Bundesliga

DFB/Infront: Durchsuchungen in Frankfurt und München

Welche Rolle spielen Fälschungen?

DFB/Infront: Durchsuchungen in Frankfurt und München

Eine Werbung für Infront in einem Stadion in Italien.

Eine Werbung für Infront in einem Stadion in Italien. imago images

Nur wenige Tage bevor der DFB seine millionenschwere Zusammenarbeit mit Infront medienwirksam beendete, ging die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main den nächsten Schritt in ihrer Ermittlung wegen des Korruptionsverdachts gegen einen ehemaligen DFB- und einen ehemaligen Infront-Manager. Ermittler durchsuchten Privat- und Geschäftsräume. "Die Durchsuchungen fanden in Frankfurt und München statt", erklärte eine Behördensprecherin gegenüber dem kicker. Konkreter wird sie nicht. Nun stellt sich die Frage, welche Firma da unliebsamen Besuch erhielt? Der DFB oder eine Tochtergesellschaft? Nein, sagt ein Verbandssprecher. Infront? Schließlich unterhält der Schweizer Sportrechtevermarkter eine Dependance in Frankfurt? "Bei keinem Infront-Unternehmen in Deutschland oder der Schweiz wurde in der besagten Woche bzw. jemals eine Hausdurchsuchung durchgeführt", heißt es aus Zug. Man habe der Frankfurter Staatsanwaltschaft ohnehin volle Kooperationsbereitschaft signalisiert.

In einem weiteren Verfahren kooperiert Infront ebenso, als Geschädigter: Im Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Thurgau gegen den ehemaligen Manager wegen des als Sekundenklau bezeichneten Werbebandenbetrugs. In diesem, so stellt es Infront dar, sei "neben anderen gefälschten Dokumenten (u.a. Verträge, Rechnungen) auch mindestens eine gefälschte E-Mail aufgetaucht. Diese Fälschungen hat Infront der Staatsanwaltschaft und auch gegenüber dem DFB bereits in 2019 zur Kenntnis gebracht". So ist auch die unmittelbare Reaktion des Vermarkters auf die DFB-Kündigung zu erklären: Er bestreitet die Wirksamkeit der Kündigung. Es geht um Länderspiel- und DFB-Pokalverträge mit einem geschätzten Gesamtwert jenseits der 400 Millionen Euro.

Infront weist Vorwürfe zurück

Die einseitige Beendigung der Vertragsbeziehung stützt der DFB auf einen Zwischenbericht der Berliner Ermittlungsfirma Esecon. Über dessen Inhalte berichtete erstmals der Spiegel am 20. Juni - kurz nach den Hausdurchsuchungen in Frankfurt und München. Die zitierten Vorwürfe wiegen schwer. Neben dem bereits seit gut einem Jahr bekannten "Werbebandenbetrugsschema" lauten sie: Nepotismus und private Seilschaften, Ablehnung eines um 18 Millionen Euro höher dotierten Angebots eines Infront-Konkurrenten, Bestechung mittels Luxusuhren und der Überlassung eines 12.000 Euro teuren Rennrads für einen nicht mehr beim Verband tätigen Manager. Es habe demnach in der Rennrad-Sache einen Korruption nahelegenden Mailwechsel zwischen Infront-Managern gegeben. Genau diese E-Mail aber ist nach Infront-Darstellung gefälscht, allgemein seien die neuen Esecon-Vorwürfe "entweder nachweislich falsch oder nicht belegbar und damit letztlich unhaltbar". Die Staatsanwälte im Thurgau mögen auf Nachfrage keine Details zu ihren Erkenntnissen preisgeben, weisen aber darauf hin, "dass es beim derzeitigen Tatverdacht nicht spezifisch um eine E-Mail-Korrespondenz geht". Was die Infront-Darstellung nicht per se ausschließen muss.

Nach kicker-Informationen soll Esecon im Rahmen von Treffen mit der Zürcher Großkanzlei Homburger, die Infront in der Sache vertritt, vertraulich Einsicht in die Thurgauer Strafakte gewährt worden sein. Unter Anwälten wäre das nicht unüblich. Hat Esecon, das seit Mai 2019 die DFB-Geschäfte mit Infront untersucht und mittlerweile den Verband in einer Generalinventur durchleuchtet, möglicherweise gefälschte Mails und Verträge in seinem Zwischenbericht berücksichtigt? Oder eben nicht? Hatten die Berliner tatsächlich Akteneinsicht in der Schweiz? Fragen zu Mandaten beantwortet das Unternehmen grundsätzlich nicht, heißt es am Telefon.

Durchsuchungen wohl nicht das letzte Kapitel - Rechtsstreit droht

Dabei wären Antworten interessant. Etwa dazu: Warum zog Esecon ausgerechnet einen Manager als externen Berater in der Bewertung von Vermarktungsfragen hinzu, der heute für einen Infront-Konkurrenten in leitender Funktion arbeitet? Und früher ausgerechnet als Manager für den Vermarkter tätig war, der das 18 Millionen Euro besser dotierte Angebot beim DFB abgegeben hatte? Darüber hatte zuerst die SZ berichtet. Infront sieht sich in der Sache beschädigt durch "ein völlig falsches Bild unserer Beziehung zu unserem langjährigen Geschäftspartner DFB und eine verzerrte Darstellung des Sachverhalts". Der Verband dagegen verweist darauf, dass er gar nicht anders hätte handeln können, als er es getan hat: "Auf Grund der Zwischenergebnisse und der daraus resultierenden Verdachtsmomente sowie aus Gründen der Fristwahrung sah sich der DFB gezwungen, die weitere Zusammenarbeit mit Infront aufzukündigen." Das klingt schwer nach einem drohenden Rechtsstreit. Die jüngsten Durchsuchungen in Frankfurt und München jedenfalls dürften kaum das letzte Kapitel in dieser Geschichte gewesen sein.

Benni Hofmann