Bundesliga

Klopp über Watzke: "Eine klassische Männerfreundschaft"

Nostalgische Gefühle in Dortmund

Klopp über Watzke: "Eine klassische Männerfreundschaft"

War auch diesmal für einen lockeren Spruch zu haben: Jürgen Klopp.

War auch diesmal für einen lockeren Spruch zu haben: Jürgen Klopp. picture alliance

Die Menschenschlange ist nicht zu übersehen, als man sich am Donnerstagabend dem Signal Iduna Park nähert. An der Fassade des Dortmunder Stadions ist noch die DFB-Beflaggung vom Testspiel gegen Argentinien angebracht. Doch die Männer und Frauen, die sich hier heute, am Tag nach dem 2:2 der deutschen Elf gegen Argentinien, einfinden, sind aus einem anderen Grund hier: Sie wollen Hans-Joachim Watzke sehen, den BVB-Boss. Und sie wollen, vielleicht sogar noch ein wenig mehr, Jürgen Klopp sehen, den früheren Dortmunder Trainer, dessen Schatten bis heute über dem Stadion hängt und der in vielen Anhänger der Borussia noch immer, fast viereinhalb Jahre nach seinem Abgang von der Borussia, nostalgische Gefühle weckt.

Nach langer Zeit tritt das Duo an diesem Abend mal wieder gemeinsam in der Öffentlichkeit auf. Die beruflichen Wege haben sich 2015 getrennt, die Freundschaft aber, die in den gemeinsamen Jahren beim BVB entstand, die hält bis heute. Und so war es für Klopp Ehrensache, nicht nur bei Watzkes Buch "Echte Liebe", einer von dem Sportjournalisten Michael Horeni verfassten Biographie, mitzuwirken, sondern das Werk auch gemeinsam mit Watzke im Hospitality-Bereich des Dortmunder Stadions erstmals vorzustellen.

Klopp: "Ihr habt alle ein Buch, ich habe ein Bier!"

Wurde in Dortmund vorgestellt: Das Buch "Echte Liebe".

Wurde in Dortmund vorgestellt: Das Buch "Echte Liebe". imago images

400 Zuschauer haben sich eingefunden, als Watzke, Klopp, Horeni und Moderator Alexander Bommes die kleine Bühne betreten. Männer und Frauen. Jung und alt. Sie alle eint die Liebe zu Schwarzgelb. Das ist für jeden sichtbar. Am Fanschal, am Trikot oder am Anstecker. Fast jeder trägt - trotz Ausgehkleidung - ein schwarzgelbes Accessoire am Körper.

Der Applaus fällt freundlich aus, als Watzke die Bühne betritt. Regelrecht euphorisch wird er, als direkt nach ihm Klopp von rechts den Saal entert. "Ihr habt alle ein Buch, ich habe ein Bier", stellt der Coach des FC Liverpool, der vor kurzem zum Welttrainer ernannt wurde, beim Blick auf seine Bühnennachbarn fest. Dann erschallt dieses Klopp-typische Lachen, das sie hier in Dortmund so lieben - und noch immer so vermissen, dass es manchmal fast ein wenig lähmt.

Vier Trainer waren seit Klopps Weggang beim BVB angestellt: Thomas Tuchel, Peter Bosz, Peter Stöger, aktuell Lucien Favre. Watzke macht in seinem Buch keinen Hehl daraus, dass er Klopp noch immer in gewisser Weise nachtrauert. Er benutzt das Bild des Kindes, das eines Tages auszieht - und bei den Eltern eine Lücke hinterlässt. Wenn man ihn und Klopp auf der Bühne sieht, wie sie vor Beginn der Veranstaltung miteinander scherzen, wie sie während der Lesung auch mal übereinander lachen, dann versteht man, was Watzke mit diesen Worten meint. Der Hang zur Nostalgie, er ist ja auch im Fußball zuweilen ein treuer Begleiter. Früher war alles besser. Lustiger in jedem Fall.

