Bundesliga

Union: Die "Luschen" mit der "herausragenden Transferpolitik"

"Einen Schwaben verloren, zwei bekommen"

Union: Die "Luschen" mit der "herausragenden Transferpolitik"

Tritt Keita Endo in die Fußstapfen von Shinji Kagawa? Union-Geschäftsführer Oliver Ruhnert scheint das nicht auszuschließen.

Tritt Keita Endo in die Fußstapfen von Shinji Kagawa? Union-Geschäftsführer Oliver Ruhnert scheint das nicht auszuschließen. imago images

Der Radfahrer war vermutlich nicht der größte Fan des 1. FC Union, sonst hätte er der eisernen Trainingsgruppe im Vorbeisprinten am Trainingsplatz höchstwahrscheinlich nicht mit hochgereckter Faust den recht eindeutigen Gruß hinterlassen: "Moin, Ihr Luschen!"

Selbstverständlich erheblich freundlicher fiel hingegen am Samstagvormittag der Empfang durch den Klub für die Neuzugänge Nico Schlotterbeck und Cedric Teuchert aus, die ihre erste Einheit bei den Köpenickern absolvierten, sowie insbesondere für Keita Endo. Der japanische Neuzugang zeigte sich am dritten und vorletzten Tag des Kurztrainingslagers im brandenburgischen Bad Saarow erstmals im Kreise seiner neuen Teamkollegen, in den er mit einer kurzen Ansprache von Manager Oliver Ruhnert eingeführt wurde. In Begleitung von Berater und Dolmetscher war Endo während des Vormittagstrainings am Scharmützelsee eingetroffen. Noch etwas unrund laufend, da er sich bei seinem letzten Einsatz für die Yokohama F. Marinos eine Verletzung zugezogen hatte, weshalb er auch noch nicht trainierte. Aber seit dem 1. August ist Endo offiziell Angestellter des 1. FC Union, und die Eisernen versprechen sich einiges von dem 22-Jährigen.

Ruhnert zieht Parallele zu Shinji Kagawa

"Wenn du dich mit den Leuten in Japan unterhältst und über die talentiertesten jungen Spieler sprichst, hörst du sehr oft den Namen Keita Endo", berichtete Oliver Ruhnert und urteilte: "Er hat großes Potenzial, er kann uns sehr helfen." Gleichzeitig bat Unions Manager aber auch um Geduld für den Flügelspieler und erinnerte dabei an Shinji Kagawa, der vor zehn Jahren als Nobody zu Borussia Dortmund gekommen war. "Da hat jeder am Anfang gesagt: Welch ein Fehleinkauf, der bringt gar nix. Auf einmal war er dann ein Weltstar", sagte Ruhnert und kündigte an: "Man muss den Spielern Zeit geben, die wird Keita bekommen. Ich bin ich mir ziemlich sicher, er kann sehr gut abliefern, wenn er seine Zeit hatte, sich zu integrieren."

Unions Geschäftsführer Profifußball klang sehr zuversichtlich, was bei Neuzugängen verständlich und Usus ist. Der Transfer von Endo unterscheidet sich allerdings in einem Punkt erheblich von Ruhnerts üblicher Verfahrensweise. Corona-bedingt konnte sich der Manager vor der Verpflichtung keinen persönlichen Eindruck vor Ort von dem Spieler verschaffen. Deshalb musste er sich noch stärker als sonst auf die Empfehlungen seiner Späher verlassen. "Wir haben eine tolle Scoutingabteilung, ich verlasse mich zu 100 Prozent auf meine Leute, aber zu 101 Prozent verlasse ich mich immer erst dann, wenn ich mir mein eigenes Urteil gemacht habe", erzählte Ruhnert und meinte: "In dem Fall bin ich auch nach den Berichten und nach dem, was ich selber gesehen habe, mit unseren Leuten übereingegangen und habe gesagt: Wir machen es trotzdem. Es wegen Corona nicht zu tun wäre für uns ein viel höheres Risiko gewesen, weil es ein sehr guter Deal für Union ist."

