2. Bundesliga

1. FC Nürnberg: Hecking und der Plan mit Klauß

Der FCN-Sportvorstand rückt keinen Millimeter von seinem Trainer ab

Hecking und der Plan mit Klauß

Noch hält FCN-Sportvorstand Dieter Hecking seinem Trainer Robert Klauß den Rücken frei.

Noch hält FCN-Sportvorstand Dieter Hecking seinem Trainer Robert Klauß den Rücken frei. imago images

Nur zur Erinnerung: Eine sorgenfreie Saison inklusive einer erkennbaren Entwicklung haben sich die Franken vorgenommen - von beidem kann trotz zwischenzeitlicher Lichtblicke nach 21 Spieltagen nicht die Rede sein. Hinzukommt vor dem Gang zum KSC, dem punktbesten Zweitligisten des Jahres 2021, ein besorgniserregender Negativtrend. Von 24 in diesem Jahr möglichen Punkten holten die Franken vier, der zweitschlechteste Wert der Liga. So gesehen hat der Hauptverantwortliche, sprich der Trainer, in einer sich hauptsächlich an der Frage nach Sieg oder Niederlage orientierenden Branche, zunächst mal nur wenige Argumente. Dass der FCN intern zu einem anderen Schluss kommt, Sportvorstand Dieter Hecking an seinem Trainer momentan ohne ein kleinstes Aber festhält, muss kein Widerspruch sein. Er sieht jeden Tag, wie Klauß arbeitet und ob dieser die Mannschaft noch erreicht. Und da ist der 56-Jährige unverändert von seinem, weil von ihm geholten Trainer überzeugt.

Klauß nimmt Spieler in die Pflicht

Vom reinen Ergebnis der Arbeit des Trainers indes kann er, siehe nur die ersten 70 Minuten gegen St. Pauli, nicht überzeugt sein - ohne dafür aber zwangsläufig Klauß die Schuld an diesem Vortrag geben zu müssen. Die letzten gut eineinhalb Jahre haben gezeigt, dass der Club eher ein Mannschafts-, denn ein Trainerproblem hat. Damir Canadi zu eigenbrötlerisch, Jens Keller zu emotionslos? Trifft alles zu einem gewissen Teil zu, und doch hat es letztendlich der viel zu hoch eingeschätzte Kader versemmelt. Dazu gehört auch, dass die Verantwortlichen des FCN selbst den Spielern Alibis frei Haus geliefert haben, in dem sie das vermeintliche hohe Potenzial des Kaders rühmten, Durchschnittsleistungen über Gebühr lobten oder schlechtere Vorstellungen mit dem Argument des Entwicklungsschritts einer jungen Mannschaft aufhübschten. Damit keine Missverständnisse auftreten: Es bringt gar nichts, eine Mannschaft öffentlich in Schutt und Asche zu reden, gleichzeitig kann man aber auch Dinge klar beim Namen benennen und die Spieler entsprechend in die Pflicht nehmen.

Trainersteckbrief Klauß
Klauß

Klauß Robert

1. FC Nürnberg - Vereinsdaten
1. FC Nürnberg

Gründungsdatum

04.05.1900

Vereinsfarben

Rot-Weiß

mehr Infos

In diesem Punkt hat sich Klauß in den vergangenen Wochen bereits geändert. Sein zuvor in der Öffentlichkeit schablonenhaftes Sich-vor-die Mannschaft-Stellen ist mittlerweile klarer Kante gewichen. Der 36-Jährige bezeichnet nun Leistungen, die schlecht waren, ohne Erklärungsschleifen zu drehen als schlecht, nennt auch die ersten 70 Minuten beim 1:2 gegen St. Pauli inakzeptabel und übt öffentlich eine harte, aber angemessene Kritik an der Mannschaft.

Ruf als Fußball-Nerd

Dass er dennoch mit einem Teil seiner St. Pauli-Spielanalyse dieser Tage unfreiwillig bundesweit für, nennen wir es einfach mal neutral, Gesprächsstoff sorgt, ist die bittere Ironie für ihn: Auf eine Frage eines Journalisten nach dem Matchplan, antwortete er in dem in der Trainersprache derzeit gängigen Duktus. In der breiten deutschen Fußballwelt löst seine per Video gut hunderttausendmal verteilte Replik mit dem "asymetrischen Linksverteidiger" oder dem "ballfernen Zehner" vor dem Hintergrund Heiterkeit aus, dass seine Mannschaft lange Zeit die simplen Fußballbasics Lauf- und Kampfbereitschaft hat vermissen lassen. Dass Klauß dies zuvor klar angesprochen hat, fällt komplett unter den Tisch. Dies wiederum stempelt ihn nunmehr zu Unrecht zum abgehobenen Fußball-Nerd ab.

Doch auch dies wird im Hinblick auf die nächsten Wochen letztendlich einerlei sein: Klauß hat für die Wende zu sorgen. Punkt. Das ist schlicht und ergreifend seine Aufgabe. Und sie ist machbar, Qualität der Mannschaft hin, oder die wenig sinnvolle Zusammenstellung des Kaders her, die weder von ihm noch von Hecking in Gänze zu verantworten haben.

Wann ist Hecking zum Handeln gezwungen?

Helfen wird Klauß nun bei seiner Aufgabe fraglos, dass sein Boss keinen Millimeter von ihm abrückt. Sollte der Negativtrend aber anhalten, wird Hecking irgendwann zum Handeln gezwungen sein. Ob dieses dann in zwei, drei oder vier Wochen der Fall sein wird, lässt sich nicht beurteilen. Mitunter gewinnen Dinge im Fußball bekanntlich eine ungeahnt schnelle Dynamik.

Beim FCN indes wird ein ganz anderer Zukunftsplan an die Wand geworfen. Nachdem Klauß im Herbst bereits eine schwierige Phase gemeistert hatte, soll ihm dies nun auch bei dieser handfesten Krise gelingen - um im Sommer dann in seiner zweiten Saison als Cheftrainer im Profibereich gestärkt erst den Umbruch des Kaders mitzubestimmen und diesen dann erfolgreich auf den Weg zu bringen. Hecking hatte vor einem guten halben Jahr betont, dass es gemeisterte Krisen sind, die einen Trainer, vor allem einen jungen, in ihrer Karriere voranbringen.

Christian Biechele