Bundesliga

"Ausgehungerte Fans"? So planen Klubs und Polizei für Geisterspiele

Ordneranzahl, Tagesakkreditierungen, Fiebermessungen

"Ausgehungerte Fans"? So planen Klubs und Polizei für Geisterspiele

Innerhalb des Stadions werden bei den Geisterspielen nur vereinzelt Ordner zu sehen sein - außerhalb umso mehr.

Innerhalb des Stadions werden bei den Geisterspielen nur vereinzelt Ordner zu sehen sein - außerhalb umso mehr. picture alliance

Ein Blick ins DFL-Konzept zeigt: Geregelt ist so ziemlich alles in dem 51 Seiten starken Papier. So zum Beispiel, dass kein Maskottchen im Stadion sein darf, dass Balljungen mindesten 16 Jahre alt sein oder die Spielbälle vor und während des Spiels gründlich desinfiziert werden müssen. Und natürlich gibt es auch in puncto Sicherheit strikte Vorgaben - nicht nur die Hygiene betreffend.

Im umfassenden DFL-Konzept ist das Thema Stadionsicherheit im Wesentlichen unter Punkt 2 "Vorgaben für organisatorische Vorkehrungen im Stadion" geregelt. Dieser ist in vier Bereiche untergliedert (Zonierung, Dynamische bzw. Statische Bedarfsplanung, Spieltagsabwicklung sportlicher Bereich).

Keine Fans auf dem Gelände erlaubt

Das Stadiongelände wird dabei stets in drei Zonen aufgeteilt, nämlich "Innenraum", "Tribüne" und "Stadionaußengelände", das bis zur Stadionumfriedung (Mauer, Zaun, Tor, etc.) reicht. "In diesem Bereich gilt das Hausrecht des Heimklubs", heißt es im DFL-Papier. "Außerhalb dieses Bereichs befindet sich der öffentliche Raum. Dieser fällt in den Verfügungsbereich der Polizei." Maximal dürfen zeitgleich 300 Personen auf dem gesamten Stadiongelände sein (in jeder Zone maximal ca. 100 Personen zeitgleich). Fans sind in keiner der drei Zonen erlaubt. Hierfür trägt der Heimklub auf dem Stadiongelände die Verantwortung.

In allen drei Zonen variiert die Anzahl des Ordnungsdiensts je nach Uhrzeit. Im Innenraum sind zwischen zwei und vier Ordner im Einsatz, mehr los ist auf der Tribüne. Hier variiert die Zahl je nach Uhrzeit zwischen fünf und zehn Ordnern. Dazu kommen Einsatzkräfte der Feuerwehr (zwei) und Polizeibeamte (zwischen zwei und vier).

Am meisten Ordnungspersonal ist für das Stadionaußengelände vorgesehen. Dort werden zu Beginn 20 und während der kritischen Zeit zwischen 12 und 19 Uhr 50 Ordner eingesetzt. Ebenso verhält es sich übrigens bei Partien in der ebenfalls am kommenden Wochenende wieder startenden 2. Liga.

Fieber messen bei der Eingangskontrolle

Wer die Zutrittsberechtigung vorweist und auf das Gelände will, wird genau unter die Lupe genommen. Die Eingangskontrolle regelt den Zugang zum Stadion für Spieler und zwingend erforderliche Mitarbeiter. Im Rahmen der Eingangskontrolle müssen die Heim-Klubs für den jeweiligen Spieltag Tagesakkreditierungen mit besonderer Kennzeichnung der entsprechenden Zonen 1 bis 3 einsetzen. Die Kontrolle wird anhand eines Symptomfragebogens durchgeführt. "Sobald eine Frage positiv beantwortet oder mit dem Ohrthermometer eine Temperatur von über 38 Grad Celsius gemessen wird, erfolgt eine Benachrichtigung des Hygienebeauftragten, der über den Einlass ins Stadion entscheidet", heißt es unter Punkt 3 "Vorgaben für ablauforganisatorische und hygienische Vorkehrungen im Stadion".

