Bundesliga

Der Vergleich zwischen Coutinho und James

Die beiden südamerikanischen Spielgestalter im Check

Der Vergleich zwischen Coutinho und James

Zwei Zehner, zwei Typen: Coutinho und James.

Zwei Zehner, zwei Typen: Coutinho und James. imago images

Im Januar hatte er die Ärmel seines weißen Bayern-T-Shirts nach oben gekrempelt, seine Tattoos und sein Bizeps strahlten in der Sonne von Doha. 26 Grad Celsius zeigte das Thermometer in Katar an, als die Münchner gerade ihr Winter-Trainingslager absolvierten. Viel entscheidender als seine Arme aber war, was James Rodriguez mit den Beinen anstellte. Ob bei Passpassagen, bei offensiven Spielzügen oder beim Fünf-gegen-zwei: Was der Kolumbianer machte, hatte Hand und Fuß. Seine flachen, scharfen Bälle fanden genauso den Mitspieler wie seine Lupfer an der Strafraumkante. Da war er gerade zurückgekehrt von einem Außenbandteilanriss, konnte nach der kurzen Winterpause erstmals wieder schmerzfrei mit der Mannschaft arbeiten.

James, der falsche Mann für die Defensivtaktik gegen Liverpool

War er fit, erfrischte er das Team mit kreativen Elementen. Das bewies er, sofern er in der Rückrunde ran durfte, mehrmals. Seine kicker-Durchschnittsnote im Liga-Jahr 2019: 2,44. Für Trainer Niko Kovac, der im Laufe der zweiten Saisonhälfte Thomas Müller den Vorzug hinter Robert Lewandowski gab, entsprachen die Qualitäten von James nicht denen, die er sich wünscht.

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Gegen Liverpool in der Champions League (0:0, 1:3) stand der 28-Jährige noch zweimal auf dem Feld - Müller fehlte rotgesperrt. Diese beiden Partien, in denen von ihm wenig zu sehen war, waren damals mit ausschlaggebend, dass das Kapitel Bayern München für James peu à peu zu Ende ging.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Dieses defensive Auftreten des deutschen Rekordmeisters, dieser Angsthasenfußball ohne Akzente in der Offensive, passt nicht zum Kolumbianer. 90 Minuten tief stehen und auf Umschaltaktionen warten? Dafür ist James der Falsche, er glänzt, wenn das Team wie beim CL-Halbfinal-Rückspiel bei Real Madrid (2018, 2:2) mutig nach vorne spielt. Nun ja: Seine Zeit beim FCB endete im Sommer 2019, die Münchner verzichteten auf die Kaufoption über 42,5 Million Euro, für ihn ging's zurück in die spanische Hauptstadt.

Dafür holten die Bayern mit Philippe Coutinho einen neuen Zehner, einen noch größeren Namen. Für 8,5 Millionen Euro Leihgebühr wechselte der Brasilianer von Barcelona vorerst für ein Jahr an die Isar, der FCB sicherte sich erneut eine vertraglich geregelte Möglichkeit auf eine langfristige Partnerschaft, die rund 120 Millionen Euro kosten würde.

Coutinho verteidigt besser, James war sicherer am Ball

Schon bei Coutinhos erstem Training an der Säbener Straße war zu beobachten, wie feinfühlig der 27-Jährige den Ball behandelt, wie punktgenau er die Bälle spielen kann. Das zeigte der Gewinner der Copa-America auch in der Bundesliga, obwohl ihm für seine Verhältnisse noch viele Fehlpässe unterlaufen. 81 Prozent seiner Zuspiele bringt er zum Kollegen; James' Quote lag bei 87 Prozent. Der Kolumbianer forderte mehr Bälle, kam im Schnitt auf 90 Aktionen, Coutinho liegt bei 71. Allerdings sucht die Nummer 10 häufiger die Schnittstellen als sein Vorgänger mit der Nummer 11 - und damit das Risiko. Beide sind in etwa gleich schnell, legen nahezu dieselbe Strecke zurück. Auffällig: Coutinho arbeitet engagierter gegen den Ball, er gewinnt mehr Zweikämpfe, 65 Prozent gegenüber 48, fängt alle 93 Minuten einen gegnerischen Pass ab, James alle 223 Minuten.

Wer ist effizienter?

Der Neuzugang sucht rund um oder im Strafraum den direkten Weg zum Torjäger, oft mit kurzen, schnellen Pässen auf engstem Raum. In seinen vier Partien von Beginn an (kicker-Notenschnitt: 3,3) gelangen ihm schon zwei Tore, drei Assists und ein vorletzter Pass. Die Real-Leihgabe James erzielte in der Rückrunde in acht Startelfeinsätzen vier Treffer, bereitete drei weitere vor, spielte sieben Bälle zum Vorlagengeber. Weil er das Spiel - anders als Coutinho - häufig auch im letzten Drittel nochmals über die Flügel breitmachte.

Brasilianischer Familienmensch und kolumbianische Diva

In ihrer Denkweise ähneln sich die beiden Edeltechniker sehr, ja, sie bevorzugen den gestalterischen Teil in des Gegners Hälfte. Ein Assist zählt bei ihnen meist mehr als Tor. Und doch unterscheiden sich der zurückhaltende Familienmensch aus Brasilien und der teils divenhafte Kolumbianer.

James lebte zwei Jahre in München, sportlich sich in Gänze durchzusetzen, gelang ihm letztlich nach dem Abschied von Jupp Heynckes nicht mehr. Was auch an Differenzen mit Trainer Niko Kovac lag. Für Coutinho baute der Coach hingegen sein bevorzugtes 4-3-3 in ein 4-2-3-1 um - weil er weiß, dass das Spiel auf den Brasilianer ausgerichtet werden muss. Es bleiben noch knapp acht Monate, dann stehen die Bosse des Rekordmeisters vor derselben Entscheidung wie im Sommer bei James: Option ja oder nein?

Georg Holzner