Damit sich der sehr gute Deal auch zeitnah sportlich für die Eisernen auszahlt, soll Dolmetscher Jumpei Yamamori bei der Integration helfen, der in der Bundesliga bekannt ist und unter anderem schon Kagawa betreute. Erst einmal muss der Spieler aber wieder fit werden. Auch da gab sich Ruhnert jedoch betont optimistisch. Bei der Blessur handle es sich lediglich um eine Zerrung. "Ich glaube, dass er sehr schnell dabei sein wird", sagte Ruhnert.

Marcus Ingvartsen hat "unspezifische Probleme"

Etwas anders sieht das hingegen bei Marcus Ingvartsen und Lennart Moser aus. Bei Offensivspieler Ingvartsen, der nur individuell trainiert, "wissen wir nicht so recht, was da Sache ist", sagte Ruhnert und sprach davon, dass die "Geschichte ein bisschen doof" sei: "Es ist nicht so richtig feststellbar. Irgendwo ist etwas, das ihn behindert und stört. Er hat unspezifische Probleme, die mal da, mal da auftauchen. Ob das eine Disbalance ist, oder was der Grund ist, müssen wir mal eruieren."

Klar war dafür Ruhnerts Aussage zum Befund bei Moser. Der Ersatztorwart sei an einer leichteren Form des Pfeifferschen Drüsenfiebers erkrankt. Möglicherweise könne der 20-Jährige in 14 Tagen wieder mit dem Aufbautraining beginnen. Aber das, sagte Ruhnert, sei eine Angabe "ohne Gewähr." Wie sich die Erkrankung auf den von Moser angestrebten Wechsel zum slowakischen Erstligisten Dunajska Streda auswirkt, ließ Ruhnert offen. Der Klub des deutschen Trainers Bernd Storck, der Moser bereits in der vergangenen Saison zu Cercle Brügge gelotst hatte, startet allerdings bereits in einer Woche in die Meisterschaft und auch noch im August in die Europa-League-Qualifikation. "Es ist eine unglückliche Zeit der Erkrankung. Andererseits ist der Vorteil für Lennart, dass es dieses Jahr einen Transfermarkt gibt, der so lange geht", sagte Ruhnert.

Darmstadt will Nicolai Rapp

Bis zum 5. Oktober sind diesmal Wechsel möglich. Deutlich schneller könnte sich die Zukunft von Nicolai Rapp klären. An dem Innenverteidiger ist Zweitligist Darmstadt interessiert. Die Lilien hatten den 23-Jährigen bereits in der vergangenen Saison ausgeliehen. "Nicolai hat zwei Tage freibekommen, um Dinge zu regeln. Schauen wir mal, was sich da bis morgen ergibt", erklärte Ruhnert, "ansonsten ist Nicolai ganz normal am Dienstag wieder bei uns im Training."

Auch bei Youngster Lennard Maloney, zuletzt bei der Zweitvertretung von Borussia Dortmund im Probetraining, gehe er "im Augenblick davon aus, dass er sich verändern wird", sagte Ruhnert, der sich am Samstag ein spezielles Lob von Routinier Christian Gentner abholte. Zwar hatte Abwehrspieler Keven Schlotterbeck Union - wie vereinbart - nach dem Ende seiner einjährigen Leihe wieder in Richtung SC Freiburg verlassen, dafür aber holten die Eisernen in Schlotterbecks Bruder Nico und Sebastian Griesbeck zwei andere Landsleute Gentners. "Ich halte die Transferpolitik für herausragend. Wir haben einen Schwaben verloren, zwei dazubekommen. Ich sehe System dahinter. Da muss man Oli schon mal ein Lob aussprechen. Das ist sehr weitsichtig gedacht", witzelte Gentner.

Jan Reinold

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