Bundesliga

Warum Hütter seine Profis schützt - und ein Sturmproblem hat

Sechs Fragen, sechs Antworten zur Lage bei Eintracht Frankfurt

Warum Hütter seine Profis schützt - und ein Sturmproblem hat

Bei Eintracht Frankfurt läuft es nicht mehr - warum?

Bei Eintracht Frankfurt läuft es nicht mehr - warum? imago images

Warum die Einbrüche trotz Führungen gegen Guimaraes und nun gegen Köln?

Sowohl gegen Vitoria in der Europa League wie auch gegen den FC lag die Eintracht in Front und schlich am Ende doch mit leeren Händen vom Feld. Das ist schon erstaunlich. Denn die Hinrunde hat auch gezeigt: Diese Mannschaft kann an guten Tagen die Großen der Liga richtig ärgern, weil sie Gegnern wehtun kann, die einen gepflegten Ball mögen - siehe FC Bayern (5:1), Bayer Leverkusen (3:0) oder Borussia Dortmund (2:2 nach zweimaligem Rückstand). Zu dieser Wahrheit gehört aber auch: Die Eintracht hat ein Problem, das Spiel zu machen.

Das demonstrieren Niederlagen gegen Augsburg, Mainz, Köln - drei Teams, deren Paradedisziplin es ist, zu kontern. Bei den 2:1-Siegen über Union Berlin und Fortuna Düsseldorf etwa reichte die Kraft noch, dieses Defizit durch viel Kampf und individuelle Überlegenheit zu kaschieren. Mit viel Verve beeindruckten die Hessen den FC anfangs auch am Mittwoch und führten zu Recht 2:0. Dann sollte ein Bundesligist in der Lage sein, etwas Tempo herauszunehmen, den Ball laufen zu lassen und selbst durchzuschnaufen - das kann Adi Hütters Truppe nicht so recht, stattdessen verfällt sie in solchen Phasen in totale Passivität, wie auch schon gegen Guimaraes, aus der sie nur schwer wieder herausfindet.

Warum schützt Hütter seine Profis so demonstrativ?

"Ich möchte mich vor die Mannschaft stellen und eine Lanze brechen für das, was sie seit Monaten leistet." Mit diesen Worten eröffnete der Trainer die übliche Analyse in der Pressekonferenz nach dem 2:4. Er schob falsche Entscheidungen auf Müdigkeit - dabei könnte er es sich sicher leichter machen, indem er individuelle Versäumnisse, etwa Dominik Kohrs Aussetzer vor dem 2:3, klar brandmarkt. Denn anders als beispielsweise ein Filip Kostic oder ein Martin Hinteregger kann Kohr nun wirklich nicht überspielt sein.

Hütter muss zwar aufpassen, der Truppe mit dem Thema Müdigkeit kein Alibi zu geben. Gewonnen aber hätte Hütter mit einem reinen Beißreflex gegenüber einem Teil seiner Schützlinge nichts. Der Österreicher hat ein gutes Standing im Kader, wenngleich es in einer großen Gruppe immer ein paar Unzufriedene gibt. Dieses Ansehen wird der 49-Jährige nicht leichtfertig verspielen, gerade weil es ob der jüngsten Negativentwicklung auch innerhalb der sportlichen Leitung gewiss Diskussionen gibt.

Rotiert Hütter zu wenig?

Ja und nein. Der Coach rotiert mit im Schnitt 3,86 Veränderungen in der Startelf im Vergleich zum vorherigen Spiel sogar etwas mehr als in der Vorsaison (2,69). Man könne das so und so sehen, führt Hütter an: "Wenn wir nach jedem Spiel sechs, sieben Mann getauscht hätten und es hätte nicht funktioniert, hätten wir zu viel gemacht." Eine solche Monsterrotation, wie sie sich vielleicht Manchester City oder der FC Bayern ohne spürbare Qualitätsverluste erlauben könnten, würde ein Kader von der Güte des Eintracht-Kollektivs auch nicht verkraften. Punktuell hätte der Ex-Berner sicher den ein oder anderen Tausch mehr vornehmen können, um Akteure wie Erik Durm, Evan Ndicka oder den nun verletzten Lucas Torro in einen Rhythmus finden zu lassen.

Wer verteidigt für den gelbgesperrten Martin Hinteregger in Paderborn?

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Ndicka. Der junge Franzose funktionierte, als er in Mainz ins kalte Wasser geworfen wurde, auch gegen Köln war seine Darbietung in Ordnung, trotz dreier Gegentreffer nach seiner Einwechslung für Goncalo Paciencia. Der Portugiese musste behandelt werden, ebenso wie Sebastian Rode, den Djibril Sow nach gut einer halben Stunde ersetzte. Ein Einsatz der beiden Angeschlagenen am Sonntag, wenn es zum Hinrundenfinale zum SC Paderborn geht (18 Uhr, LIVE! bei kicker), ist nicht ausgeschlossen.

Hat die Eintracht ein Sturmproblem?

Dass Bas Dost nach fast drei Wochen Pause und nur wenigen Trainingseinheiten gegen Schalke und nun erneut gegen Köln in der Startelf stand, sagt einiges aus über das Standing von Andre Silva. Der Portugiese hätte laut Hütter "länger als 30 Minuten spielen können" - an fehlender Fitness Silvas lag es also nicht, dass der Niederländer direkt ins kalte Wasser springen musste.

Paciencia tat die schöpferische Pause aus dem Schalke-Spiel in jedem Fall gut. Letztlich wird eines zunehmend ersichtlich: Die Komposition der Angriffsreihe passt nicht zu Hütters bevorzugtem Stil mit höchstaggressivem Pressing. Dost und Silva sind für diese Philosophie nicht geschaffen, der junge Dejan Joveljic noch nicht ausgereift. Man darf gespannt sein, ob die Eintracht im Januar personell reagieren wird - in der Sache Ante Rebic war am Mittwochabend aus Mailand zu hören: bislang lediglich Gerüchte.

Bedeutet das 2:4 Abstiegskampf?

Wer am 2. November zu Gast war in der Arena am Stadtwald und jenes fulminante 5:1 gegen den FC Bayern bestaunte, der hätte wohl kaum gedacht, dass diese Eintracht vom damaligen Tabellenrang sieben binnen nicht einmal sieben Wochen auf Platz zwölf durchgereicht werden könnte. Zehn Zähler betrug der Vorsprung auf Relegationsrang 16, nun sind es nur noch vier.

"Man muss sagen: Die Erwartungshaltung ist eine andere geworden, überhaupt nach dem 5:1, wo man uns schon wieder auf den Champions-League-Plätzen gesehen hat", mahnt Hütter Realismus an. Tatsächlich sind sechs Liga-Partien ohne Sieg an sich nichts total Außergewöhnliches bei einem Klub vom Format der Frankfurter. Der aktuelle Eindruck wird vielleicht noch ein wenig verstärkt durch das im zweiten Durchgang blutleere 2:3 gegen Guimaraes. "Wenn wir weiter solche Leistungen zeigen, dann ist das Abstiegskampf, ja", unterstreicht Makoto Hasebe die Bedeutung der Partie in Paderborn. Deren Ausgang ist eminent wichtig für die Gesamtbewertung der Situation bei der Eintracht.

Benni Hofmann

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