GDP-Vize Radek appelliert an die Fans

Zu befürchten bleibt trotz aller Sicherheitsvorkehrungen, dass sich wie beim Geisterspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln (2:1) kurz vor der Corona-Zwangspause wieder Menschenansammlungen bilden, auch wenn in Bezug auf die Coronavirus-Pandemie die Sinne der Menschen inzwischen deutlich geschärfter sind als noch Mitte März.

"Für viele Menschen wird es eine große Erleichterung sein, wenn die anlaufende Fußball-Bundesliga wieder für ein bisschen Abwechslung, ein bisschen mehr Normalität sorgen wird. Prinzipiell ein gute Sache", erklärte Jörg Radek, stellvertretender GdP-Bundesvorsitzender, auf kicker-Nachfrage. Er sagte aber auch: "Ich hatte vor gut zwei Wochen davor gewarnt, zu früh Geisterspiele zu veranstalten. Dabei bleibe ich auch. Unsere Erfahrung lehrt, dass sich schon bei anderen Gelegenheiten Menschen in Größenordnungen zusammengefunden haben, die die Corona-Maßnahmen letztlich konterkariert haben."

Lasst die Mannschaften spielen und haltet euch an die Regeln. Das ist genauso wichtig wie auf'm Platz.

Jörg Radek, stellvertretender GdP-Bundesvorsitzender

Die nunmehr gelockerten Bestimmungen könnten laut Radek "unter 'ausgehungerten' Fußballfans zu einer unbedarften Leichtsinnigkeit führen". Er hoffe jedoch, dass dem nicht so sein wird, "auch und vor allem im Sinne meiner Kolleginnen und Kollegen, die einem hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind. Positiv stimmt mich, dass sowohl Fanvereinigungen wie auch die DFL bereits verdeutlicht haben, wie wertvoll es ist, dem Stadion fern zu bleiben. Natürlich wird die Polizei die Situation um die Stadien im Auge haben. An die Fans sei gesagt: Lasst die Mannschaften spielen und haltet euch an die Regeln. Das ist genauso wichtig wie auf'm Platz."

Aktuell gibt es keinerlei Hinweise auf Zusammenkünfte vor den Stadien, vielmehr haben sich wie erwähnt bereits diverse Fangruppierungen davon distanziert. "Die Ultras können ja nicht auf der einen Seite gesellschaftliche Verantwortung fordern und auf der anderen Seite mit 50 Leuten vor dem Stadion stehen und die Ansteckungsgefahr vergrößern", sagte Ole Schmieder vom HSV-Fanprojekt dem "Hamburger Abendblatt". "Was sollen die denn vor dem Stadion machen? Der Polizei in die Arme laufen? Das hat doch alles keinen Sinn."

In der Tat dürfte wohl allen Fans bewusst sein, dass sie ihren Klubs damit einen Bärendienst erweisen würden. Denn das könnte einen Saisonabbruch zur Folge haben - und der könnte wiederum bei dem einen oder anderen Verein in eine Insolvenz führen.

Mit Vereinshymne, Tormusik und Zaunfahnen gegen die Geisteratmosphäre

Ein Hauch Stadionatmosphäre soll übrigens auch ohne tosende, singende und applaudierende Anhängerschaft durchs Stadion wehen. Geräuscheinspielungen während der Partie über Lautsprecher sind zwar verboten, Vereinshymne und Tormusik jedoch erlaubt. "Überlegungen zur Ausgestaltung der Geisterspiele gibt es lokal vor Ort und in der DFL-Zentrale. Es soll keinen Überbietungswettbewerb der Kreativität in der Liga geben", sagte Werder Bremens Klubchef Klaus Filbry auf der Klubwebsite des abstiegsbedrohten SVW. An der Weser wird definitiv "ein Stadionsprecher im Einsatz sein". Zudem besteht die Möglichkeit für die Fans, am Tag vor den Spielen Zaunfahnen aufzuhängen.

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Christoph Laskowski

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