"Das Vertrauen, das zwischen uns und Michael Zorc herrschte, das war außergewöhnlich", sagt Watzke, "ich würde sagen, das war ein Unikat." Der BVB-Boss gibt auch auf der Bühne ganz offen zu, dass er wehmütig an die gemeinsame - und so erfolgreiche - Zeit zurückdenkt. 2017, so steht es in seinem Buch, hat er sogar den Versuch gestartet, Klopp zurückzuholen. Um dem eigenen Jobverlust vorzubeugen, sagt er auf der Bühne: "Wir standen vor der Frage, was wir machen. Und ich dachte: 'Wenn Jürgen in vier Wochen sagt, wir hätten ihn nicht gefragt, dann kannst du den Laden sofort dicht machen.'"

Das Gespräch damals war schnell beendet, der Rest der Geschichte bekannt: Klopp blieb in Liverpool und gewann 2019 die Champions League. Zumindest er kann mit der Entwicklung der vergangenen zweieinhalb Jahre wunderbar leben. Für den BVB ging es seitdem indes nicht immer nur nach oben. Das turbulente Jahr Bosz/Stöger endete mit viel Dusel in der Qualifikation zur Champions League. Unter Favre gelang die Vize-Meisterschaft, es wurden aber auch neun Punkte Vorsprung verspielt. Und aktuell? Da ist die Stimmung in Dortmund herbstlich-trist nach nur einem Sieg in den vergangenen fünf Spielen. Favre, dieser im Vergleich zu Klopp so ganz andere Trainer-Typ, ist nicht mehr unumstritten im zweiten Jahr seines Tuns in Dortmund.

Watzke: "Es geht nie um die Wehmut"

Hans-Joachim Watzke

Stellte sein neues Buch vor: Hans-Joachim Watzke. imago images

Watzke spürt an diesem Abend, dass die wehmütigen Passagen des Buches Fragen aufwerfen könnten. Fragen, wie dieses Buch eigentlich Favre findet. "Es geht nie um die Wehmut, dass man Jürgen Klopp nicht mehr als Trainer hat. Es geht um eine rein menschliche Geschichte", stellt Watzke deshalb klar und präzisiert: "Ich verstehe mich mit Favre gut. Ich habe mich auch mit Stöger und Bosz gut verstanden. Aber wenn man damals abends mal scheiße drauf war, dann hat man zusammen ein Glas Wein getrunken und Skat gespielt wie die Verrückten. Danach hast du dich total stark gefühlt. Es geht um diese spezielle Beziehung." "Eine klassische Männerfreundschaft", nennt Klopp das gemeinsame Verhältnis.

Sieht man sich denn noch einmal wieder hier in Dortmund, mit Watzke als Boss und Klopp als Trainer? "Nach dem BVB fragt mich eigentlich nie jemand - außer Aki ab und zu", sagt der LFC-Trainer, als er von Bommes nach einer möglichen Rückkehr befragt wird. Logisch, dass er dafür laute Lacher im Publikum erntet. Dann wird er ernster: "Ich weiß einfach nicht, was passiert. Ich bin froh, dass das, was ich gerade mache, relativ gut funktioniert. Normalweise sind wir froh, wenn wir durch eine Saison kommen."

Nach etwas mehr als einer Stunde und der abschließenden Frage, ob Watzke unter einem Kanzler Friedrich Merz Wirtschafts- oder Finanzminister werden würde ("Ich bin kein guter zweiter Mann") endet der nostalgie-gefärbte Abend. Und man wird das Gefühl nicht los, während sich die Bühne leert, dass - um in Watzkes Bild zu bleiben - dem Sohnemann die Trennung vom Elternhaus um einiges leichter fällt als dem Vater. Das ist im Leben so. Und im Fußball eben manchmal auch.

Mattias Dersch

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