

Hecking rät zu weniger und zugleich mehr Emotionen

Robert Klauß

Soll seine eigenen Erfahrungen machen: Robert Klauß. picture alliance / Sportfoto Zink / Daniel Marr

Was er seinem Trainer nun für seine zweite Saison mit auf den Weg gibt: am Spielfeld einen Tick weniger an Emotionen, um weniger in den Fokus des Vierten Offiziellen zu geraten, neben dem Platz indes mitunter einen Tick mehr an Emotionen zeigen: "Robert ist ein sehr reflektierter Mensch, der alles erklären will. Im Umgang mit der Mannschaft ist er ja mittlerweile locker. Nach einem 5:1-Testspielsieg über Zwickau muss er den Fans aber nicht im Detail erklären, was noch nicht so ganz passte. Da kann er auch mal sagen, dass war gut heute – und keiner wird ihm böse sein."

Dass Hecking selbst so großen Abstand zum Trainerdasein bekommen hat, verblüfft ihn selbst ein wenig. Wenn er in Südtirol Tag für die Tag die Einheiten verfolgt, juckt es ihn auch im Insgeheimen nicht im Geringsten, mal wieder ein Training zu leiten. "Ich schaue sehr gerne zu, mehr aber überraschenderweise nicht. Wenn ich beim Frühstück mitbekomme, wie sich der Trainerstab über den Ablauf des Trainings berät, denke ich mir, geil, dass muss du jetzt nicht mehr machen."

Nicht verwalten, sondern gestalten.

Dieter Hecking

Was er indes unbedingt machen will: den Club repräsentieren und ihn im Ganzen weiterbringen –zusammen mit seinem Vorstandskollegen Niels Rossow. "Nicht verwalten, sondern gestalten lautet unsere Devise, da liegen wir absolut auf gleicher Wellenlänge. Ich bin froh, so einen Mann an meiner Seite zu haben", betont Hecking. Besagtes Gestalten beinhaltet selbstredend auch, innerhalb des Vereins Entscheidungen zu treffen, die dort die Wände auch mal wackeln lassen.

So haben die beiden im Lauf ihrer nunmehr einjährigen Zusammenarbeit den einen oder anderen ausgemacht, der sich ihrer Ansicht nach zu wichtig nimmt und deswegen nur 60, 70 Prozent geben würden. "Es zählt nur der Club – und sonst nichts", führt Hecking aus, ohne Namen zu nennen.

Gang vors Arbeitsgericht steht wohl an

Auch nicht den von Dr. Mario Hamm, den Direktor Finanzing & Controlling, der 2015 nach dem Rauswurf von Finanzvorstand Ralf Woy interimsweise dessen Posten bekleidet hatte und spätestens seitdem zu einem der bestdotierten Angestellten der Verwaltung gezählt hat. Dem 40-Jährigen wurde nun zum 1. Juli die betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen, die dieser wiederum nicht akzeptiert. Der Gang vors Arbeitsgericht ist somit unausweichlich.

Ein Umstand, der die mittlerweile in und um den Verein wieder vorherrschende positive Grundstimmung allerdings nicht anhaben kann.

Christian Biechele

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